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"The Boss" geht auch fürs Grobe BMW hat den X5 feingeschliffen

Der X5 lässt sich auch abseits der Straße bewegen und passt sich elegant seinem rustikalen Umfeld an.

Der X5 lässt sich auch abseits der Straße bewegen und passt sich elegant seinem rustikalen Umfeld an.

(Foto: Holger Preiss)

Der BMW X5 ist ein Bestseller und ein Oberklasse-SUV, wie es im Buche steht. Mit der dritten Generation greifen die Bayern alle Tugenden des Vorgängers auf, haben aber zudem dafür gesorgt, dass er feinnerviger dasteht und dennoch weit mehr kann, als nur durch große Pfützen auf Waldwegen zu fahren.

Die Niere ragt steil auf und verlängert so die Motorhaube optisch.

Die Niere ragt steil auf und verlängert so die Motorhaube optisch.

(Foto: Holger Preiss)

Feingeschliffen geht BMW mit seinem Bestseller X5, der intern liebevoll "The Boss" genannt wird, in die dritte Runde. Seit seinem Stapellauf im Jahr 1999 wurden immerhin 1,3 Millionen Einheiten verkauft. Auf den ersten Blick mag man meinen, dass sich zur zweiten Generation kaum etwas geändert hat. Doch sieht man genau hin, dann fällt auf, dass die Scheinwerfer sich jetzt bis an die Nieren ziehen und der Front eine dreidimensionale Optik verleihen. Die Lufteinlässe am vorderen Stoßfänger formen das X der Klasse und das typische Sechsaugengesicht wurde in den Frontscheinwerfern wieder aufgegriffen, aber neu interpretiert. Zudem ist der Kühlergrill steil aufgestellt und verlängert in der Seitenansicht die Motorhaube deutlich. Die Sicken wachsen jetzt aus den, in die vorderen Kotflügel geschnittenen Luftauslässen heraus und geben dem X5 etwas Muskulöses und dennoch Feinsehniges. Die Dachlinie fällt leicht ab und streckt den Offroader. Das Heck wird geprägt von den L-förmigen Rückleuchten, die jetzt aber noch deutlicher akzentuiert sind. Die Radläufe wurden verbreitert und machen den X5 stämmig, befreien ihn aber von der etwas plumpen Optik seines Vorgängers. Überhaupt ist die dritte Generation des bayrischen Sport Activity Vehicle (SAV) optisch leichtfüßiger und eleganter geworden.

Wenn die ersten Modelle im November zu den Händlern kommen, werden vorerst zwei Motorisierungen verfügbar sein: der wuchtige 50i mit einem V8-Triebwerk, der mit 78.800 Euro einsteigt und der 30d mit sparsamem und überarbeitetem 6-Zylinder, den es ab 59.500 Euro geben wird. Erstmals bietet BMW im X5 auch einen Vierzylinder-Motor an und das auch noch – und das ist Premiere – nur mit Heckantrieb. Mit dem 218 PS starken Dieselaggregat 25d wollen die Münchner ab 2014 dann auch den Nerv der Zeit treffen und den einer neuen Zielgruppe. Die schätzt die Annehmlichkeiten eines großen Autos, will aber keinen Spritfresser fahren und ist vor allem in Europa zu Hause. Sparsame 5,6 Liter (5,9 mit Allrad) soll der 2,0-Liter-Selbstzünder verbrauchen. Er bildet künftig für 52.100 Euro als sDrive 25d das Einstiegsmodell des X5-Baureihe. Bestellbar ist der allerdings erst ab Dezember. Gleichzeitig mit der Sparvariante kommen auch die beiden Sechszylinder 35i (306 PS) und 40d (313 PS).

Wie ein Muscle Car

Wuchtige Endrohre und Unterfahrschutz prägen das Heck des V8.

Wuchtige Endrohre und Unterfahrschutz prägen das Heck des V8.

