Porsches neue Raubkatze Macan soll der Tiger unter den SUV sein
12.02.2014, 19:55 Uhr
Porsche lässt mit dem Macan den Tiger los und in den Streichelzoo gehört der nur während der Lackpflege.
Nein, ein Sportwagen ist der neue Porsche Macan nicht. Er ist ein SUV. Der kleine Bruder des Cayenne, aufgeflanscht auf die Plattform des Audi Q5. Dennoch, in Zuffenhausen hat man sich vorgenommen mit dem Tiger, das sportlichste SUV auf dem Markt zu platzieren.
Die Erweiterung der Produktpalette um Fahrzeuge wie Boxster/Cayman, Panamera und Cayenne hat dem vor allem von der Baureihe 911 getragenen Mythos der Marke Porsche bislang nicht geschadet. Allein im letzten Jahr lieferten die Stuttgarter weltweit rund 162.150 Fahrzeuge an Kunden aus, ein Plus von 15 Prozent zu 2012. Keine Frage: Mit dem jetzt vorgestellten Macan (indonesisch für Tiger) setzt der vormalige reine Sportwagenspezialist wahrscheinlich schon in diesem Jahr erstmals zum Sprung über die 200.000 an. Wer hätte noch vor 15 Jahren mit solchen Zahlen gerechnet?
Rund 50.000 Einheiten soll der Macan zum Volumen beitragen, aber schon jetzt denkt man bei Porsche über eine Erhöhung der Produktion nach. Das ab Anfang April in Deutschland angebotene Mittelklasse-SUV ist zum Marktstart mit drei Turbo-Motoren erhältlich: Der 3,0-Liter-Diesel mit 258 PS und der gleich große Benziner mit 340 PS stehen ab 57.930 Euro in der Preisliste, das Spitzenmodell Turbo kostet in Deutschland mindestens 79.826 Euro.
Der Sportler unter den SUV
Der neue Macan soll laut Porsche-Diktion der "Sportwagen unter den SUV" sein. Schon optisch hat man dafür einiges getan. So sitzt man als Fahrer rund sieben Zentimeter tiefer als im größeren Cayenne, was zusammen mit dem steil stehenden Lenkrad tatsächlich eine Art Sportwagen-Gefühl vermittelt. Zündschlüssel links, ein schönes Sportlenkrad in der Mitte und die heute bei dieser Marke fast unvermeidliche und durchaus nicht unumstrittene ansteigende Mittelkonsole rechts – alles typisch Porsche.
Mit dem Diesel unter der Motorhaube, klares Volumenmodell in Deutschland und Europa, reagiert der Macan tatsächlich zunächst nur wie ein gut motorisiertes SUV. Kein Wunder, knapp 260 PS sind ja heutzutage eine durchaus bescheiden anmutende Anzahl von Pferden. Mit dem für den Diesel und den schwächeren Benziner optional erhältlichen elektronisch geregelten Dämpfersystem (PASM) für rund 1150 Euro sieht das dann schon anders aus. Wer hier den Schalter "Sport Plus" drückt, fährt von einem Moment auf den anderen ein deutlich schneller und dynamischer ansprechendes Fahrzeug. In schnell gefahrenen Kurven kann der Diesel-Macan das Mehrgewicht auf der Vorderachse allerdings nicht verleugnen: Das Fahrzeug schiebt merklich über die Vorderachse, schnell quietschen die Reifen – auch wenn rein fahrdynamisch die Grenze noch längst nicht erreicht ist und das abschaltbare aber nicht abgeschaltete ESP still in sich ruht.
Sieben Zentimeter tiefer
Trotzdem, das muss sportlicher gehen. Tut es auch und zwar mit den neu entwickelten Benzinern. Auch wenn nur der größere 3,6-Liter auf den Namen "Turbo" hört, die Zusatzbeatmung hat auch der 3,0-Liter an Bord. Dessen 340 PS machen den Macan in Verbindung mit dem leichteren Motor schon mal zu einem sehr, sehr sportlichen SUV. Auch wenn sich das Fahrzeug akustisch arg zurückhaltend gibt. Die Beschleunigung geht mit 5,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h in Ordnung und auch die Spitzengeschwindigkeit von 254 km/h muss nicht bekrittelt werden. Und anderes als beim Diesel auch nicht an der Kurvenlage.
