Auto

Gespaltene Cabrio-Fraktion Helm oder Haube?

Der Mercedes SLK war mit seinem Stahldach von Beginn an ein Trendsetter.

Der Mercedes SLK war mit seinem Stahldach von Beginn an ein Trendsetter.

Brandneu und mit Stoffhaube: Audis A5 Cabriolet.

Brandneu und mit Stoffhaube: Audis A5 Cabriolet.

Benziner oder Diesel, Front- oder Heckantrieb - in vielen Bereichen teilen sich Autofahrer in zwei Lager. Seit einigen Jahren gilt das auch für die Open-Air-Fraktion. Denn seit Mercedes mit der ersten Generation des SLK und Peugeot mit dem 207 CC das versenkbare Stahldach eingeführt haben, ist die Welt der Frischluftfreunde gespalten: Stoffhaube oder Stahlhelm lautet hier die Frage. Und während sonst viele Trends nach kurzer Zeit den Markt dominieren, haben die Hersteller die Kunden bei dieser Entscheidung nicht von der Qual der Wahl erlöst. Denn bei den Neuheiten halten sich Textilverdecke und versenkbare Hardtops nach wie vor die Waage.


Während in dieser Saison der Audi A5 und die zweite Auflage des Mini Cabrios mit Stoffdach starten, gehen Peugeot 308 CC oder Lexus IS mit Stahlverdeck ins Rennen. Nur der BMW Z4 wechselt die Fronten und kommt mit einer Aluminiumschale unter eine feste Haube. Neben der subjektiven Entscheidung für oder gegen ein bestimmtes Design gibt es für beide Lösungen Argumente. So betont etwa Ulrich Herfeld, der die Verdeckentwicklung beim Audi A5 geleitet hat, das geringe Gewicht der Stoffkonstruktion: "Unser Dach wiegt nur 50 Kilo." Beim kleineren VW Eos dagegen kommt die Haube nach Werksangaben auf 88 Kilogramm.

Fronten gewechselt: BMW setzt beim neuen Z4 auf ein Stahlklappdach.

Fronten gewechselt: BMW setzt beim neuen Z4 auf ein Stahlklappdach.

Umgekehrt reklamieren die Entwickler von Hardtop-Modellen wie Z4-Projektleiter Werner Kleeberger den geringen Luftwiderstand, der sich ebenfalls auf den Verbrauch auswirkt. Außerdem sei ein Cabrio mit festem Dach ohne Einschränkung ganzjahrestauglich, sagt Kleeberger: "Das Raumklima bleibt stabil, wohingegen bei einem Stoffdach im Winter manchmal der Eindruck von Feuchtigkeit eintreten kann." Das lässt Audi-Entwickler Herfeld nicht gelten. Insbesondere mit dem optional angebotenen Akustikverdeck liege das A5 Cabrio bei Temperatur- und Geräuschisolierung auf einem Niveau mit dem geschlossenen Coup: "Vorteile fürs Hardtop gibt es da also nicht."

Gefahr eines Einbruchs

Peugeot war einer der ersten Hersteller, die konsequent auf die Stahlhaube setzten.

Peugeot war einer der ersten Hersteller, die konsequent auf die Stahlhaube setzten.

Subjektiv mögen sich die Kunden unter einem festen Dach sicherer fühlen, doch de facto gebe es selbst dafür keinen Grund, sagt Audi-Sprecher Jochen Grüten: Bei einem Unfall bieten beide Verdecksysteme weniger Schutz als ein festes Dach, weshalb bei den meisten Cabrios vor einem Überschlag spezielle Überrollbügel hinter den Kopfstützen hervorschießen. Und auch die Angst vor Vandalismus und Einbruch sei bei einem Stoffdach unbegründet, betont Grüten und verweist auf die Versicherungseinstufungen: "Dort schnitt das A4 Cabrio zuletzt besser ab als manches Hardtop-Modell."

Unterschiede gibt es dagegen in der Bedienung: So kann man vor allem Stoffdächer bei niedrigen Geschwindigkeiten oft auch während der Fahrt öffnen und schließen. Technisch funktioniert das zwar auch mit einem versenkbaren Hardtop: "Aber laut geltendem Gesetz darf sich ein Verdeck während der Fahrt nur dann öffnen und schließen lassen, wenn der Blick auf das hintere Kennzeichen und auf die dritte Bremsleuchte durch diesen Vorgang nicht beeinträchtigt wird", schränkt BMW-Sprecher Friedbert Holz ein. Beim neuen Z4 funktioniert der Dachmechanismus deshalb ebenso wie beim Mercedes SLK und den allermeisten anderen Hardtop-Cabrios nur im Stand.

Platzmangel im Kofferraum

Auch beim Gepäckraum trennen die beiden Lager Welten: Weil das Hardtop trotz verbesserter Mechanismen mehr Platz benötigt als ein Stoffverdeck, werden die Kofferräume der Klappdach-Modelle im Open-Air-Betrieb deutlich kleiner. Doch sobald das Dach geschlossen ist, sieht die Sache anders aus: Dann erscheinen die Hardtop-Modelle als "Raumriesen", die es unter der Heckklappe mit manchem konventionellen Auto aufnehmen können. So fasst etwa der geschlossene Z4 mit seinen 310 Litern fast so viel wie ein VW Golf (350 Liter). Mit offenem Dach dagegen schmilzt das Volumen auf 180 Liter, während der kürzere Vorgänger mit Stoffverdeck noch 60 Liter mehr fasste.

Unabhängig davon, welche Lösung man nutzt - Konstruktion und Herstellung sind ungeheuer aufwendig. So braucht es etwa beim VW Eos neben meterlangen Leitungen acht Hydraulikzylinder mit zusammen 420 Watt, um das vordere Glasdach, die hintere Dachhälfte, die zwei seitlichen Dachholme, Heckscheibe und C-Säulen sowie den Kofferraumdeckel zu bewegen.

Hightech für die Haube

Doch die Stoffmütze ist kaum einfacher geschneidert: Auf einen Rahmen aus Stahl, Magnesium und Aluminium werden von innen der Dachhimmel und von außen die dicke Verdeckplane aufgezogen, bevor auf jeder Seite zwei Hydraulikzylinder und jede Menge Strom- und Hydraulikleitungen montiert werden, erläutert Audi-Entwickler Herfeld. Mit diesem komplizierten Prozess haben die Hersteller allerdings in der Regel nichts zu tun. Denn meist kommt das Dach als fertig montiertes Paket vom Zulieferer, das in der Autofabrik nur noch aufgesetzt und befestigt werden muss.

Wiegt man die Argumente gegeneinander ab und schenkt beiden Lagern gleichermaßen Glauben, wird die Entscheidung zwischen Hard- oder Softtop letztlich zu einer Frage des Geschmacks, sagt Hans-Georg Marmit von der Sachverständigen-Vereinigung KÜS in Losheim am See (Saarland): "Man kauft sich das Cabrio oder den Roadster, der einem am besten gefällt - und nimmt notgedrungen eben das Dach, das der Hersteller dafür vorgesehen hat." Nicht überall geraten die Kunden jedoch derart in die Zwickmühle, denn bei ganz wenigen Modellen haben sie tatsächlich die Wahl: Den Mazda MX-5 und den Chrysler Sebring gibt es mit Helm oder Haube.

Quelle: ntv.de

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