Mit drei Motoren Lexus RX 400h
02.06.2005, 11:26 UhrAllradfahrzeuge schleppen immer ein Problem mit sich herum: Den Allradantrieb. Im täglichen Gebrauch sind vier angetriebene Räder in der Regel nutz- und sinnlos. In geschätzt 99 % aller Fahrsituationen langt es, wenn nur Vorder- oder Hinterachse den Vortrieb besorgen. Demgegenüber stehen gravierende Nachteile: Allradfahrzeuge sind teurer, schwerer und verbrauchen mehr. Und das jeden Tag, Kilometer für Kilometer.
So war das jedenfalls bislang. Doch jetzt kommt die japanische Luxusmarke Lexus und stellt mit dem RX 400 h die verrückte Allradwelt vom Kopf auf die Füße. Der konstruktive Aufwand ist allerdings enorm.
Deshalb erst einmal der technische Steckbrief des Autos
Unter der Haube des RX arbeitet zunächst einmal ein konventioneller Sechszylinder-Benzinmotor mit 3,3 Litern Hubraum und 211 PS. Das maximale Drehmoment liegt bei klassenüblichen 288 Newtonmetern.
Ebenfalls unter der vorderen Haube befindet sich ein Elektromotor, der eine Spitzenleistung von 167 PS und ein maximales Drehmoment von 333 Newtonmetern auf die Achsen stemmt. Das volle Drehmoment steht dabei schon ab der ersten Umdrehung zur Verfügung.
An der Hinterachse sitzt der dritte Motor. Wiederum ein Drehstrom-Synchronmotor, der 68 PS und 130 Newtonmeter liefert.
Irgendwo dazwischen gibt es noch eine kräftige Lichtmaschine, eine starke Batterie zum Antrieb der Elektromotoren sowie ein Planetengetriebe zur Regelung der Kraftflüsse zwischen den verschiedenen Motoren sowie eine hochkomplexe Computereinheit zur Regelung des Systems.
Nicht vorhanden sind: Ein konventionelles Getriebe, eine Kardanwelle zur Hinterachse sowie die nötigen Verteilergetriebe und Differentiale.
Das alles klingt hoch kompliziert und ist in der Praxis noch viel komplizierter. Aber es funktioniert. Tatsächlich bietet der RX 400 h genau das, was Lexus in der Pressemappe verspricht: Die Fahrleistung eines großen SUV gepaart mit dem Verbrauch einer Mittelklasselimousine. Oder anders ausgedrückt: Der RX ist ein großer Allradler ohne die Nachteile des Allradantriebs. Eine kleine Spritztour zeigt, wie das Wunderding funktioniert. Nach einer Umdrehung des "Zündschlüssels" und der Wahl der Fahrtrichtung mittels "Getriebe-Wählhebel" rollt der Lexus leise summend los. Den Antrieb besorgt allein der vordere Elektromotor. 167 PS reichen allemal. Wird das "Gaspedal" (bei Hybrid-Fahrzeugen passen die gängigen Begriffe einfach nicht mehr) tiefer getreten, springt ohne jedes Rucken der Benzinmotor an und beteiligt sich an der Arbeit. Zugleich betreibt er die Lichtmaschine, die die Batterie lädt. Wird volle Leistung verlangt, arbeiten beide Motoren zusammen und an der Hinterachse nimmt der dritte die Arbeit auf.
Kraft (fast) ohne Ende
Insgesamt bringen die drei Herzen in diesem Moment 272 PS Leistung bzw. 750 Newtonmeter Drehmoment auf. Vor allem das Drehmoment ist gewaltig. Lediglich der 10-Zylinder-Dieselmotor aus dem VW Touareg erzeugt einen derart tierischen Schub. Wird das Gas wieder zurückgenommen laden die E-Motoren im Schiebebetrieb die Batterie wieder auf. Es wird also Energie zurück gewonnen. Die Belohnung für soviel Aufwand gibt es beim Tanken: Mit lediglich 8,1 Litern Super Normverbrauch liegt der RX 400 h rund 50 % unter vergleichbaren V-8-Benzinern. Und die sehr guten 192 g/km CO2-Ausstoß weisen den Lexus auch in der Klima-Bilanz als Musterschüler aus.
Kein Licht ohne Schatten und so hat auch der erste grüne SUV schwache Seiten. Das ist zum einen die etwas unspektakuläre Leistungsentfaltung. Bei 750 Nm erwartet man mehr. Da müssten die Räder eigentlich den Asphalt aufreißen! Stattdessen schiebt der Lexus subjektiv zwar kraft- aber nicht eindrucksvoll an. Eher wie eine Elektrolok. Die reinen Messwerte sprechen allerdings eine andere Sprache: Von 0 auf 100 in 7,6 Sekunden und von 80 auf 120 ist er sogar der Schnellste seiner Klasse.
Unter 50.000 Euro läuft wenig
Zum anderen ist soviel technischer Aufwand einfach teuer. Mit 49.750.- zählt der Lexus schon in der Basis-Version nicht zu den Sonderangeboten und erst mittels verschiedener Ausstattungspakete und 10.000.- Mehrpreis gelangt man zu der in dieser Klasse erwarteten Vollausstattung. Das kostet, zahlt sich aber spätestens beim Wiederverkauf aus, zumal der RX auch dann noch eine schöne Überraschung für seine Besitzer bereithält. Nach Aussage von Lexus prognostiziert Eurotax/Schwacke für den RX 400 h den besten Werterhalt aller Autos auf dem deutschen Markt überhaupt.
Fazit: Lexus ist so etwas wie die Quadratur des Kreises gelungen. Der RX 400 h ist ein vollwertiger SUV, dem die Entwickler den größten Nachteil dieser Fahrzeuggattung ausgetrieben haben: Das hemmungslose Saufen. Wer mag, kann jetzt also ohne schlechtes Gewissen SUV fahren.
Christof Johann
Quelle: ntv.de