Natürlich beherrscht der 400 PS starke Turbo dieses Metier noch einen Tick besser. Aber ganz ehrlich: Der Fahrer wird dies im Alltag kaum merken. Man muss es schon auf höchste Geschwindigkeiten abgesehen haben (Vmax 266 km/h) oder gerne besonders brutal beschleunigen (4,8 s), um den Unterschied herauszufahren. Trotzdem: Hierzulande werden sich die mit Abstand meisten Käufer für einen Diesel, der größte Teil des Rests für den Turbo entscheiden. Angesichts eines Unterschieds von knapp 22.000 Euro beim Basispreis zwischen Macan S und Macan Turbo, fiele uns die Wahl zwischen beiden Aggregaten nicht schwer. Fahrspaß hat man in jedem Fall, auch wegen der idealen Sitzposition – sieben Zentimeter tiefer als beim Cayenne - hinter einem präzisen, exakt dimensionierten und schön anzufassenden Volant.
Da geht noch was
Gen-Spender für den Macan ist der Audi Q5, allerdings legt man bei Porsche Wert darauf, zwei Drittel aller Teile ausgetauscht oder zumindest angepasst zu haben. So verzichteten die Zuffenhausener zum Beispiel auf die Übernahme des Audi-Allradantriebs Quattro zugunsten einer eigenen Lösung, die bei allen Modellen serienmäßig an Bord ist. Genauso übrigens wie das Doppelkupplungsgetriebe PDK. Eine – von einigen Fans vielleicht vermisste – Handschaltung wird es in Verbindung mit diesen drei Motoren nicht geben. Vielleicht später, wenn eine Version mit Vierzylindern kommt. Die ist zwar eigentlich beschlossene Sache, bei Porsche sträubt man sich aber noch, dies offen zu sagen. Immerhin: Porsche-Chef Müller sprach schon von einem GTS. Aber wer Porsche kennt weiß, das so oder so noch einige Derivate folgen werden.
Der Macan ist aber ein SUV und muss daher mehr können, als sportlich-schnell und sicher um die Ecken zu wuseln. Zum Beispiel Raum bieten. Obwohl Baureihenleiter Hans-Jürgen Wöhler größten Wert auf die Unterschiede zum Audi Q5 legt und hinweist, dass zwei Drittel aller Teile angepasst wurden oder gleich ganz neu sind, beim Platzangebot schlägt die Verwandtschaft zwischen dem Ingolstädter und dem Stuttgarter/Leipziger am ehesten durch. Und das durchaus positiv: Der Macan bietet auf den Rücksitzen zwei Erwachsenen ausreichend Raum, der Kofferraum offeriert 500 Liter Ladevolumen, die durch Umlegen der dreifach im Verhältnis 40: 20: 40 geteilten Rücksitzbank auf 1500 Liter erweitert werden kann. Nicht schlecht für einen "Sportwagen".
Den Macan hat Designchef Michael Mauer in eine ansprechende Hülle verpackt. Er ist mit seinen typischen Scheinwerfern sofort als Porsche zu erkennen. Besonders auffällig ist die in den Kotflügel gezogene Motorhaube, die auch die Scheinwerfer umringt. Eine produktionstechnische aufwendige Lösung, durch die die Motorhaube komplett fugenlos wirkt. Seine Sportlichkeit unterstreicht der Allrader durch eine hohe Gürtellinie mit entsprechend wenig Glasanteil. Die abfallende Dachlinie trifft hinten auf eine breite Schulter, einen Dachspoiler und eine sehr stark geneigte Heckscheibe. Relativ schmale, breit verlaufende Heckleuchten mit individueller Nachtgrafik runden das gelungene Gesamtbild des neuen Porsches ab.
Quelle: ntv.de, sp-x