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CLS Shooting Brake - "Braucht keiner?" Noble Kutsche mit Räuchereiche

Das spitz zulaufende Heck lässt den Wagen deutlich länger erscheinen als die Limousine.

Das spitz zulaufende Heck lässt den Wagen deutlich länger erscheinen als die Limousine.

(Foto: Axel F. Busse)

Klappt der Coup ein zweites Mal? Nach der coupéhaften Limousine CLS stellt Mercedes nun das kombihafte Coupé "Shooting Brake" vor. Eindrücke einer Ausfahrt mit Designchef Gorden Wagener.

Bis zur B-Saule ist der Shooting Brake mit dem Schwestermodell identisch.

Bis zur B-Saule ist der Shooting Brake mit dem Schwestermodell identisch.

(Foto: Axel F. Busse)

"Sowas braucht doch kein Mensch", war nur eine von zahlreichen ablehnenden Reaktionen, die das Konzept-Auto "Vision CLS" 2003 hervorrief. Doch Mercedes ließ sich nicht beirren, enthüllte ein Jahr später die Serienversion des viertürigen Coupés und begründete damit eine neue Pkw-Gattung. Das möchten die Stuttgarter mit dem jetzt vorgestellten CLS Shooting Brake am liebsten wiederholen - auch wenn der Name nicht so recht zu den historischen Vorbildern passen will.

In der Zeit der Pferdefuhrwerke war "shooting brake" eine offene Kutsche, die vorzugsweise zur Jagd verwendet wurde. Offen ist der neue Mercedes nicht. Im Automobilzeitalter nahmen zweitürige Pkw mit Heckklappe die Bezeichnung in Anspruch - so wie zum Beispiel der legendäre Volvo P 1800 ES von 1971. Der Mercedes hat vier Türen. Trotz dieser Differenzen hat das Auto gute Chancen, ein Erfolg zu werden. Schlüssel dazu ist die ungewöhnliche, aber ansprechende Formgebung.

Unter dem flachen Dach ist dennoch ein Gepäckvolumen von 1550 Litern zu verstauen.

Unter dem flachen Dach ist dennoch ein Gepäckvolumen von 1550 Litern zu verstauen.

(Foto: Axel F. Busse)

"Das Design ist je nach Markt und Fahrzeuggattung zu 30 bis 50 Prozent für die Kaufentscheidung des Kunden verantwortlich", ist Mercedes-Designchef Gorden Wagener überzeugt. "Über das Design inszenieren wir die Werte unserer Marke, im Premiumbereich gilt das noch stärker als in anderen Fahrzeugklassen." Der CLS habe seinerzeit branchenweit eine Initialzündung gegeben und auch seine Kollegen von anderen Marken inspiriert, erzählt Wagener. "Viele sagten: 'Danke, dass Ihr den CLS gemacht habt, jetzt können wir auch etwas gewagtere Ideen entwickeln.' Das macht uns auch ein Stück stolz".

Vorbild für künftige Neuerscheinungen

"Die Studie Vision CLS ist fast eins zu eins umgesetzt worden", erinnert sich Entwicklungschef Thomas Ruhl. Dieses Rezept kam auch beim Shooting Brake zur Anwendung. "Das fertige Auto trägt alle Merkmale einer Entwurfs-Zeichnung", sagt Designer Wagener, "jeder kennt diese Skizzen, die mit großen Rädern, breiten Schultern und flachen Fensterflächen Ausblicke auf künftige Modelle geben". Vorbild sein soll auch der Shooting Brake. Ausgestellte Radhäuser, eine nach oben schmaler werdende Kabine, das werde man in folgenden Baureihen ebenfalls zu sehen bekommen. "Bis 2016 haben wir alles fertig", schürt Wagener die Neugier auf die nächsten Mercedes-Neuerscheinungen. Den Bruch mit der Vergangenheit fasst er so zusammen: "Keil war gestern, das war die Formensprache der 90er Jahre".

Sehr schick, aber auch nicht billig: Der Ladeboden aus Kirschbaumholz.

Sehr schick, aber auch nicht billig: Der Ladeboden aus Kirschbaumholz.

(Foto: Axel F. Busse)

Der Shooting Brake sei nicht als Kombiversion des CLS zu verstehen, stellt Wagener klar, vielmehr sei das Auto "Raum in seiner schönsten Form". Und obwohl er kaum zwei Zentimeter länger ist als das coupéhafte Schwestermodell, sieht es durch das spitz zulaufende Heck deutlich länger aus. Für den Chefdesigner ist diese Linienführung ein Zitat des so genannten "Drop-Shape"-Designs, also einer dem Tropfen nachempfundenen Form, das vielen Autos der 30er Jahre zu eigen war.

Wer das flache Dach des neuen Mercedes sieht, kann sich kaum vorstellen, dass darunter Platz für fünf Personen nebst Gepäck sein soll. Doch selbst bei mehr als 1,80 Metern Körpergröße bleibt auf dem Rücksitz noch genug Platz über dem Scheitel, um auch mit Pudelmütze nicht am Dachhimmel anzustoßen. Hinter der Rückbank sind 590 Liter Kofferraum nutzbar – mehr als bei vergleichbaren Limousinen der oberen Mittelklasse. Wer die Rücksitze umlegt (das geschieht durch zwei raffiniert eingepasste Hebel beiderseits der Heckklappen-Öffnung), kann bis zu 1550 Liter Laderaum nutzen.

