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Audi lässt RS4 von der Leine Gepflegter V8 mit Soundfeuerwerk

Gutmütig lässt sich der RS4 durch die Kehren führen.

Gutmütig lässt sich der RS4 durch die Kehren führen.

(Foto: Abdruck fuer Pressezwecke honora)

Manche sehen in ihm das ideale Auto: Platz wie ein Kombi, bärenstark wie ein Sportwagen, unauffällig wie eine Familienkutsche. Der Audi RS4 kann viel, verlangt aber auch einiges von seinem Besitzer: ein gut gefülltes Bankkonto zum Beispiel.

Nicht nur die Q-Herde wird bei Audi immer größer, auch die sportlichen Top-Modelle mit dem Kürzel RS bekommen weiter Zuwachs. Im September werden die ersten Exemplare des RS4 bei den Händlern stehen, der dynamischsten Variante der auf dem A4 basierenden Mittelklasse-Modelle. Allerdings bringt die neue Generation auch Verzicht mit sich: Eine Limousine wird es nicht mehr geben, der RS4 wird ausschließlich als Avant angeboten.

Damit sollen die Kunden zum Beispiel in den USA, aber auch in China und Russland, wo traditionell die Nachfrage nach Kombis nicht sehr groß ist, sanft in Richtung RS 5 bugsiert werden. Das Coupé bietet ebenfalls einen Achtzylinder-Motor und 450 PS, allerdings nur zwei Türen. Derer fünf hat der RS 4 und ist zweifelsohne das vielseitigere Auto. Nicht nur, dass eine komplette Familie darin bequemen Zustieg und Platz findet, auch für den Transport sperrigen Sportgeräts oder des Reisegepäcks hält das Auto den notwendigen Platz vor. 1480 Liter Volumen werden es, wenn die Rücksitze flach gelegt sind.

In nur 4,7 Sekunden beschleunigt der RS4 auf 100 km/h.

In nur 4,7 Sekunden beschleunigt der RS4 auf 100 km/h.

(Foto: Abdruck fuer Pressezwecke honora)

O.k., ein Skoda Octavia RS hat 1620 Liter, aber dafür müssen sich dessen Insassen auch mit nur einer angetriebenen Achse und 250 PS weniger begnügen. Der Audi dagegen spielt in einer Liga mit, wo sich normaler Weise Porsche und andere Sportwagen auf der Rundstrecke gegenseitig die letzten Zehntel abjagen. Die nackten Zahlen: 4,2 Liter Hubraum verteilt auf acht Zylinder, 450 PS bei mehr als 8000 Umdrehungen, 430 Newtonmeter Drehmoment zwischen 4000 und 6000 Touren, von Null bis 100 Stundenkilometer sprintet der RS4 in 4,7 Sekunden. Braucht man das? Natürlich nicht, aber jeder, der es hat, freut sich darüber. Dass der Verbrauch verglichen mit Kombis ähnlicher Größe nicht vorbildlich ist und auch noch zweistellig, ist weniger erfreulich, aber Audi verweist selbstbewusst auf die 26-prozentige Minderung des Spritkonsums gegenüber dem gleich starken Vorgängermodell.

"Emotionales Moment" statt Turbokraft

Auch wenn es naheliegend erschienen wäre, den neuen Vierliter-Turbo-V8, den Audi zum Beispiel im S8 anbietet, auch für den RS4 zu adaptieren, blieb man hier bei dem Konzept Saugmotor und hohe Drehzahlen. Audi vertraut darauf, dass Kunden, die mindestens 76.600 Euro für einen Kombi ausgeben, sich von der Geldschneiderei der Mineralöl-Konzerne nur wenig beeindrucken lassen. So um die 5000 könnten es pro Jahr weltweit sein. Und außerdem, so Entwickler Stephan Reil, könne auch der effizientere Turbo nicht das "emotionale Moment" bieten, das der grundlegend überarbeitete Sauger bietet: unmittelbares Ansprechverhalten mit explosiver Leistungsentwicklung und einen gewaltigen Klang. Im Übrigen hätte der auf Zylinderabschaltung ausgelegte neue V8 gar nicht in den A4-Motorraum hinein gepasst.