(Foto: Holger Preiss)

Mit seinen 450 PS hat der 8-Zylinder das Pressing eines US-amerikanischen Muscle Cars. Dabei haben die Bayern darauf verzichtet, die Sound-Grafik zu verändern. Die ist absolut pur und authentisch. Kein Soundaktuator doktert da rum, keine Lautsprecher verstärken den Klang in den Innenraum. Alles, was da kernig nach außen und innen übertragen wird, ist echt und dokumentiert schlicht und ergreifend die Arbeit des Triebwerks. Fette 650 Newtonmeter werden auf die Achsen gewuchtet und in 5,0 Sekunden gelingt der Spurt auf Tempo 100. Bei 250 km/h wird wie üblich abgeregelt. Aber da sei deutlich mehr drin, frohlocken die BMW-Ingenieure. Wie viel, verraten sie nicht. Nur so viel, dass der Fahrer eines 50i sich auch auf der Nordschleife des Nürburgrings vor niemandem verstecken muss. Allerdings sollte, wer die Absicht hat, das SAV über die Rennstrecke zu jagen, aufrüsten.

Im besten Fall greift er zum adaptiven Fahrwerkspaket Professional für stolze 5100 Euro. Darin enthalten: eine Dämpferkontrolle und Niveauregulierung an der Hinterachse samt Torque vectoring und die vier Fahrmodi Eco Plus für effizientes Cruisen, Comfort, Sport und Sport Plus. Letztes ist dann auch die ultimative Einstellung für die Rennstrecke oder eben sehr dynamische Fahrer. Geringe Seitenneigung, straffe Federung und die Lust, in diesem Segment zu untersteuern, wird weitestgehend unterbunden. Mit Hilfe der nunmehr aktivierten dynamischen Traktionskontrolle und der Wankstabilisierung werden Kurvenfahrten möglich, die man dem 2,2 Tonnen schweren X5 nicht zugetraut hätte.

Die dritte Generation des X5 streckt sich optisch und macht das SUV wesentlich eleganter als sein Vorgänger.

Die dritte Generation des X5 streckt sich optisch und macht das SUV wesentlich eleganter als sein Vorgänger.

(Foto: Holger Preiss)

Allerdings macht der V8 nicht nur Ballett, er fordert auch seinen Tribut. Bei einer ersten Ausfahrt, und die war nicht auf der Rennstrecke, lag der Durchschnittsverbrauch bei 12,6 Litern. Für ein Fahrzeug mit 450 PS ein Wert, der akzeptabel ist, aber keine Jubelschreie auslöst. Die Bayern geben im Durchschnitt 10,4 Liter Super an. Wer also ordentlich auf dem Gas steht, darf - und das verwundert niemanden wirklich - mit einem deutlich höheren Verbrauch rechnen. Im schon erwähnten Eco-Plus-Modus kann mit Hilfe der Segelfunktion, die zwischen 50 km/h und 160 km/h Getriebe und Motor bei entsprechendem Schub trennt, der Wagen einfach rollen. Das spart Sprit, bremst aber auch die Dynamik ein. Wer jetzt zügig beschleunigen will, muss sich bis zur Gasannahme auf eine Gedenksekunde einstellen.

Aus seiner Natur heraus gibt sich der 6-Zylinder-Diesel hier deutlich sparsamer. Nach ersten Testfahrten lag der Verbrauch im Schnitt bei 8,4 Litern. Die Höchstgeschwindigkeit des 258 PS leistenden Triebwerks, 13 PS mehr als der Vorgänger, liegt bei 230 km/h. Wuchtete der Alte noch 540 Newtonmeter auf die Achsen, sind es jetzt 560. In 6,9 Sekunden knackt der Diesel die 100-km/h-Marke. Damit ist der 30d flott unterwegs, wird aber nicht zur Rennmaschine. Soll er auch nicht.  Mit dem adaptiven Fahrwerkspaket Comfort für 1800 Euro und einer verbesserten Geräuschdämmung ist er deutlich auf angenehmes Gleiten ausgelegt.

Komfort heißt das Zauberwort

Bei der Innenausstattung bleiben keine Wünsche offen.

Bei der Innenausstattung bleiben keine Wünsche offen.

Komfort ist aber auch das, was den Innenraum des X5 bestimmt. Der bayrische Bulle ist 32 Millimeter länger geworden und 5 Millimeter breiter. Die Rückbank kann jetzt im Verhältnis 40/20/40 umgelegt werden.  Für allgemeine Wohlfühlatmosphäre sorgt die Illumination des Innenraums in drei Farben: Rot, Orange und Blau. Die können einzeln oder im Wechsel Armatur, Fußraum und Türen dezent beleuchten. Das Kofferraumvolumen steigt im Vergleich zum Vorgänger um 30 auf 650 Liter. Wird die Rückbank umgelegt, stehen sogar 1870 Liter für die Zuladung zur Verfügung.

