Auto

Selbstbewusst in China Deutsche wollen hoch hinaus

Die deutschen Autohersteller wollen in China hoch hinaus. Am deutlichsten zeigte das Porsche am Vorabend der Eröffnung der Automesse in Shanghai. Der Sportwagenhersteller ließ seinen funkelnagelneuen Viertürer bis in 425 Meter über den Meeresspiegel emporheben und zeigte ihn dort erstmals öffentlich. Unter dem Dach des World Financial Centers beschrieb Entwicklungsvorstand Wolfgang Dürheimer den Panamera als ein Projekt, "wie es ehrgeiziger nicht sein konnte".

Diese Aussage konnte ebenso gut für die Art der Inszenierung gelten, denn beim Bau des Wolkenkratzers war natürlich nicht berücksichtigt worden, dass eines Tages vielleicht ein Pkw ins oberste Stockwerk gehievt werden soll. Ehrgeiz ist jedoch eine Eigenschaft, die nicht minder für die Ambitionen anderer deutscher Hersteller in China gilt. VW-Chef Martin Winterkorn zum Beispiel geht davon aus, dass 2009 in China erstmals mehr Volkswagen verkauft werden als im gleichen Zeitraum in Deutschland. "China ist unser zweiter Heimatmarkt", wird der Konzernherr von der Tageszeitung China Daily zitiert.

Die 16-seitige Sonderbeilage der Zeitung spiegelt überzeugend wider, welche Bedeutung den Produkten deutscher Konzerne und ihrer Tochterfirmen beigemessen wird. Auf nicht weniger als acht Seiten wird von der Präsenz und den Neuerungen von Mercedes, BMW, Audi, Skoda und Ford berichtet. Volkswagen verdankt seine Sonderstellung in China der Tatsache, dass die Marke im Rahmen von Joint Ventures schon seit mehr als 20 Jahren dort mit eigener Produktion ansässig ist und Modelle vertreibt, die es in Europa gar nicht gibt - wie zum Beispiel die in Shanghai vorgestellten Neuheiten Sagitar und Magotan.

China überholt die Vereinigten Staaten

Während seit dem letzten Quartal des Vorjahres in Nordamerika und Europa der Pkw-Absatz dramatisch zurückgegangen ist, freut man sich in China weiterhin über Zuwächse - die gleichwohl von ihrem atemberaubenden Tempo etwas verloren haben. In den vergangenen drei Monaten wurden in China jeweils mehr Autos verkauft als in den USA im gleichen Zeitraum, was darauf hindeutet, dass Ende des Jahres China sich als neuer Titelträger mit dem Attribut "weltgrößter Automarkt" schmücken könnte. Mei Songlin, Vize-Chef von J.D. Power Asia-Pacific rechnet damit, dass 2009 erstmals die Marke von 10 Millionen Fahrzeugen durchbrochen wird.

Womit Mercedes davon profitieren will, wurde in Halle 5 des Ausstellungsgeländes deutlich. Mit einer Präsenz von 35 Modellen und einer Rekordzahl an Premieren machen die Stuttgarter Stimmung für deutsches Engineering. Dass ausgerechnet das kleinste Auto die Show eröffnete, kommt nicht von ungefähr. Für die Gewährleistung von individueller Mobilität sei der 2,96 Meter kurze Smart geradezu ideal, pries Vorstandsmitglied Dr. Klaus Maier den Zweisitzer. Mit zartem Verweis auf die Anfangsschwierigkeiten nach der Markteinführung sei der Smart jetzt "ein Auto, das passt". Die Zuversicht der Sindelfinger scheint begründet: Im ersten Quartal 2009 verzeichnete das Unternehmen mit 30 Prozent in China den stärksten Absatzzuwachs von allen Märkten, in denen Mercedes seine Produkte anbietet.