"Raum in seiner schönsten Form": Desginchef Gorden Wagener am Steuer eines CLS 63 AMG.

"Raum in seiner schönsten Form": Desginchef Gorden Wagener am Steuer eines CLS 63 AMG.

(Foto: Axel F. Busse)

Im Einzelfall wird man wohl aber lieber darauf verzichten, denn wer für 4700 Euro und fünfzig Cents extra den Holzladeboden aus amerikanischem Kirschbaum inklusive schwarzer Intarsien aus Räuchereiche bestellt, dürfte ein gesundes Interesse daran haben, die Makellosigkeit der offenporigen Oberfläche nebst Aluschienen so zu bewahren, wie sie geliefert wurde. Nicht umsonst lassen Bootseigener ihre teuren Planken auch nur mit Filzlatschen betreten.

Die Idee eines verlängerten Rückens für den CLS geisterte schon eine ganze Weile durch die Designerbüros bei Mercedes. Die Studie "Fascination" gab einen Ausblick auf eine zweitürige Version, die dann aber mit Rücksicht auf den eingeschränkten praktischen Nutzen wieder verworfen wurde.

557 PS für Kurzentschlossene

Der CLS Shooting Brake ist in fünf verschiedenen Motorisierungsvarianten erhältlich, drei Diesel und zwei Benziner. Die Leistungspalette reicht vom Vierzylinder des 250 CDI mit 204 PS bis zum 400 PS starken V8-Benziner im CLS 500 Blue Efficiency. Keiner dieser Motoren soll, zumindest nach dem EU-Normtest, mehr als zehn Liter Kraftstoff je 100 Kilometer benötigen. Mit 9,8 Litern ist die Allradversion des 500ers am nächsten dran, 0,6 Liter weniger verbraucht die Variante mit konventionellem Heckantrieb.

Auf den verlässt sich auch die leistungsstärkste Jagd-Kutsche, der CLS 63 AMG. Dort sind 525 PS am Werk. Wer noch mehr will, muss sich schnell entschließen, denn die Edition 1 verspricht für zusätzliche 11.126,50 Euro noch mal einen Nachschlag um 32 PS. Außer der Leistungssteigerung gibt es noch besonders edles Leder und Design-Verzierungen. Mit 348 Euro je Zusatz-PS stellt Mercedes sogar den Aufpreis in den Schatten, den Porsche für den Unterschied von Carrera und Carrera S berechnet. Sparmeister im Motorenprogramm ist der Vierzylinder-Doppelturbo im 250 CDI, der mit 5,3 Litern/100km getestet wurde.

Trotz eines Leergewichts von mindestens 1800 Kilogramm hinterließ auch der scheinbar nur mäßig motorisierte 250 CDI auf ersten Testrunden einen munteren Eindruck. Dank 500 Newtonmeter Drehmoment hat der einzige Reihenmotor im Programm keine Mühe, den Fünftürer zügig zu beschleunigen. Die serienmäßig luftgefederte Hinterachse trägt viel zum ausgewogenen und komfortablen Fahrgefühl bei. Nur im Stand gibt sich der Motor hörbar als Selbstzünder zu erkennen, unterwegs ist der Geräuschkomfort vorbildlich und der Durst überschaubar. Auf 100 km hochgerechnet zeigte der Bordcomputer 6,7 Liter an.

Beim Rangieren sind die kleinen Fenster und die abgerundete Heckscheibe wenig hilfreich, da wünschte man sich mehr Sicht. Also werden viele Kunden über die Bestellung einer Rückfahr-Kamera nachdenken, die mit einem Aufpreis von 476 Euro noch erschwinglich zu sein scheint. Leider aber kann dieses Ausstattungsmerkmal laut Preisliste nur in Verbindung mit dem Comand-online Navigations- und Entertainment-System geliefert werden, was die Freude über die vermeintlich günstige Anschaffung etwas trüben dürfte. Comand-online kostet 3117,80 Euro.

Nach Ansicht von Thomas Ruhl wird beim Shooting Brake "Funktionales mit Stil und Eleganz kombiniert". Der Luftwiderstandsbeiwert von 0,29 beweist, dass schnittiges Aussehen auch mit windschlüpfriger Form vereinbar ist. Der Supersportwagen SLS zum Beispiel bietet dem Wind mit 0,36 viel mehr Angriffsfläche. Der Einstiegspreis von 61.761 Euro für den 250 CDI wird beim CLS Shooting Brake für eine natürliche Auslese unter den Interessenten sorgen. Leistungshungrige greifen zum CLS 63 AMG, der mit 117.512,50 Euro in der Preisliste steht. Dessen Turboschubkraft ist besonders genussvoll, weil die Akustik des Vierfach-Auspuffs eine authentische Begleitmelodie gibt.

Quelle: ntv.de

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