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Jaguar macht stärkste Katze frei XKR-S faucht unter freiem Himmel

Der Jaguar XKR-S, die ultimative Ausbaustufe des des XK Coupés, trägt einen leistungsgesteigerten V8-Motor mit Kompressoraufladung und Benzindirekteinspritzung unter der Haube.

Der Jaguar XKR-S, die ultimative Ausbaustufe des des XK Coupés, trägt einen leistungsgesteigerten V8-Motor mit Kompressoraufladung und Benzindirekteinspritzung unter der Haube.

(Foto: Axel F. Busse)

Es zu können, ist manchmal wichtiger, als es tatsächlich zu tun: Auch wenn die Chancen, auf öffentlichen Straßen 300 km/h zu schaffen, objektiv gering sind, hat Jaguar jetzt das zweite Modell herausgebracht, dass dazu in der Lage ist. Es kostet 138.100 Euro.

Es sind sehr elitäre Clubs, die der Hersteller ebenso wie der Benutzer. Nur eine handvoll Pkw-Produzenten haben Autos im Angebot, die im "Club 300" mithalten können. Entsprechend exklusiv ist auch der Kreis der sportlich orientierten Fahrer, die sechsstellige Summen für Garagen-Kostbarkeiten ausgeben, die weitaus häufiger darin stehen, als gefahren zu werden. Jaguar, in früheren Jahrzehnten Abo-Sieger in den berühmtesten Autorennen, gehörte lange nicht zu diesem Kreis. Mit dem XKR-S Cabriolet steht jetzt das zweite Fahrzeug mit der offiziellen Höchstgeschwindigkeit "300" in der Preisliste.

Früher waren die schnellsten Modelle der Baureihe XK bei 250 km/h abgeregelt, das galt eine Zeit lang als markengemäßes Understatement. Im Zuge weltweiter PS-Protzerei wurde das Toptempo dann auf 280 km/h angehoben, bis im Jahr darauf das erste Jaguar-Coupé die 300er-Grenze erreichte. Ebenso wie das geschlossene Schwestermodell wird das neue Stoffdach-Cabriolet von einem fünf Liter großen V8-Motor angetrieben, der mit Hilfe eines Kompressors 550 PS abgibt. Auf die leistungssteigernde Wirkung eines Abgas-Turboladers wird also weiterhin verzichtet, wenngleich 680 Newtonmeter maximales Drehmoment auch einen Turboaggregat zur Ehre gereichen würden.

Vorwärts mit brachialer Schubkraft

Satte 300 km/h ist der britische Zweitürer schnell sein.

Satte 300 km/h ist der britische Zweitürer schnell sein.

(Foto: Axel F. Busse)

Die sechsstufige Wandlerautomatik wird mit dieser brachialen Zugkraft mühelos fertig, wenngleich die Technik der Kraftübertragung offenbart, dass ein von Grund auf neuer XK heute anders konstruiert würde. Sehr wahrscheinlich bekäme er die begehrte ZF-Automatik mit acht Schaltstufen, die mittlerweile bereits im Modell XF eingebaut wird. Sie nämlich kann auch mit einer Stopp-Start-Automatik verknüpft werden, die wegen ihres spritsparenden Effekts vielleicht von XK-Kunden nicht gar so sehnlich herbei gewünscht wird, jedoch stets einen imagefördernden Aspekt in sich trägt.

Neben der enormen Durchzugskraft, die den trotz reichlicher Verwendung von Aluminium mit 1727 Kilogramm immer noch recht wohlgenährten Sportler in 4,4 Sekunden von Null auf 100 km/h katapultiert, ist der enorme Sound, der im Wesentlichen von der klappengesteuerten Auspuffanlage orchestriert wird. Der zweiflutige Abzug der Verbrennungsgase kommt ohne Mittelschalldämpfer aus, stattdessen werden die Ströme über Kreuz geführt. Der schnelle Kick aufs Gaspedal wird mit einem fetten Getöse kommentiert, der gleichzeitig einsetzende Druck im Kreuz der Insassen erinnert daran, den Tacho und eventuelle Tempobeschränkungen im Blick zu behalten. Die hinteren Sitze sind beim Cabrio etwa mit den Meissner Porzellantassen in der Vitrine zu vergleichen: Schön, sie zu haben, aber benutzt werden sie nicht. Im Coupé können wenigstens noch Kinder sitzen.

Schweres Gerät wie Navi, Klimaautomatik und Multifunktionsrad gibt es im Innenraum.

Schweres Gerät wie Navi, Klimaautomatik und Multifunktionsrad gibt es im Innenraum.