Wer will, kann den Platz auch mit einer dritten Sitzreihe für 1980 Euro füllen und den X5 zum Siebensitzer machen. Wirklich bequem dürfte es dort aber nicht zugehen und Gepäck sollte man dann auch nicht mitnehmen wollen. Wer zuladen will, kann das über die zweigeteilte Hecklappe. Allerdings öffnet die obere Hälfte in einer Höhe von einem Meter und wenn der untere Bereich wie bei einem Pickup abgeklappt wird, entsteht eine Ladekante von 85 Zentimetern Höhe. Wer in die Tiefe des Raumes will, muss sich jetzt sehr lang machen, denn bis zur zweiten Sitzreihe sind 1,43 Meter zu überwinden.

Echt Offroad

Im Gelände gibt sich der X5 gelassen und ist dank der elektronischen Helfer nicht zu stoppen.

Im Gelände gibt sich der X5 gelassen und ist dank der elektronischen Helfer nicht zu stoppen.

(Foto: Holger Preiss)

Allerdings weist die Höhe der Ladekante auch auf etwas anderes hin: die Geländetauglichkeit. Als BMW im Jahr 1999 mit dem ersten X5 das Segment der SAVs begründete, legten die Bayern bereits Wert auf die Offroad-Fähigkeit des Wagens. Nicht, dass man mit einem X5 den Klondike durchqueren könnte, aber mit der Bodenfreiheit, dem permanenten Allradantriebe und den vielen kleinen elektronischen Helferlein lassen sich tatsächlich auch schwierige Passagen in groben Geläuf problemlos bewältigen. Ein Beispiel gefällig? Auf einer verregneten und extrem lehmigen Strecke bewältigt der X5 ohne Anstrengungen Steigungen von 24 Prozent.

Das ist noch nicht spektakulär? Das können andere Fahrzeuge mit dem nötigen Schwung auch? Aber versuchen Sie mal, wenn der Steigungswinkel am größten ist, stehen zu bleiben und wieder anzufahren. Wenn Ihr Fahrzeug dann ohne durchzudrehen, als stünde es auf einer planen asphaltierten Straße, über die Spitze zieht, dann wäre das mit dem X5 zu vergleichen. Selbst an Anstiegen mit Schotter und einer hängenden Achse sucht sich der Bajuware seinen Weg. Bis auf das Einschalten der Bergabfahrhilfe wird der Fahrer dabei wenig mit der Offroad-Thematik behelligt. Nach einem Moment des Durchdrehens hat er in Sekunden wieder Grip und zieht auch hier von dannen. Im Übrigen hat BMW dem Dicken serienmäßig eine Statusanzeige spendiert, die die Längs- und Querneigung des Fahrzeuges anzeigt. Ein hübsches Feature, das sich aber nur im Gelände wirklich bezahlt macht.

44 Seiten für das Wunschkonzert

Zugegeben, keiner wird sein mindestens 60.000 Euro teures Auto durchs Gelände scheuchen. Aber gut zu wissen, dass es möglich wäre. Wer den X5 eher für den Business-Auftritt nutzen möchte, kann das auch. Äußerlich kann die ohnehin jetzt sehr elegante Karosse in jeder Hinsicht der persönlichen Couleur angepasst werden.  In der Ausstattungslinie Pure Excellence geht's eher unauffällig durch die Gegend, Pure Experience ist rustikal und offroadorientiert und mit dem M Sportpaket fährt man direkt in Richtung Nordschleife.

Der Individualisierung sind kaum Grenzen gesetzt. Allerdings hat das wie alles im Leben seinen Preis: Wer es sich im Stau leichter machen will, ordert den Stauassistenten für 1990 Euro. Die Nachtsichthilfe für 2100 Euro erkennt jetzt auch Tiere, der Parkhelfer (750 Euro) stellt das SUV sowohl längs als auch quer weitgehend selbstständig in die Parkbucht. Insgesamt ist die Wunschliste für den X5 44 Seiten lang und offeriert alles, was das Herz begehrt. Nur ausreichend Geld sollte eben vorhanden sein.

Quelle: ntv.de

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