Auto

Erste Eindrücke vom Serien-Ampera Nix für Hektiker

Unter Spannung: Die Marke mit dem Blitz sieht sich als Vorreiter der Elektromobilität.

Unter Spannung: Die Marke mit dem Blitz sieht sich als Vorreiter der Elektromobilität.

(Foto: n-tv.de/Busse)

An Schlagzeilen hat es Opel nicht gefehlt, nur leider ging es dabei selten um die Produkte. Das neue Modell Ampera könnte das ändern. Der Hersteller sieht sich schon als „europäischer Vorreiter in Sachen Elektromobilität“. Eindrücke von der ersten Probefahrt mit dem Serienauto.

Wenn die Produzenten PS-starker Sportwagen ihre Neuheiten der internationalen Fachpresse vorführen, wird oft in die Berge eingeladen. In schwungvollen Kehren lassen sich Längs- und Querdynamik am intensivsten erleben. Gerade die Abwesenheit von Bergen ist es, die Holland zu einem idealen Schauplatz für eine Ampera-Probefahrt macht: Ohne Steigungen hält die Batterie länger. Die Ergebnisse konnten sich durchweg sehen lassen. Zwischen 60 und 75 Kilometer wurden von den Testfahrern emissionsfrei zurückgelegt, bevor der Benzinmotor verhinderte, dass die Insassen immobil wurden.

Was als Funktionsprinzip von Hybrid-Autos schon hinlänglich bekannt ist, macht der Opel Ampera genau umgekehrt. Nicht ein Elektromotor wird zur Unterstützung des Verbrennungsaggregats eingesetzt, sondern der konventionelle Motor tritt als Energielieferant in Aktion, wenn die Batterieladung verfahren ist. Die als „Reichweiten-Angst“ bekannte Furcht von Autofahrern mit entleertem Akku meilenweit von einer Ladestation liegen zu bleiben, ist beim Ampera unbegründet – sofern man wie üblich vor Antritt der Fahrt die Benzin-Tankstelle aufgesucht hat.

Chef kündigt Gewinne für 2012 an

So sind die wichtigsten Antriebskomponenten positioniert: Das blaue "T" markiert die Batterie.

So sind die wichtigsten Antriebskomponenten positioniert: Das blaue "T" markiert die Batterie.

(Foto: Wieck)

Opel will mit diesem Auto, das in Europa fast zeitgleich auch als Chevrolet Volt auf den Markt kommen wird, aus dem Tal der Tränen herausfahren. "Wir werden 2012 deutliche Gewinne einfahren", sagt Karl-Friedrich Stracke, seit 1. Juni Vorstandsvorsitzender bei Opel. Als ehemaliger Entwicklungschef von General Motors hat er ein ganz besonderes Verhältnis zum Modell Ampera, denn die Vorbereitungen auf dessen Marktreife gehörten zu seinen wichtigsten Aufgaben. Ob das Elektrofahrzeug allerdings schon dazu taugt, zu einem positiven Betriebsergebnis bei Opel beizutragen, muss sich noch erweisen.

Die Vorzeichen stimmen optimistisch. Europaweit sind, so heißt es, rund 5000 Vorbestellungen eingegangen. In Deutschland wird im ersten vollen Jahr, also 2012, mit einem Absatz von etwa 3000 Exemplaren gerechnet. So zukunftsweisend das Konzept des Elektroautos mit Reichweiten-Verlängerer sein mag, so schwerwiegend ist der Makel, mit dem der Ampera zunächst antreten muss. Er ist im Vergleich zu anderen Fahrzeugen seiner Größe und Kapazität recht kostspielig. 42.900 Euro werden für den fünftürigen Viersitzer aufgerufen.

Der Fünftürer kan bis zu 80 Kilometer rein elektrisch fahren, dann tritt der Verbrenner in Aktion.

Der Fünftürer kan bis zu 80 Kilometer rein elektrisch fahren, dann tritt der Verbrenner in Aktion.

(Foto: n-tv.de/Busse)

Wer jetzt nachrechnet, dass ähnliche Autos konventioneller Bauweise auch schon für 10.000 Euro weniger zu haben sind, übersieht möglicherweise, dass der Ampera etwas hat, worüber die Wettbewerber nicht verfügen: Eine 160 Kilo schwere und 16 Kilowattstunden (kWh) speichernde Leistungs-Batterie. Die aktuelle Produktionstechnik ist derzeit in der Lage, Stromspeicher für eine Kilowattstunde zum Preis von etwa 600 bis 700 Euro herzustellen.16 kWh kosten also ziemlich genau die Preisdifferenz zwischen dem Ampera und zum Beispiel einem Insignia mit Zweiliter-Diesel und mittlerer Ausstattungslinie. Doch Karl-Friedrich Stracke ist optimistisch. Der Ingenieur geht davon aus, dass binnen der nächsten drei Jahre die Batterietechnik in der Lage sein werde, die doppelte Kapazität des heute Üblichen zum halben Preis herzustellen.