Obwohl die serienmäßigen 20-Zoll-Räder eher auf einen robusten Abrollkomfort hindeuten, bleibt der XKR-S stets der feine englische Landmann. Die adaptiven Dämpfer sorgen für eine standesgemäße Bequemlichkeit, die auch Landstraßen mit Reparaturstau nicht zur Tortur werden lassen. Nicht so ganz von adligem Geblüt erscheint der üppig ausgefallene Heckspoiler, der aber aus zwei Gründen zu rechtfertigen ist: Erstens muss die Optik eine klare Botschaft an die anderen XK-Fahrer senden, dass hier kein gewöhnliches Jaguar-Coupé unterwegs ist und zweitens braucht es, wenn denn mal freie Autobahn herrscht, genügend Anpressdruck an der Antriebsachse. Größere Seitenschweller dienen ebenfalls als Unterscheidungsmerkmal.

Nordschleife unter acht Minuten

Bei Jaguar macht man kein Geheimnis daraus, dass auch die 300 km/h nicht der technisch möglichen Höchstgeschwindigkeit entsprechen, sondern elektronisch eingebremst wurden. Doch jenseits der 300 wird das Reifenangebot überschaubar und außerdem wollten die Entwickler lieber ein Auto, dass souverän auf seinen Bestwert zuprescht, als einen Renner, der unter Qualen auf den letzten Ventil pfeift. Viel wichtiger, als das letzte Quäntchen heraus zu pressen war den Ingenieuren, dass das Fahrzeug die Referenzstrecke aller ernst zu nehmenden Sportwagen in unter acht Minuten absolvieren kann – die Nordschleife. Damit es keine Traktionsdefizite gibt, wirkt ein aktives Differenzial an der Antriebsachse.

Um in der "Grünen Hölle" mitzuhalten braucht es nicht nur ordentlich Leistung, spontanes Ansprechverhalten und ein ebenso straffes wie ausgewogenes Fahrwerk, sondern auch eine präzise und ausreichend direkte Lenkung. Mit all dem kann der XKR-S aufwarten. Freilich muss man einräumen, dass so ein Cabrio wohl seltenes auf der Nordschleife, als vielmehr auf der Croisette oder dem Ocean Boulevard anzutreffen sein wird. Dann schnurrt die Katze lieblich im Drehzahlkeller und die Insassen brauchen sich keine Sorgen um die Föhnwelle zu machen.

Zwanzig Kosten(en)verächter

Das elektrische Verdeck braucht zum Öffnen oder Schließen nur 18 Sekunden. Allerdings: An dieser Stelle gibt es noch Potenzial für technische Verfeinerungen: Da sich die hinteren Seitenscheiben, also die kleinen Dreieckfenster, bei geöffnetem Dach nicht hochfahren lassen, bleibt trotz Windschotts stets ein kleines Einfallstor für Zugluft, das sich mit steigendem Tempo umso stärker bemerkbar macht. Es wäre nicht nur ein Komfort- sondern auch ein ästhetischer Gewinn, würde die elektrische Scheibenbedienung um diese Funktion ergänzt. Ähnliches gilt für das Navigationsgerät, das weder in der Bedienungsfreundlichkeit, als auch in der Qualität der Kartengrafik an das Niveau der als Wettbewerber ins Auge gefassten Luxussportler von Porsche oder Mercedes heran reicht.

Ansonsten kann man dem XKR-S Komfortdefizite nicht nachsagen. Seien es die Verstellmöglichkeiten der Sportsitze, die sauber verarbeiteten Furniere oder die handschmeichelnden Lederbezüge – alles vom Feinsten. Das Bowers&Wilkins-Soundsystem mit 6-fach-CD-Wechsler und 525 Watt gehört zur Standardausstattung, sollen Lenkrad und Frontscheibe beheizbar sein, ist ein Aufpreis fällig.

Apropos Kosten: Ein Fahrzeug mit fünf Litern Hubraum ist naturgemäß mit anderen Effizienzmaßstäben zu messen als ein Kleinwagen, deshalb sollten 12,3 Liter Kombi-Verbrauch in erster Linie mit Angeboten derselben Leistungsklasse verglichen werden. Und kein Kunde, der eine dynamik-orientierte Fahrweise pflegt, wird erwarten, dass sein XKR-S mit weniger als 16 Litern zufrieden ist. Zwanzig betuchte Jaguar-Fans aus Deutschland haben sich schon als Kosten(en)verächter geoutet und das Cabrio bestellt, ohne auch nur einen Meter damit gefahren zu sein.

Quelle: ntv.de

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