Prototypen vorgestellt Mehr Feuer für BMW M3 und M4
27.09.2013, 13:15 Uhr
Noch tragen der neue M3 und M4 Tarnkleider.
Mit den Prototypen seiner neuen M3 und M4 findet BMW zurück zum Konzept des Sechszylinder-Reihenmotors. Das hatte bereits die zweite und dritte Generation der Sportwagen-Ikone gekennzeichnet. Damals aber mit weniger Power und einem deutlich höheren Verbrauch. Auch sonst fehlten noch einige Innovationen, die die M-Modelle heute ganz nah an den Rundkurs bringen.
Es war nur eine Frage der Zeit, dass die hauseigenen Tuner von BMW die 3er Limousine und das neue 4er Coupé unter ihre Fittiche nehmen. In Maisach bei München, auf dem Testgelände von BMW, stellte die M GmbH jetzt erstmals die Prototypen der neuen Spitzenmodelle vor. Von außen an den entscheidenden Stellen noch mit Tarnfolie beklebt, ließen die Techniker in das, was die künftige Performance der beiden Spitzensportler ausmacht, die im kommenden Frühjahr in der fünften Generation auf den Markt kommen, tief blicken.
Hochdrehzahl-Konzept ohne Turboloch
Unter der mit Powerdomes bewährten Haube schlägt ein neu entwickeltes Herz: ein Reihen-Sechszylinder mit Bi-Turbo und Hochdrehzahl-Konzept, der satte 430 PS leistet und ein maximales Drehmoment von 500 Newtonmeter liefert. Damit überragt er den Wert des Vorgängers, der mit einem Achtzylinder befeuert wurde, um weit mehr als 30 Prozent. Wichtig sind aber für die Ingenieure nicht die Zahlen, sondern das Leistungsband, über das diese Performance abgerufen werden kann. So liegt die maximale Kraftentfaltung bereits bei einem Drehmoment von 2000 Umdrehungen an und bleibt bis 7500 Umdrehungen erhalten.
Um bei dem turbogeladenen Aggregat dem sogenannten Turboloch, also eben jener Gedenksekunde zwischen dem Tritt aufs Gaspedal und der folgenden Kraftentfaltung, zu entkommen, hat man den Zylindern eine zusätzliche Pumpfunktion zugewiesen. Ohne Kraftstoffeinspritzung und Zündung pressen die nämlich zusätzlich Luft in die Turbinen der Lader. Das reicht, um die Verdichter stets am Laufen zu halten. Tritt der Pilot jetzt spontan aufs Gaspedal, sind sie sofort zur Stelle. Bei ersten Testfahrten mit den DTM-Fahrern Bruno Spengler, Dirk Werner und Martin Tomczyk wird dann auch schnell der Beweis erbracht, dass weder Limousine noch Coupé Zweifel an ihrer Potenz zulassen.
Rennsportdynamik im Kurvenlauf
Beim Kickdown drückt es einen derart in die Polster, das für Sekunden die brachiale Wucht des Aggregats zutage tritt. Allerdings wird der Vortrieb sofort wieder durch einen heftigen Tritt auf die Bremse unterbrochen, um in eine scharfe Kurve zu schießen. Diese extreme Reduzierung der Geschwindigkeit besorgen Carbon-Keramik-Bremsen. Dass sich der Schreiber dieser Worte in diesen Momenten nicht in der Armatur verbeißt, ist nur dem Rückhaltesystem und dem selbst aufgebauten Gegendruck im Fußraum geschuldet. Beim Umfahren der Pylonen war das allerdings nicht mehr möglich. Die jetzt wirkenden Fliehkräfte sorgen aber für zwei Erkenntnisse: zum einen für die, dass die neu entwickelte elektro-mechanische Lenkung sehr präzise arbeitet und zum anderen, das die Verwindungssteifigkeit des Wagens enorm ist.
