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S-Klasse vom Stapel gelassen Daimlers neuer Sternenkreuzer auf Kurs

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"Komfort ist für uns die Wissenschaft vom "Wohlgefühl" - und das ultimative Wohlgefühl auf Rädern nennt man 'S-Klasse'", so Daimler-Chef Dieter Zetsche bei der Präsentation in Hamburg.

(Foto: picture alliance / dpa)

Acht Jahre hat man sich in Stuttgart für einen neuen Luxusliner Zeit gelassen. Jetzt ist die S-Klasse in den Hallen von Airbus, neben dem A380, vom Stapel gelaufen. Viel hat man investiert, um dem Sternenkreuzer galaktischen Glanz zu verleihen.

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Fernsehmoderatorin Judith Rakers führte durch den Abend.

(Foto: picture alliance / dpa)

Nicht kleckern, sondern klotzen war das unausgesprochene Motto der Veranstaltung rund um die Weltpremiere von Mercedes' neuer S-Klasse in Hamburg, zu der neben 700 Medienvertretern aus aller Welt auch Promis wie Franz Beckenbauer, Niki Lauda, Maxi Arland und Vicky Leandros geladen waren. Um das beste Stück der Stuttgarter richtig in Szene zu setzen, wurden nicht nur die Fernsehmoderatoren Judith Rakers und Steven Gätjen bemüht, wobei Letztgenannter als Live-Reporter den Flug der S-Klasse von Stuttgart nach Hamburg Finkenwerder auf das Gelände von Airbus begleitete, auch Alica Keys durfte als "Girl on Fire" die neue S-Klasse besingen. Das alles eben an jenem Ort, an dem der A380 geschmiedet wird, den die Macher auch gern als "Königin der Lüfte" bezeichnen. Die Parallele liegt auf der Hand, denn bei der neuen S-Klasse handelt es sich laut Daimler-Chef Dieter Zetsche, um die "Königin der Straße".

Und tatsächlich ist das schwäbische Flaggschiff seit 60 Jahren Synonym für Luxus und Innovation. "Googeln Sie mal die Wortgruppe: 'Die S-Klasse unter den …'", so Zetsche, "Sie werden überrascht sein, was Sie da so alles finden." Im Augenblick tausende Artikel zu Daimlers Luxusliner. Das Interesse ist also entsprechend groß, denn tatsächlich liegt die letzte Präsentation einer S-Klasse bereits acht Jahre zurück. Zetsche selbst, seit 37 Jahren im Unternehmen, hat immerhin schon fünf derartige Premieren miterleben dürfen. Auf die Frage von Rakers, ob acht Jahre in der heutigen Zeit nicht ziemlich lang sind, antwortete er: "Ja, aber man kann dieses Auto auch acht Jahre genießen."

Die Zeiten ändern sich

Man kann es auf jeden Fall versuchen, denn bis dato war es so, dass die S-Klasse der eigentliche Hort der Innovationen war. Der Blick nach vorn, der deutlich macht, wohin die Reise im Automobilbau gehen wird. Aber die Zeiten haben sich geändert, die Entwicklungszyklen sind rasanter geworden und insofern hat sich auch bei Daimler einiges umgekehrt, denn die ersten Ideen für die S-Klasse sind bereits mit der E-Klasse auf den Markt gekommen. Dazu gehört eine Stereokamera, die der Elektronik das "räumliche Sehen" ermöglicht und drohende Unfälle mit querenden Fahrzeugen oder Fußgängern erkennen soll. Serienmäßig an Bord ist auch ein radargestützter Notbremsassistent. Etwas ist dann allerdings doch anders: Die neue S-Klasse hat "sechs Augen und sechs Ohren", so Zetsche. Gemeint sind damit die Kameras und Radarsensoren, die rundum verbaut wurden. Mit diesen Features an Bord ist die Elektronik in der Lage, auch auf potenzielle Gefahren zu reagieren, die sich von hinten nähern.

Die Verkehrszeichenerkennung wurde dahingehend erweitert, dass auch Schilderkombinationen, wie zum Beispiel Einfahrt-Verbote an Autobahnauffahrten, ausgelesen werden. Zudem ist der Spurhalteassistent jetzt nicht nur mehr in der Lage, sich an der gestrichelten- und durchgezogenen Straßenmarkierung lang zu hangeln. Verliert er beispielsweise an Baustellen den Kontakt, orientiert er sich an der Spurführung des vorausfahrenden Fahrzeuges. Diese Fähigkeiten erlaubt der S-Klasse auch das autonome Fahren im Stau. Lästiges Anfahren und Bremsen gehört hier der Vergangenheit an. Insgesamt sorgen mehr als 20 Assistenzsysteme für die Selbstständigkeit, die nach Aussagen der Mercedes-Experten so weit reichen würde, dass das Fahrzeug technisch durchaus in der Lage ist, die Strecke von A nach B ohne jeglichen Eingriff des Piloten zurückzulegen. Einzig die rechtlichen Grundlagen dafür fehlen noch.

Der fliegende Teppich ohne Lampen

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Im Liegesitz ist auch eine Hot-Stone-Massage möglich.