Maiers Chef, Dieter Zetsche, war es vorbehalten, die Weltpremiere der neuen S-Klasse zu moderieren. Mit dem S 400 Hybrid will Mercedes den Vorsprung von Toyota in der Anwendung des kombinierten Elektro-Verbrennungsantriebs verkürzen. Dazu setzt die S-Klasse auf den erstmaligen Einsatz einer Lithium-Ionen Batterie im Großserieneinsatz bei Kraftfahrzeugen. Bekanntlich waren sie Energiespeicher zuletzt wegen zu großer Wärmeentwicklung in Verruf geraten.

E-Klasse-Produktion ab 2010 in China

Laut Zetsche ist China für die S-Modellreihe schon jetzt der wichtigste Markt weltweit, für die neue E-Klasse steht gar eine Fertigung im Reich der Mitte bevor. Nächstes Jahr soll es soweit sein, bis dahin wird die Mercedes-Mittelklasse als Importauto die Herzen wohlsituierter Chinesen erfreuen. Der Daimler-Chef spielte zur Untermauerung seiner China-Sympathie eine emotionale Karte. Der Auftritt der populären einheimischen Künstlerin Dadawa wurde von den asiatischen Standbesuchern mit großem Applaus quittiert. Gleichwohl darf nicht übersehen werden, dass wohl ein langer Atem vonnöten ist, soll aus der China-Präsenz eine echte Erfolgsstory werden. In Januar und Februar verzeichnete das Luxussegment dort einen Rückgang von acht Prozent. Noch seltener griffen die Chinesen zum Sportwagen - dort gingen die Verkäufe in den beiden Monaten um 36 Prozent zurück.

Für Porsche ist das kein Grund, zurück zu schalten. Der Panamera wird aufgrund neuer Steuergesetzgebung in China die Kunden deutlich teurer kommen als in Deutschland, doch es steht laut Entwicklungschef Dr. Wolfgang Dürheimer für "hohe Technik- und Innovationskompetenz", was schließlich auch asiatische Kunden überzeugen dürfte. Künftig rechnet die Marke damit, dass etwa eine Drittel der Kunden des Viertürers aus Amerika kommen, ein Drittel aus Europa und ein Drittel aus dem Rest der Welt. Mit der vierten Baureihe, deren Entwicklung rund eine Milliarde Euro verschlungen hat, ist das Zuffenhausener Familienunternehmen zum Erfolg verdammt. Einen Einbruch der Erlöse kann es sich nicht leisten, gilt es doch, weiterhin die Mehrheitsübernahme von VW zu finanzieren. Immerhin konnte Porsche jüngst einen um fast 15 Prozent höheren Auftragseingang gegenüber Februar 2008 vermelden.

Porsche will "Segmentführer" werden

Der "erste Porsche unter den großen Reiselimousinen" (Dürheimer), mit dem die Marke "klarer Segmentführer" werden will, verblüfft durch eine Fülle neuer Technologien So ist es bisher keinem Hersteller außer Porsche gelungen, ein automatisches Getriebe mit einer Start-Stopp-Automatik zu verknüpfen. Im Panamera wird der Fahrer durch leichtes Nachlassen des Drucks auf dem Bremspedal den Motor nach dem Ampelstopp wieder starten und so bis zu 3,2 Liter Kraftstoff im Testzyklus gegenüber durchlaufendem Betrieb einsparen können. 2000 Panameras pro Jahr, zehn Prozent des geplanten Absatzes, soll der chinesische Markt aufnehmen

Auch BMW lässt sich die Chance nicht entgehen, in der volksfestartigen Stimmung der turbulenten Shanghai-Messe seine Statements zu setzen. Mit dem X5 M und dem 760iL schicken die München zwei zusammen mehr als 1000 PS starke Boliden in den Wettbewerb. Die weiß-blaue Marke ist bei betuchten Chinesen sehr beliebt. Rund 75.000 Zulassungen konnte der Hersteller vergangenes Jahr registrieren. Der Zwölfzylinder-Biturbo des 7ers dürfte deshalb seine Wirkung nicht verfehlen.

Quelle: ntv.de

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