Die ist dem Umstand geschuldet, dass die Achsträger wie im Rennsport üblich direkt mit den Schwellern verschraubt sind. Zu einer höheren Steifigkeit des Vorderwagens tragen aber auch das Aluminium-Schubfeld, also die zusätzliche Verbindung zwischen Vorderachslenker und Bodengruppe, und die Motorraumstrebe, die im M3 und M4 aus kohlenfaserverstärktem Kunststoff (CFK) ist, bei. Aluminium-Werkstoff und Bauteile aus CFK haben das Gewicht neben Motor und Getriebe (jeweils minus zehn Kilogramm) um insgesamt weitere 60 Kilogramm im Vergleich zum Vorgänger verringert. Weitere Leichtbauteile senken nicht nur das Gewicht, sondern steigern die Spontanität des Antriebsstrangs. Denn auch die Kardanwelle - und das ist schon eine kleine Sensation - wird aus CFK gefertigt und leitet die Kraft dank exzellenter Verwindungssteifigkeit verlustfrei an die Hinterräder weiter.
Mit 1500 Kilogramm ein Fliegengewicht
Ebenfalls leichter als die Konstruktion im aktuellen BMW M3 ist die neue Mehrlenker-Hinterachse. Alle Lenker und Radträger sind in Aluminium-Schmiedetechnik gefertigt, was die ungefederten Massen der radführenden Bauteile gegenüber der aktuellen Modellgeneration um rund drei Kilogramm verringert. Das Dach aus Verbundwerkstoff spart nochmals zwei Kilogramm. Insgesamt bringen die Sportskanonen kaum noch mehr als 1500 Kilogramm Kampfgewicht auf die Waage.
Das geringe Gewicht bringt neben dem Motor-Downsizing natürlich auch Vorteile bei Emission und Verbrauch. Die M GmbH verspricht, dass sich beide Werte um 25 Prozent verringert haben. Gemessen an dem aktuellen M3, der mit 12,4 Litern auf 100 Kilometer ausgewiesen ist, wären das nur noch 9,3 Liter. Genaue Angaben macht BMW allerdings noch nicht. Sicher ist aber, dass die neuen M3 und M4 mit weniger als zehn Liter auf 100 Kilometer ausgewiesen werden und dabei deutlich weniger als 200 g/km an CO2 aus den Endrohren blasen.
Zwei Drosselklappen sorgen für den Sound
Doch was wäre ein M ohne einen entsprechenden Sound? Um den zu gewährleisten, wurden in der doppelflutigen Abgasanlage zwei Drosselklappen platziert. Werden im unteren Drehzahlbereich die Abgase in der Mitte in einem Kreuzstrom durch den Nachschalldämpfer gedrückt, finden sie ab 4500 Umdrehungen rechts und links über die Drosselklappen ihren Ausgang und sorgen für einen unverkennbaren M-Sound. Den sollen potenzielle Kunden aber nicht nur auf der Straße erklingen lassen, sondern auch auf der Rennstrecke. Genau dorthin will die M GmbH ihre Käufer mit dem Gesamtkonzept des M3 und M4 locken.
Um die M-Fahrzeuge auch auf dem Rundkurs zu Höchstleistungen zu bewegen, hat man sich auch der aerodynamischen Feinheiten angenommen. Die Form der Kofferraumklappe der Limousine wurde auch hier mit Hilfe von Kunststoffen so verändert, dass sie jetzt die Funktion eines Heckspoilers erfüllt und im schnellen Lauf den Druck auf die Hinterachse verstärkt. Außerdem wurde der Unterboden beider M-Modelle fast vollständig verkleidet. Das sorgt für einen höheren Abtrieb und ermöglicht durch die so erzeugte bessere Haftung der Reifen wesentlich schnellere Kurvenfahrten.
Auf jeden Fall sind die M-Modelle so nah am Alltag und an der Rennserie, dass man sich auf beiden Feldern mit den Fahrzeugen behaupten kann. Deutsche Käufer finden mit ihren Kraftprotzen zwar kaum den Weg auf den Rundkurs, verrät BMW, dürfen sich aber nach dem Kauf eines M3 oder M4 sicher sein, dass die Performance des Wagens auch den Dauerlauf über die Nordschleife überstehen würde. Apropos: Der aufmerksame Leser wird im Text die Parameter über die Höchstgeschwindigkeit und den Preis für die M-Modelle vermisst haben. Die gibt es auch noch nicht. Klar sei aber, so BMW, dass ab 250 km/h elektronisch abgeregelt wird. Wer die Driving Experience bei BMW absolviert hat, dem wird der Lauf dann auch weiter geöffnet. Wo hier das Ende liegt ist, noch geheim.
Quelle: ntv.de