Weder Motorrad noch Limousine Die "Knutschkugel" wird 50
01.03.2005, 10:50 UhrSie war weder Motorrad noch Limousine, doch für viele Deutsche nach dem Krieg das erste Auto: die BMW Isetta. Am 5. März vor 50 Jahren wurde die "Knutschkugel", wie sie liebevoll genannt wurde, erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt.
Heute gilt sie als Liebhaberstück. Sammler, die eine gut erhaltene BMW Isetta beim Online-Auktionshaus Ebay ersteigern wollen, müssen schon mal 12.000 Euro hinblättern -ungefähr zehn Mal so viel wie der Kleinwagen vor fünf Jahrzehnten gekostet hat. "Dieses Auto hatte noch ein richtiges Gesicht", schwärmt Norbert Schardt, Vorsitzender des "Isetta Clubs" ein Zusammenschluss von 1400 Isetta-Liebhabern. Eiförmiges Chassis, Hinterräder, die nicht halb so weit auseinander stehen wie die vorderen, und nur eine Tür, mit der gleich die gesamte Front wegklappt: Das sind Merkmale, die tatsächlich kaum Verwechslungschancen eröffnen.
Kosenamen wie "Knutschkugel" oder "Schlaglochsuchgerät" kursierten im Volksmund. Komfort war Nebensache. Für wenig Geld bekam man alles, was zum Fahren nötig war: Vier Räder, einen Motor und Platz für zwei -möglichst schlanke -Passagiere. "Wer nicht mehr Motorrad fahren musste, der war schon was", erklärt Peter Steinfuhrt, Chefredakteur des in Mainz erscheinenden Magazins Oldtimer Markt. Mit dem ersten Kleinwagen im Sortiment traf der Münchner Autohersteller im Frühjahr 1955 den Nerv der Zeit. Viele Nachkriegsdeutsche träumten davon, mit einem Dach über dem Kopf durch die junge Bundesrepublik oder in die Ferien zu fahren.
Ein Dutzend Pferdestärken brachten die "Isetta 250" von 1955 auf maximal Tempo 85 -BMW hatte einen Motorradmotor eingebaut. "Motocoup" hatten die Werbetexter das Gefährt deshalb getauft. Innen kein echtes Auto, außen kein echter BMW. Ein Münchner Eigengewächs war die Isetta nämlich nicht, ihre Wiege stand südlich der Alpen. Ein findiger BMW-Händler hatte ein "verkleidetes Motorrad" des italienischen Motorrad-und Kühlschrankherstellers ISO im Jahr 1954 auf dem Genfer Automobilsalon entdeckt -schnell hatten die Bayern die Lizenz zum Nachbauen in der Tasche.
Rund 160.000 Isetten wurden in sieben Jahren weltweit produziert. Eigentlich als Gefährt für den schmalen Geldbeutel gedacht, gefiel die Knutschkugel auch Prominenten. Elvis Presley ließ sich laut BMW vor einer Isetta fotografieren und soll angeblich seinem Manager ein Exemplar geschenkt haben. Doch auch der Stern eines Autos kann schnell sinken. Im Mai 1962 verließ die letzte Isetta das Band. Die Verbraucher verlangten nach "richtigen" Autos.
Inzwischen gilt die Isetta als Kultgefährt -viele Sammler verbinden damit Kindheitserinnerungen. Bei Norbert Schardt etwa hat es gefunkt, als er Anfang der sechziger Jahre mit einer Isetta ins Zeltlager fuhr. Rund 1000 BMW Isetta sind Schätzungen zufolge noch auf deutschen Straßen unterwegs. Weltweit sind es bis zu 6000 Exemplare, vermutet Norbert Schardt. Und nicht nur hier zu Lande, sondern auch in England und Japan gibt es Liebhaber-Vereine.
Quelle: ntv.de