Porsche Boxster Spyder Die Legende bebt
02.12.2009, 10:03 Uhr
Gemacht für die Sonne: Porsche hat beim Boxster einen Spyder nachgelegt.
Seit 1996 gibt es den Porsche Boxster, aber erst jetzt in einer Modellvariante, die für Frische und eine Spreizung des Baureihen-Angebots sorgt: Der Spyder.
Es ist ein Name voller Saft und Kraft, mit Tradition und Rennsporterfolgen garniert, aber auch mit der Tragik einer Legende belastet. Spyder hieß der Porsche, mit dem Leinwand-Rebell James Dean im September 1955 verunglückte. Der Schauplatz des tödlichen Unfalls, eine Kreuzung nordöstlich von Los Angeles, ist heute noch eine Pilgerstätte für Fans.
54 Jahre später und wenige Tage vor der Weltpremiere des Boxster Spyder auf der Los Angeles Auto Show darf ich den neuen Zweisitzer über kalifornische Kreuzungen fahren. Sorgen um meine körperliche Unversehrtheit muss ich mir deshalb nicht machen, der Spyder von heute ist viel sicherer als der 550er von James Dean. Im Gegensatz zu dem Leichtbau-Renner von damals hat der Neue ABS und ESP, Airbags und Überrollbügel – eben alles, was ein Sportwagen heute braucht.
Für Schönwetter-Ausflüge gemacht
Der Boxster Spyder hat noch mehr. Vor allem eine eigenständige Silhouette. Dafür verantwortlich sind zwei Höcker über dem Motorraum, wie sie zum Beispiel auch den Carrera GT zieren. Die Seitenscheiben sind flacher als bei dem bekannten Mittelmotor-Sportler, die Karosserie wurde 20 Millimeter tiefer gelegt. Das Segeltuch-Verdeck hat nicht den Anspruch, als Ganzjahres-Haube zu dienen, sondern hat nur einen provisorischen Charakter. Das zeigt schon die Tatsache, dass es nur bis zu einem Tempo vom 200 km/h zugelassen ist.
Eigentlich kann das Auto noch fast 70 km/h schneller. Auf der Rennpiste ist der Spyder ebenso zu Hause wie auf dem Boulevard, nur eine Straße ist tabu: die Waschstraße, denn so dicht ist das Verdeck nun auch wieder nicht.
Mit 320 PS ist der 3,4 Liter große Sechszylinder-Boxer genauso stark wie der Motor im Cayman S. Warum hat man nicht auf 330 oder 350 PS erhöht, wenn es darum ging, die sportliche Spitze der Baureihe zu markieren? Projektleiter Hans-Jürgen Wöhler: „Bei der Konzeption war eine höhere Leistung nicht das entscheidende Entwicklungsziel. Wir wollten mehr Performance durch geringeres Gewicht“. Was Wöhler nicht sagt: Wichtig ist auch ein respektvoller Abstand zum offenen 911er. Die Ikone darf nicht beschädigt werden, was bei einem noch besseren Leistungsgewicht als 3,98 Kg/PS durchaus hätte passieren können.
Fahrvergnügen keine Frage des Tempos
Der leichteste Porsche des ganzen Modellprogramms (1275 Kg) benimmt sich auf der Straße, wie es sich für eine puristische Fahrmaschine geziemt. Er erinnert daran, dass Fahrvergnügen keine Frage des Tempos ist. Vielmehr eine präziser Lenkbewegung und unmittelbarer Fahrzeugreaktionen darauf.
Mit dem Boxster Spyder kann man auch bei 50 km/h eine Menge Spaß haben, vorausgesetzt, die Straße ist nur eng und winklig genug. Ein steter Wechsel von Steigungen und Gefälle kann auch nicht schaden. Dann lassen sich das feinfühlige Gas, die harte Kupplung, die sensibel dosierbare Bremse am besten erleben. Die Tieferlegung bringt kürzere Federn mit sich, und die daraus resultierende Härte wirkt authentisch. Der Handschaltung fehlt es nicht an Präzision, sie fühlt sich nur etwas knochig an.Viele werden ohnehin das Doppelkupplungsgetriebe nehmen, es belohnt die Mehrausgabe mit Minderverbrauch. 9,3 Liter auf hundert Kilometern sollen erreichbar sein.
Gaspedal als Soundgenerator
Wer zu Krawall veranlagt ist, bestellt die Sportauspuffanlage. Sie verhilft zur angemessenen Klangkulisse, das Gaspedal wird zum Soundgenerator und lässt den kleinen Zweisitzer beben. Was folgt, ist Kurzweil aus Längs- und Querbeschleunigung und man kann leicht vergessen, dass Autofahren auch noch einen wirtschaftlichen Aspekt hat. Sicher, ein paar Sportwagen wird es geben, die noch etwas rasanter, bissiger, schneller und puristischer sind. Aber kommen die auch mit 9,3 Litern auf hundert Kilometern aus?
Ab Februar 2010 ist der Boxster Spyder auch in Deutschland zu haben. Dann kostet er ohne Sonderausstattungen 63.404 Euro. Das bedeutet zwar gegenüber dem 310 PS starken Boxster S einen für Porsche-Verhältnisse nur bescheidenen Aufschlag von 7000 Euro, aber ein Schnäppchen, wie James Dean es seinerzeit gelang, ist er nicht. Dean gab seinen 356er Speedster in Zahlung, legte noch 3000 Dollar obendrauf und bekam einen von nur 90 jemals gebauten 550er Spydern.
Der Boxster Spyder ist ein Verführer. Er lässt einen träumen von verschlungenen, nicht enden wollenden Asphaltbändern, von einer unbeweglichen Tanknadel und von Stromausfall an jeder Radarfalle. Ein Sportwagen mit Suchtpotenzial, leicht und griffig, bei dem jeder schnöde Nutzwertgedanke zur Spaßbremse wird. An der Kasse wird aus dem Traum leider schnell Realität.
Quelle: ntv.de