Jeep Cherokee in den Startlöchern Indianer mit Lifestyle-Attitüde
27.01.2014, 10:53 Uhr
Das Design beim Jeep Cherokee will um jeden Preis auffallen.
Die Marke ist uramerikanisch, Technik und Plattform kommen aus Italien und mit dem Design will man neue Wege gehen. Nach jahrelanger Pause setzt der Jeep Cherokee erneut zum Sprung nach Europa an.
Was war das für ein Aufschrei, als Jeep im letzten Frühjahr das Tuch vom neuen Cherokee gezogen hat! Die sieben senkrechten Balken im Kühlergrill, die jeden Jeep seit 1941 kennzeichnen, die konnte man mit viel Phantasie zwar noch erkennen, doch das war auch der einzige Halt, den der Geländewagen den Fans der Marke bot. Denn ansonsten erinnerte das, was da mit Schlitzaugen, Hakennase und Pummelhintern über die Bühne der New York Motorshow rollte, kaum noch an das, was einen "echten" Jeep ausmacht. Nach der Übernahme durch Fiat entstanden und auf der Plattform des Alfa Giulietta aufgebaut, gehört der Cherokee zu den ersten US-Modellen, die "Italy Inside" haben.
Wer gehofft hatte, dass Jeep an diesem Design bis zur Markteinführung noch mal ein bisschen feilen würde, der sieht sich jetzt getäuscht. Denn auch wenn sich die Amerikaner ein volles Jahr Zeit gelassen haben und der Cherokee in Deutschland erst im Juni in den Handel kommt, rollt er genau so aus der Fabrik, wie man ihn seinerzeit in New York gesehen hat. Was da also demnächst auf den Überseefrachtern in Europa landet und bei uns zu Schätzpreisen ab etwa 36.000 Euro in den Handel kommt, könnte die Gemüter erhitzen. Dabei ist noch nicht ganz klar, ob der Cherokee jetzt ein Bestseller oder ein Rohrkrepierer wird. Aber mal ehrlich: Beim Evoque erinnert auch nichts an Range Rover und dennoch verkauft sich das Livestyle-SUV in Europa wie geschnitten Brot. Immerhin wird der Cherokee von ein paar Jahren Pause abgesehen seit mittlerweile 1974 angeboten und genießt in der 4x4-Gemeinde einen ähnlich guten Ruf wie der Land Rover Discovery oder die Mercedes G-Klasse.
Feinste Allradtechnik und Hardplastik an Bord
Den will auch das neue Modell verteidigen und glänzt deshalb mit aufwändiger Allradtechnik. Die Plattform kommt zwar von einem Pkw was bedeutet, dass mit Blick auf den Verbrauch jetzt erstmals auch in nennenswertem Umfang frontgetriebene Exemplare angeboten werden. Im Zusammenspiel mit einem neuen Vierzylinder-Benziner soll der Verbrauch um bis zu 45 Prozent zurück. Doch parallel dazu bieten die Amerikaner gleich drei verschiedene Varianten mit Allradantrieb an, von denen die potenteste allerlei Sperren, Offroad-Programme und sogar einen Geländetempomaten für Gefälle und Steigungen bekommt: "Trailhawk" heißt der rustikale Wanderfalke, der als Topmodell mit V6-Motor wohl um die 50.000 Euro kosten wird und dafür angeblich mühelos über den legendären Rubicon-Trail kraxeln soll.
Während die Designer außen offenbar um jeden Preis auffallen wollten und dabei für eingefleischte Fans etwas über das Ziel hinausgeschossen sind, hätten sie innen gerne noch ein bisschen mehr Engagement zeigen dürfen. Ja, es gibt viele Ablagen, eine verschiebbare Rückbank und ein sehr ordentliches Navi mit Appstore und integriertem Hotspot. Schade, dass das durch die riesigen Hardplastik-Landschaften etwas leidet und nicht so hochwertig wirkt, wie es der Cherokee verdient hätte. Die Platzverhältnisse sind allenfalls durchschnittlich, was ebenfalls der Plattform zugeschrieben werden kann und an der hohen Ladekante zum nicht gerade üppig bemessenen Kofferraum wird man bei schweren Lasten zum Bodybuilder. Da ist die elektrische Heckklappe nur ein schwacher Trost.
Dafür gibt es jede Menge Hightech-Ausstattung, die für Jeep teilweise neu ist: Der Cherokee hat einen Abstandsregeltempomat und eine automatische Notbremse, er hilft mit aktivem Lenkeingriff bei Spurführung und –wechsel und rangiert selbstständig in Parklücken längs und quer zur Straße.
Neue Motoren und Neungangautomatik
Auch unter der Haube brechen bei den Amerikanern neue Zeiten an. Dass es für die EU-Version zwei Diesel mit 2,0 Litern Hubraum und 140 oder 170 PS geben wird, ist nicht wirklich revolutionär. Und auch der neue Basis-Benziner mit 2,4 Litern Hubraum und 184 PS ist keine Überraschung. Aber dass sogar der V6-Motor schrumpft, ist schon ein starkes Stück. Von früher mal 4,0 und zuletzt 3,6 Litern sind jetzt noch 3,2 Liter übrig. So ganz ernst meinen die Amerikaner die Sache mit der Effizienz allerdings nicht: Es gibt weder eine Start-Stopp-Automatik noch eine Direkteinspritzung, so dass sich der V6 im US-Zyklus stolze 10,7 Liter gönnt.
Aus den 3,2 Litern holt der Sechszylinder aber immerhin 271 PS und maximal 316 Newtonmeter, mit denen der Cherokee behände ausschreitet. Vor allem im mittleren Drehzahlbereich macht der Sechszylinder ordentlich Druck und sprintet so in 6,4 Sekunden von 0 auf 100. Er schnurrt beim Überholen mühelos am Vordermann vorbei und macht Lust auf einen Ritt über die Autobahn. Schließlich soll er immerhin 220 km/h erreichen. Außerdem sind dann vielleicht auch die Querfugen ein bisschen dünner, so dass die Achsen beim Anfedern nicht ganz so poltern.
Egal welchen Motor man bestellt, immer gibt es dazu die neue Neungang-Automatik von ZF, die die Lust des Indianers auf Feuerwasser weiter zügeln soll. Das kann schon stimmen und beim gemütlichen Cruisen überzeugt das Getriebe zudem mit seidenweichen Gangwechseln. Doch wenn es schnell herunterschalten soll, dann wirkt das Räderwerk bisweilen ein bisschen indisponiert und verhaspelt sich. Aber anders als das Design lässt sich das auf dem Weg nach Europa ja vielleicht noch korrigieren. Viel mehr als ein Software-Update ist dafür wohl nicht nötig.
Quelle: ntv.de, hpr/sp-x