Golf rollt bei Händlern vor Keine Klassengrenzen!
12.10.2008, 17:37 UhrNeu ist der Golf zweifellos, doch ist er auch besser als der bisherige? Volkswagens 26-Millionen-Seller, der jetzt zu den Händlern kommt, soll in der sechsten Generation natürlich ein für die Kunden spürbaren Fortschritt bringen und nicht nur mit einer gefälligen Optik glänzen.
Mehr noch als bei anderen Marken muss jeder neue Golf die Qualitäten des Bekannten bewahren und neue Akzente setzen. Ein schwieriges Unterfangen, vor allem, weil es um das wichtigste Modell des ganzen Konzerns geht. Der Golf muss seinen Status als Mutter aller Kompakten behaupten und die inzwischen vielfältige Konkurrenz auf Distanz halten.
Trendline oder Highline?
Das geht am besten mit zukunftsorientierter Technik, doch Volkswagen spielt jetzt eine andere Karte. Qualität und Wertigkeit sind die Stichworte, die ein Auto für 16.500 Euro mit Inhalt füllen will. So viel kostet nämlich der günstigste Golf der sechsten Generation in der Basisausstattung namens Trendline. Der hat dann einen Benzinmotor mit 80 PS, kommt laut Norm im Schnitt mit 6,4 Litern je 100 Kilometer aus und bietet neuerdings außer Rundum-Airbags und ESP auch einen Prallsack für den Kniebereich auf der Fahrerseite in Serie.
Das andere Ende der Preisliste wird von der Highline-Ausstattung markiert und da kostet der Golf mit einem 140 PS-Dieselmotor und Sechsgangs-Doppelkupplungsgetriebe 27.125 Euro. Immerhin sind Leichtmetallräder inklusive, auch die Isofix-Kindersitzbefestigung und eine Klimaanlage. Aber die haben die Trendline-Modelle ja auch.
Qualität als Maxime
Mit der neu gestalteten Front, die die Verwandtschaft zum Scirocco erkennen lässt, mit der scharf konturierten Schulterlinie und etwas weniger Keilform als beim Golf V, unterscheidet sich die neue Generation nur soviel vom Vorgänger, wie gerade eben nötig. Die Form des Golf, so Designer Frank Brüse, sei zum "visuellen Transport seiner Eigenschaften" da. Das liegt natürlich im Auge des Betrachters, objektiv messbar hingegen ist, dass sich der Luftwiderstandsbeiwert von 0,33 auf 0,31 verbesserte.
Was man den Wolfsburgern gewiss nicht absprechen kann, ist die gelungene Aufwertung des Innenraumes. Die Qualität der Materialien und die Verarbeitung sind vorbildlich, vieles fand schon bei höherklassigen VW-Modellen Verwendung, deren Glanz jetzt auch in die Kompaktklasse hinein strahlen soll. Die Architektur der Mittelkonsole, die ergonomische Anordnung der Schalter sowie die Anmutung der Oberflächen erinnern an Passat oder teils auch an den Phaeton, der bekanntlich als Luxuslimousine gilt.
Veränderte Farben für das Display
Mit dem Verzicht auf die blaue Instrumentenbeleuchtung, die mitunter einen grellen Kontrast zu den roten Ziffern der Multifunktionsanzeige bildete, hat Volkswagen vielleicht einzelne Design-Fans enttäuscht. Viele Fahrer werden sich aber künftig über den klaren Kontrast und die gute Ablesbarkeit der weißen Beleuchtung freuen. Wer 2575 Euro zusätzlich für ein Radio-Navigationssystem ausgibt, erhält ebenfalls Grund zur Freude. Das neue System ist leistungsfähiger, baut wechselnde Maßstäbe in der Kartendarstellung schneller auf und verfügt auch über einen 3-D-Modus mit hoher Auflösung.
Von den Motorvarianten, mit denen Volkswagen schon vor der Markteinführung Testfahrten zuließ, machte der 1,4 Liter großen TSI-Motor den überzeugendsten Eindruck. Im Verein mit dem 7-Gang-DSG-Getriebe gab er eine ausgewogene Vorstellung aus Temperament und Laufruhe. Letztere führte bei den Testfahrten zu mancherlei Verblüffung. Er erwies sich als so unauffällig, dass in Einzelfällen erst der Blick auf den Drehzahlmesser zur Gewissheit führte, dass der Motor überhaupt noch läuft. Den Norm-Verbrauchswert von sechs Litern durchschnittlich verfehlte das mit zwei Personen und Gepäck beladene Testauto allerdings um fast zwei Liter. Insgesamt, so rechnet VW vor, gingen die Normverbräuche gegenüber dem Vorgänger je nach Motor aber um bis zu 28 Prozent zurück.
Kampf den "Klassengrenzen"
Das vom Hersteller als "bester Golf aller Zeiten" annoncierte Auto erreicht in vielen Bereichen ein spürbar höheres Niveau. Vor allem dann, wenn der Kunde bereit ist, noch ein paar Tausender extra zu investieren und so sinnvolle oder angenehme Sonderausstattungen ordert wie Einparkassistent, automatische Distanzregelung und adaptives Fahrwerk. Was die möglichen Extras angeht, daran kann es keinen Zweifel geben, ist der Golf einer Oberklasse-Limousine durchaus ebenbürtig. Das Massenauto, so hieß es folgerichtig auch zur ersten öffentlichen Präsentation, "widersetzt sich gesellschaftlichen Klassengrenzen".
Weil der Entwicklungsschwerpunkt so eindeutig auf Qualität lag, muss man auf Fortschritte in anderen Bereichen noch etwas warten. Leuchtdioden in den Heckleuchten beispielsweise, eine Start-Stoppautomatik oder auch eine Schaltpunktanziege für die manuellen Getriebe sind noch nicht verfügbar. Zukunftstechnik definiert man im Falle Golf eher so, wie zwei Studien es verheißen, die ebenfalls bereits der Presse gezeigt wurden: Der Golf Twin Drive, der bis zu 50 Kilometer elektrisch fährt und an der Steckdose ausgeladen werden kann. Demnächst wird ein Großversuch damit in Berlin gestartet. Noch näher an der Serientauglichkieit scheint der Golf Blue Motion, der nicht mehr als 99 Gramm CO2 absondern und unter vier Litern Diesel verbrauchen soll.
Quelle: ntv.de