Auto

Dauerbrenner Boxermotor Ganz heißes Eisen

Spitze der Entwicklung: Porsches GT2 will höchste Leistung mit Effizienz verbinden.

Spitze der Entwicklung: Porsches GT2 will höchste Leistung mit Effizienz verbinden.

Der Sechszylinder-Boxermotor von Porsche ist wahrscheinlich das meistdifferenzierte Auto-Antriebsaggregat der Welt. Seit auf der Frankfurter Automobilausstellung 1963 das damalige Modell 901 vorgestellt wurde, ist der Motor unzählige Male technisch verändert worden. Vorerst letzte Evolutionsstufe ist der Motor des Porsche GT2, die maximale Leistungsausbeute mit den Erfordernissen der Ökologie zu vermählen versucht.

Immer wieder müssen sich die Zuffenhausener Angriffen aus dem Umweltlager erwehren. Vergangenes Jahr zogen Greenpeace-Aktivisten für das Porsche-Werkstor und schmähten die Produkte als Klima-Schweine. Auch das Hochleistungscoup 911 GT 2 hat bisher nicht die Sympathie der Ökofraktion erworben. Es hat 530 PS. Doch beim Hersteller ist man sich sicher, einen guten Job erledigt zu haben. So viel Leistung ist noch nie so effizient erzeugt worden, sagt Porsche.

Zwei Liter Hubraum und 130 PS hatte der erste Sechszylinder-Boxer. In den folgenden Jahrzehnten war er zunächst luft-, dann wassergekühlt, hatte ein oder zwei Turbolader, der Hubraum wuchs in verschiedenen Ausbaustufen auf bis zu 3,8 Liter. Als 3,6-Liter-Variante verfügt er jetzt über eine so genannte Expansionssauganlage - "eine Revolution bei aufgeladenen Motoren", sagt Porsche.

Kleine Schaufeln - große Wirkung

Dabei liegt der letzte Umsturz noch gar nicht so lange zurück. Die variable Turbinen-Geometrie - bei Dieselmotoren schon seit Jahren gang und gäbe - wurde erstmals im 911 Turbo realisiert. Die technische Hürde war die Temperaturentwicklung, denn in Dieselaggregaten wird das Abgas nicht so heiß wie bei den mit höheren Umdrehungen laufenden Benzinmotoren. Turbomotoren nutzen aber bekanntlich die ausströmenden Verbrennungsabgase, um sie durch kleine Turbinen zu leiten und die Frischluft, die der Motor braucht, zu verdichten. Das gibt mehr Leistung.

Um aus geringem Abgasdurchsatz bereits genug Antrieb für den Lader zu bekommen, braucht man ein kleines oder sehr leicht bewegliches Schaufelrad. Zu klein darf der Querschnitt für die durchströmenden Emissionen aber nicht sein, denn zu starker Abgasgegendruck vermindert wiederum die Leistung. Bei höherer Drehzahl und schnelleren Arbeitstakten müsste eine größere Turbine her, um den Bedarf des Motors an komprimierter Luft zu decken. Dieses Dilemma hat zum Beispiel Peugeot mit zwei hintereinander geschalteten Ladern beseitigt. Auch andere Hersteller wie zum Beispiel Maserati haben Doppelturbomotoren angeboten. Mit der Leistung stieg aber auch der Verbrauch.

Technisch anspruchsvoller ist es, dem Problem des Turbolochs innerhalb eines Ladergehäuses beizukommen. Die so genannte variable Turbinengeometrie bedeutet, dass die Leitschaufeln auf der Abgasseite des Systems auf einem gemeinsamen Verstellring sitzen, mit dem sich der Winkel der Schaufeln zum Abgasstrom anpassen lässt.

Die Bauteile eines Turboladers sind enormen Belastungen ausgesetzt. Die Verdichter können mit Drehzahlen von mehr als 100.000 pro Minute laufen und erhitzen sich dabei enorm. Das Abgas eines Dieselmotors bringt im Schnitt 700 bis 800 Grad Temperatur mit. Die Erwärmung hat eine Verschiebung der Klopfgrenze zur Folge (spätere Zündung), was sich wiederum in einer Leistungseinbuße ausdrückt. Damit die Luft nicht zu heiß am Zylinder ankommt, werden zusätzliche Ladeluftkühler installiert.

1000 Grad Celsius und mehr

Ein Hochleistungs-Benzinmotor ist jedoch noch ganz anderen thermischen Belastungen ausgesetzt. Typisch für Sportwagen sind die Knister- und Knackgeräusche, mit den sich nach Ende einer Ausfahrt die Spannungen der erhitzten Teile im Abgastrakt entladen. Die Abgastemperatur des Boxermotors kann durchaus bei 1000 Grad Celsius liegen. Zuviel für die meisten Metalle, noch dazu, wenn bewegliche Teile miteinander harmonieren sollen. Turbolader mit verstellbaren Schaufelrädern waren daher bislang den Glühkerzen-Motoren vorbehalten.

"Im gesamten Heißbereich der Turbolader werden hochlegierte Werkstoffe eingesetzt", sagt Porsche-Techniker Götz Fuchslocher. "Besonders für die Verstelleinheit wurde auf höchste Kriechbeständigkeit der verwendeten Werkstoffe geachtet". Mehr mag er zur technischen Problemlösung nicht verraten, doch es lässt sich ahnen, welche Materialien dort zum Einsatz kommen. Titan scheint geeignet, denn es hat eine geringe Dichte, ist daher leicht und sein Schmelzpunkt liegt bei 1668 Grad. Doch bei hohen Temperaturen versprödet es und reagiert mit Sauerstoff.

Anders sieht es mit Keramikverbindungen aus. Wolframcarbid ist so ein Werkstoff. Fast so hart wie Diamant ist es nicht nur hitzebeständig ist, sondern kann auch durch Heißisostatisches Pressen bei 1600 Bar und 1600 C in fast jede Form gebracht werden. Gemeinsam mit dem Partner Borg Warner Turbo Systems hat Porsche seinen Lader mit variablen Turbinen entwickelt. Die Kühlung erfolgt bei Porsche in erster Linie in einem Luft/Luft-Ladeluftkühler. Dies bedeutet, dass die Ladeluft im Ladeluftkühler durch den Fahrtwind wieder abgekühlt wird. Die Temperaturabsenkung liegt im Bereich von 80 bis 100 Grad Celsius.

Die Expansionssauganlage geht nun noch einen Schritt weiter. Sie nutzt die schwingende Luft im Ansaugtrakt während der kühleren Expansionsphase für die Gemischaufbereitung, wodurch die Temperatur des Kraftstoff-Luft-Gemisches im Brennraum reduziert wird. Das bedeutet eine deutliche Steigerung der Effizienz: Bei maximaler Leistung wird eine Verringerung des Kraftstoffverbrauchs um 15 Prozent erreicht. Den Verbrauch nach EU-Norm gibt Porsche mit 12,5 Litern je 100 Kilometer an. Ein Sparmobil ist der 911 GT 2 also noch nicht, aber sicher eines der genügsamsten in der Klasse oberhalb 500 PS.

Quelle: ntv.de

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