Mäusekino hilft bei Sparen

Vorerst müssen sich Ampera-Kunden noch mit maximal 80 Kilometern elektrischer Reichweite begnügen. Mehr als bei anderen Pkw kommt es dabei aber auf das Fahrverhalten des Nutzers an. Das enorme Drehmoment des 110 kW oder 150 PS starken Elektromotors von 370 Newtonmetern will zu kräftigem Beschleunigen verführen, doch bezahlen die Insassen den Sieg beim Ampelsprint mit schwindender Reichweite. Vernünftiger ist es, eine sanfte und vorausschauende Gangart zu wählen. Die Informationsquellen im Cockpit des Wagens helfen dabei mit.

Zwei große Monitore halten den Fahrer im Ampera auf dem Laufenden

Zwei große Monitore halten den Fahrer im Ampera auf dem Laufenden

(Foto: n-tv.de/Busse)

Auf zwei Monitoren wird alles dargestellt, was für die Elektro-Reise von Belang ist. Der zentral auf der Mittelkonsole platzierte Bildschirm wird meist für die Navigation genutzt, kann aber auch als Logbuch dienen, um Verbrauchswerte von Strom oder Benzin zu archivieren. Der Monitor hinter dem Lenkrad zeigt digital das Tempo sowie den Vorrat der verschiedenen Energiespeicher an. Eine wichtige Rolle spielt in diesem Mäusekino ein animierter grüner Ball, der die Effizienz der Fahrweise visualisiert. Im Mittelfeld seiner Skala teilt er eine ressourcenschonende Fahrweise mit, beim Beschleunigen wandert er nach oben, beim Bremsen nach unten. Letzteres zeigt an, dass jetzt die Bewegungsenergie des Fahrzeugs wieder in elektrische zurückverwandelt und die Batterie zusätzlich geladen wird. Ein spezieller Modus, der per Fahrhebel aktiviert wird, nutzt diesen Schubbetrieb noch besser aus. Da die dann eintretende Fahrzeugverzögerung aber schon fast vorsichtigem Bremsen gleicht, sollte Opel diesen Modus mit den Bremsleuchten koppeln.

Reichweite mehr als 500 Kilometer

Die Säule links zeigt Batterieladung und Reichweite an, der grüne Ball rechts mahnt zu effizienter Fahrweise.

Die Säule links zeigt Batterieladung und Reichweite an, der grüne Ball rechts mahnt zu effizienter Fahrweise.

(Foto: n-tv.de/Busse)

Vorsichtiges Beschleunigen, zartes Bremsen und dabei das Verkehrsgeschehen in 300 Meter Entfernung im Blick haben – der Ampera ist definitiv nichts für Hektiker. Vielmehr zähmt er den Wunsch nach sportlich-dynamischer Kurvenhatz und ersetzt ihn durch den Ehrgeiz, noch ein paar abgasfreie Kilometer mehr aus der Batterie heraus zu holen. Der spontane Wochenendausflug bleibt aber auch möglich, denn 35 Liter Benzin-Vorrat für den 1,4-Liter-Viezylinder sollen weitere 500 Kilometer erlauben. Der Motor treibt die Räder nicht direkt an, sondern lädt per Generator die Batterie auf, die weiterhin Quelle der Mobilität bleibt.

Umweltzonen und drohende City-Maut können den Ampera-Fahrer nicht schrecken, weshalb Opel den Wagen als ideales Pendler-Fahrzeug anpreist. Das erscheint einleuchtend, weil weder der nur über eine hohe Ladekante zugängliche Gepäckraum (310 – 1005 Liter) noch die mögliche Zuladung (268 Kilogramm) zu ausgiebigen Urlaubsreisen einladen. Vielmehr spekuliert Opel auf zwei Drittel bis drei Viertel gewerblicher Zulassungen, was Energie-Unternehmen, Behörden, Körperschaften oder andere auf umweltverträgliches Image bedachte Nutzer sein könnten. Wer seinen Ampera an der heimischen Steckdose lädt – Dauer maximal vier Stunden –, soll laut Opel-Beispielrechnung bei einer Jahreskilometerleistung von 15.000 Kilometer und einem Strompreis von 20 Cent je kWh etwa 3,20 Euro je 100 Kilometer Strecke ausgeben. Mit einem sparsamen Diesel wäre es bei aktuellen Tankstellen-Preisen etwa das Doppelte.

Quelle: ntv.de

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