Auto

Detroit: Ready to Rumble! "Big Three" in Not

Von Christof Johann (Detroit)

Bereit zum Kampf - unter diesem Motto ist die amerikanische Automobilindustrie in Detroit angetreten, endlich wieder verlorenen Boden gut zu machen. Doch das neue Jahr beginnt mit den alten Fehlern.

"1000 Autos zu verschenken!" - mit dieser Ankündigung betrat Rick Wagoner, Chef von General Motors (GM) am ersten Tag in Detroit die Bühne. Die größte Verschenk-Aktion in der Geschichte der Automobilindustrie nannte Wagoner die neuste Idee des weltgrößten Automobil-Herstellers. Jeder Kunde, der in den USA einen GM-Händler besucht, darf einen roten Knopf drücken und erfährt dann sofort, ob er eines der 1000 Autos gewonnen hat.

Doch was aussieht wie ein netter Marketing-Gag, ist ein Zeichen wachsender Panik unter den "Big Three" in Detroit (GM, Ford und Daimler-Chrysler). Denn die "Grossen Drei" finden offenbar seit Jahren keine Mittel, den Verfall der Marktanteile in den USA zu stoppen. Ende 2003 war ihr Tortenstück schon wieder um 1,9 % geschrumpft - auf mittlerweile unter 60 %. Vor rund 20 Jahren lag es noch bei über 80 %.

Doch der grosse Knall steht noch bevor. In den nächsten Tagen werden die Abschlusszahlen für 2003 vorgelegt und dann steht der nächste Schock ins Haus: Wie es aussieht, wird Toyota erstmals Ford von Platz zwei der Weltrangliste verdrängen. Schon im August hatte Toyota Daimler/Chrysler bei den monatlichen Zulassungszahlen in den USA erstmals überholt. Im dritten Quartal dann konnte Toyota sogar weltweit mehr Autos verkaufen als Ford und es sieht so aus, als gelte diese Reihenfolge auch für die Gesamtbilanz 2003. Dann liegt in der Welt nur noch GM vor den Japanern und die Frage ist, wie lange noch. Dass Toyota an der Börse soviel wert ist, wie die "Big Three" zusammen, sei dabei nur am Rande erwähnt.

Detroit ist also in heller Aufregung und es gibt keinen Anlass für Beruhigung. In den USA haben die heimischen Hersteller in der Vergangenheit vor allem mit zwei Faktoren gepunktet: Dem massenhaften Absatz von Pick-Ups und sogenannten Light-Trucks sowie gigantischen Rabatt-Aktionen. Dass man sich mit den sogenannten Incentives auch gigantische Probleme einhandelt, scheint Jahr um Jahr verdrängt zu werden. Denn zum einen macht man den Kunden die Gebrauchtwagenpreise kaputt, zum anderen sich selbst die Gewinne. Vor allem Ford leidet darunter und kämpft permanent mit tiefroten Zahlen. Änderung ist nicht in Sicht und GM hat gleich zu Jahresbeginn die nächste Runde eingeläutet (siehe oben).

Bleiben also Pick-Ups und Trucks (also auch Geländewagen) als uramerikanische Bastion. Und die Zahlen sind wahrhaftig beeindruckend. So wurden vom Bestseller Ford F 150 alleine im November 85.000 Stück verkauft, eine knappe Million dürften es im Gesamtjahr werden. Eine Million von einem einzigen Modell! Das entspricht in etwa der gesamten Jahresproduktion von BMW inklusive Mini. Einfache Technik, günstige Produktion und hohe Gewinne - mit diesen Modellen wird in Detroit noch richtig Geld verdient.

Die Frage ist nur wie lange noch, denn natürlich ist auch in Japan der Reiz dieser lukrativen Kombination nicht unbeachtet geblieben und deshalb rollt über den Pazifik in Richtung USA jetzt eine Welle neuer Pick-Ups, Trucks, Offroader oder irgendwelcher Mischformen daraus zu. Als letzter japanischer Hersteller hat in Detroit jetzt auch Honda eine Mischung aus Offroader und Pick-Up vorgestellt und angekündigt, 2005 damit auf den Markt zu kommen.

Und was machen die "Big Three"? Sie konzentrieren sich plötzlich wieder auf Limousinen und geben Gas, die überwiegend technisch veraltete Modellpalette auf Vordermann zu bringen. Aber es ist wie mit Hase und Igel: Was war wohl 2003 das meistverkaufte Personenauto in den USA? Natürlich ein Toyota! Und zwar das Modell Camry und das auch schon das zweite Jahr in Folge. Und dann gibt es im Reich konventioneller Personenwagen ja auch noch die Europäer, die seit Jahren ebenfalls kontinuierlich Marktanteile gewinnen. Vor allem die teuren sogenannten Premium-Modelle kommen mehr und mehr aus Europa, aber auch Japan. Und auch hier rollt die Eroberungswelle weiter: Mercedes zeigt mit der Studie GST, dass auch in der Oberklasse neue Karosseriekonzepte gefragt sind. BMW könnte mit dem 645 Ci Cabrio viele gut gelaunte und gut betuchte Rentner aus Ihrem Lincoln Convertible locken und Porsche bricht mit dem extrem erfolgreichen Cayenne gleich in zwei Märkte ein: Den der Geländewagen und den der Sportwagen.

Ready to Rumble? Für die Big Three könnte das bedeuten, dass sie erst noch einmal kräftig abkochen müssen, bis sie wieder Ihr Kampfgewicht haben.

Quelle: ntv.de

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