Für den RS4 werden mindestens 76.600 Euro fällig.

Für den RS4 werden mindestens 76.600 Euro fällig.

(Foto: Abdruck fuer Pressezwecke honora)

Etwaigen Nörglern, dem Auto fehle es an der Ausschöpfung moderner Effizienztechnologie, rechnet Reil vor, dass der mit einer rennsportverdächtigen Verdichtung von 12,5:1 laufende Motor komplett nur noch 216 Kilogramm wiegt und dass die Gewichtsersparnis sogar bis auf die serienmäßige Bremsanlage ausgedehnt wurde. Die Scheiben sind jetzt im so genannten Wave-Design modelliert, so dass sie zwar wie eine große Scheibe wirken, aber die angedeuteten Zacken Material und damit Gewicht einsparen. Immerhin 2,5 Kilo werden durch die Form, die bisher nur auf dem Zweirad-Sektor Verwendung fand, heraus geholt. Noch leichter sind nur die Keramik-Bremsen, die aber sündhaft teuer und außerdem nur für die Vorderachse erhältlich sind.

Optimale Balance als Herausforderung

Dort liegt auch – wenn es denn eines gibt – das Problem des RS4. Zwar konnte die Achslastverteilung auf das Verhältnis 54 : 46 gebracht werden, jedoch ist es bei der Verteilung des Antriebsmoments durch das Quattro-System fast umgekehrt. 60 Prozent der Kraft werden an die Hinterachse geleitet, ein so genanntes Kronen-Mitteldifferenzial kann diesen Anteil auf bis zu 85 Prozent erhöhen. Freilich ist dieses Balance-Problem im Alltagsverkehr nicht spürbar, allenfalls dann, wenn man wie in diesem Test auf einem ehemaligen Formel-1-Kurs das Auto möglichst weit an den Grenzbereich zu treiben versucht.

Die "ultimative Performance", wie Stephan Reil die wesentliche Eigenschaft des Autos charakterisiert, muss von Pirelli-Zero-Walzen im Format 265/35 nicht nur auf den Asphalt gebracht, sondern auch im Zaum gehalten werden. Auf der flott durchmessenen Landstraße freut man sich eher darüber, dass der Bolide sich gutmütig wie eine Familienkutsche durch die Kehren manövrieren lässt. Nur ein bisschen mehr Rückmeldung wünschte man sich von der ansonsten präzisen elektromechanischen Lenkung.

Auch wenn die Audi-Ausstattungsliste so ziemlich jeden Wunsch nach exklusiver Bord-Unterhaltung befriedigen kann, so wird der Verzicht auf Radio oder CD bei wahren Enthusiasten wohl der Regelfall sein. Der bissige Antritt wäre nur halb so begeisternd, wenn nicht die (leider aufpreispflichtige) Sportabgasanlage ihn mit einem herzhaften Stakkato untermalte. Das elektronisch eingesteuerte Zwischengas auch beim automatischen Herunterschalten durch die S-Tronic ist ein zusätzliches Akustik-Schmankerl, das die Kurvenjagd auf sicherem Geläuf zum konzertanten Vergnügen macht.

Erstmals von einem RS-Kombi angefixt wurde die sportliche Audi-Kundschaft 1994. Vor 18 Jahren hatte der RS2 noch einen Fünfzylinder-Motor, aus dem 315 PS quollen. Radselektive Momentverteilung gab es damals ebenso wenig wie einstellbare Dämpfer-Charakteristik oder bewegliche Klappen im Abgasstrang. Auch auf Google-Earth-Navigationskarten und eine optionale Anhebung der Höchstgeschwindigkeit auf 280 km/h mussten die Fahrer damals verzichten. Was aber damals schon ging und heute nicht weniger Spaß macht ist, Sportwagen-Piloten die Endrohre zu zeigen.

Quelle: ntv.de

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