Diese Assistenzsysteme sind es auch, die die Sternenkreuzer zu einem wie Marketingchef Joachim Schmidt bemerkte "fliegenden Teppich" machen. Das Vermögen, Straßenunebenheiten zu erkennen und das luftgefederte Fahrwerk in Sekundenbruchteilen darauf abzustimmen, nennt Mercedes "Magic Body Control". Auch das ein Beweis dafür, dass in der neuen S-Klasse alles auf Komfort abgestimmt ist. Muss es aber auch, denn der Kampfstern ist nicht nur angetreten, seinen Ruf als meistverkaufte Luxus-Kalesche der Welt zu verteidigen, er muss auch die Lücke stopfen, die der Produktionsstopp des Maybach gerissen hat. Zugegeben, die ist nicht sonderlich groß, denn die Begehrlichkeiten gegenüber dieser Art Luxusauto waren eher gering. Umso mehr wurde jetzt in das alte und neue Stuttgarter Aushängeschild investiert. Fünf verschiedene Fondsitze können von den Käufern gewählt werden. Das reicht vom Liegesitz bis hin zur Möglichkeit, sich nach dem Hot-Stone-Prinzip massieren zu lassen. Die Entspannung dürfte perfekt sein, wenn weder Wind noch Außengeräusche an die Ohren der Insassen dringen. Mercedes spricht vom leisesten Luxusliner der Welt, was bei einem Cw-Wert von 0,24 durchaus glaubhaft klingt.

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Die S-Klasse ist komplett ohne Glühlampen unterwegs.

Wem das dann doch zu ruhig ist, der kann sich vom Soundsystem, dass exklusiv von Burmester entwickelt wurde, zuballern lassen. Im besten Fall sind 24 Lautsprecher verbaut, die mit einer Gesamtleistung von 1540 Watt unterwegs sind. Ein 3D-Surround Sound wird dadurch erzeugt, dass Lautsprecher im Fahrzeugdach integriert wurden. Und tatsächlich verschiebt sich die Gesangsstimme so beeindruckend in die Mitte des Wagens.

Als weltweit erstes Auto fährt die S-Klasse jetzt komplett ohne Glühlampen. Insgesamt sorgen 500 LED für beste Sichtverhältnisse. Allein 300 davon sind im Innenraum verbaut, 56 in den Frontscheinwerfern, 70 in den Rückleuchten und 4 in der Nebelschlussleuchte. Dass die Außenbeleuchtung sich selbstständig auf die Gegebenheiten einstellt, muss hier gar nicht weiter ausgeführt werden. Selbst permanente Fernlichtfahrer sind für andere Verkehrsteilnehmer so kein Gräuel mehr, denn die sogenannte Mehrpegelfunktion blendet andere Verkehrsteilnehmer einfach aus dem Lichtkegel aus. In der Dunkelheit blendet bei einem Ampelhalt das Bremslicht ab, damit der nachfolgende Verkehr nicht geblendet wird. Selbst eine Art Nachtsichtgerät gibt es. Der Nachtsichtassistent erkennt Tiere und Menschen schon weit vor dem Fahrer und stellt sie für ihn sichtbar auf dem riesigen 12,3 Zoll Display (Bilddiagonale 30,7 cm) dar.

Bekannte Triebwerke mit wenig Verbrauch

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Vom Design bleibt die S-Klasse sich treu, greift aber moderne Züge auf, die bereits beim CLA zu finden sind.

Licht, Sitze, Assistenzsysteme, ja selbst die Beduftung der S-Klasse sind neu. Anders hingegen die Motoren. Zum Verkaufsstart am 20. Juli liefert Mercedes die neue S-Klasse in drei Motorvarianten an die Händler. Neben dem Einstiegsmodell S 350 mit dem 258PS- starken V6-Diesel für 79.790 Euro stehen zwei Benziner bereit. Der S 500 bringt zum Basispreis von 104.601 Euro der Klientel der V8-Kunden 455 PS. Der S 400 Hybrid ist der erste der angekündigten Hybride im Modellprogramm der S-Klasse. Sein 3,5 Liter-V6-Benziner stellt 306 PS zur Verfügung, die durch einen 27 PS starken E-Motor ergänzt werden. Hierfür berechnet Mercedes mindestens 85.204 Euro.

Der zweite Hybrid, ein S 300 Bluetec Dieselhybrid, wird das vorerst sparsamste Modell der Baureihe. Die Kombination aus 2,2-Liter-Vierzylinderdiesel und 27 PS-E-Motor soll im Mittel mit 4,4 Litern Kraftstoff  auskommen. Das entspricht CO2-Emissionen von 115 Gramm je Kilometer. Er wird noch in diesem Kalenderjahr vorgestellt, Verkaufsstart ist aber erst im kommenden Jahr. Über den Preis schweigt man sich noch aus. Er dürfte aber unterhalb oder bestenfalls auf dem Niveau des S 350 Diesel liegen.

Ebenfalls noch 2014 soll ein weiteres Hybridmodell das Motorisierungsangebot ausbauen. Mittels einer stärkeren Lithium-Ionen-Batterie wird aus dem S 400 Hybrid ein S 500 Plug-in-Hybrid. Die Batterie soll etwa 8 bis 10 kWh Leistung speichern können, genug für eine elektrische Reichweite von rund 30 Kilometern, verspricht Daimler-Forschungschef Thomas Weber. Durch die Anrechnung der elektrischen Fahrt soll die mehr als 300 PS starke Luxuslimousine mit rund 3,5 Litern im Normverbrauch auskommen. Ein so erstaunlicher Wert, dass selbst Moderatorin Judith Rakers nachhaken musste und fragte, ob das nicht nur wieder Papierwerte seien, die hier verbreitet werden. "Sie glauben gar nicht, was wir alles können", antwortete Weber.

Sein Wort in die Gehörgänge der potenten Käuferschaft. Nicht dass die S-Klasse die letzte Rettung für Mercedes wäre, aber sie ist das immer wieder beschworene Prestigeobjekt der Stuttgarter. Und angesichts von Gewinnwarnungen, schlechten Absatzzahlen in China und einem versemmelten Crash-Test des Citan wäre es Daimler zu gönnen, mit der S-Klasse eine gehörige Portion Sternenglanz zurückzuholen.

Quelle: ntv.de

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