Mit BMW M3 / M4 auf dem Rundkurs Noch mehr "M" im Doppelpack
10.05.2014, 11:24 Uhr
Die M3-Limousine zieht auf dem Rundkurs noch eine Idee schärfer ums Eck als der M4.
(Foto: Tom Kirkpatrick)
Gleich als Doppelpack tischt BMW im Juni ein neues "M"enü auf: Die Modelle M3 und M4 stehen in den Startlöchern. Reichlich Leistung und ein dynamisch geschneiderter Trainingsanzug liegen im Bereich des Erwartbaren, aber die Kunden müssen auch mit Verzicht umgehen lernen.

Der erste M3 hatte, als er 1986 auf den Markt kam, mehr Spoiler und mehr Motorkraft als jedes andere Auto in der Mittelklasse.
Zwar wird in den Bayerischen Motorenwerken behauptet, der Buchstabe M an einigen ihrer Personenwagen habe etwas mit Motorsport zu tun, doch die Wahrheit liegt doch eher woanders: Tatsächlich geht es nämlich um MEHR. Wer schon einmal ein solches Automobil fuhr, muss dem einfach zustimmen.
Ein augenfälliges "mehr" kennzeichnet schon die Geschichte des BMW M3, der mit der Einführung der neuen Modellbezifferung einen M4-Bruder als Coupé dazu bekommen hat. Der erste M3 hatte, als er 1986 auf den Markt kam, mehr Spoiler und mehr Motorkraft als jedes andere Auto in der Mittelklasse. Mit den folgenden Generationen kamen auch mehr Zylinder und ein größerer Hubraum hinzu. Vom ursprünglichen Vierzylinder-Sauger ging es über Sechs- bis zu Achtzylinder-Varianten, die als Hochdrehzahltriebwerk bis zu 420 PS leisteten.
Sechs statt acht Zylinder
An dieser Stelle müssen alte M3- und neue M4-Fans jetzt ganz tapfer sein: Zwar gibt es mit 431 PS noch eine kleine Schippe Leistung obendrauf, aber zwei Brennkammern sind einfach mal futsch. Der neue Motor, ein Reihen-Sechszylinder mit drei Litern Hubraum, verbindet nach Ansicht der Antriebsexperten der M-GmbH die Vorzüge von Turboaufladung und Hochdrehzahl-Konzept auf ideale Weise. Und ist dabei noch wirtschaftlicher. Von bis zu 25 Prozent Verbrauchseinsparung sprechen die Techniker, was einleuchtend erscheint, denn es fehlt ja ein Viertel Hubraum.
Zudem schwärmen sie von den Besonderheiten, die den Kunden im Normalfall gar nicht auffallen. Dass nämlich die beiden kleinen Turbolader mit einer Drehzahl von bis zu kaum vorstellbaren 190.000 Umdrehungen pro Minute die Luft zu den Zylindern schaufeln, während vorne das antreibende Abgas mit einer Temperatur von bis zu 1050 Grad Celsius heran strömt. Die beiden Lader werden mit einem maximalen Fülldruck von 1,25 bar gefahren – eher bescheiden im Vergleich zu den 4,4 bar, die im Formel-1-Motor von BMW 1969 entfesselt wurden. Helfer im Hintergrund ist der japanische Konzern Mitsubishi, von dem die Lader-Technologie stammt.
Schon eher von Bedeutung für die Insassen ist die Bereifung, die letztlich darüber entscheidet, ob die Sportlimousine oder das M4-Coupé den Weg einschlägt, den der Fahrer sich wünscht. Gemeinsam mit Michelin als Partner haben die Bayern Hochleistungsreifen entwickelt, die das Potenzial am besten auf die Straße bringen sollen. Die Pneus zeichnen sich durch eine optimierte Gummimischung aus, bieten in der Verformbarkeit Vorteile und in der Traktion. Bei Letzterem können sie sorgen zwischen nasser und trockener Fahrbahn unterscheiden, denn die Innenseite der Lauffläche weist andere technische Merkmale auf als die Außenseite, die für den trockenen Asphalt konzipiert ist.
Bissig, aber kontrolliert
Derart ausgerüstet, machen M3 und M4 auf dem Rundkurs eine blendende Figur. Bei ambitionierten Testfahrten auf der Rennstrecke gaben die Neulinge akustisch wie dynamisch eine eindrucksvolle Visitenkarte ab. Mit dem individuell wählbaren Fahrmodus, der beispielsweise Lenkung und Fahrwerk den Bedürfnissen und Gewohnheiten des Fahrers anpasst, kann der Wagen ebenso bissig wie kontrolliert um die Curbes gezirkelt werden. Spontane Kraftentfaltung wird spürbar, sobald der Drehzahlmesser sich der 2000er-Marke nähert. Dann drückt es vom Heck her mit 550 Newtonmetern, genug, um auch aus der langsamsten Haarnadelkurve mit Schmackes herauszuschießen.
Und weil man sich darauf verlassen kann, dass keine Elektronik irgendwelche Antriebskraft auf die Vorderachse leitet, können diese bayerischen Athleten durchaus mit dem Gasfuß gelenkt werden: Wenn das Heck zum Kurvenaußenrand will, genügen minimale Korrekturen an Pedalstellung und Steuerrad, noch bevor die Kontrolle über die Fuhre in Gefahr gerät. Auch beim etwaigen Untersteuern ist schnell wieder Grip da – nur die Lenkung leicht öffnen und der 431-PS-Bolide reagiert entspannt und ausgewogen. Das aktive Sperrdifferenzial sorgt dafür, dass das hintere äußere Rad bei der Linientreue aktiv mithilft. Ein weiterer Vorteil ist der wegen des verwendeten Carbon-Daches vergleichsweise niedrige Schwerpunkt des Gesamtfahrzeugs. Mit knapp unter 500 Millimetern liegt er zwar höher als etwa im BMW i8, jedoch niedriger als bei den meisten Wettbewerbsfahrzeugen.
Nichts für den Sparclub
Dass im direkten Vergleich der Viertürer noch eine Idee zackiger wirkt, mag daran liegen, dass wegen des leicht höheren Gewichts gegenüber dem Coupé ein modifiziertes Fahrwerk zum Einsatz kommt. In scharfen Kehren stützt es härter ab und vermittelt so einen hauchdünnen Dynamikgewinn. Gleichwohl werden wohl erneut mehr Kunden zum Coupé greifen, das zuletzt etwa 60 Prozent des Gesamtvolumens ausmachte. Beide Autos sind aber auch als zahme Reisewagen tauglich. Zwar ist die Spreizung der Fahrwerkseinstellung zwischen "Sport Plus" und "Comfort" auf teilweise erbarmungswürdigen Algarve-Landstraßen nicht so deutlich spürbar wie die Bezeichnungen es vermuten lassen, aber mit langen Übersetzungen im 7-Gang-Doppelkupplungs-Getriebe und entsprechend kommoden Drehzahlen lassen sich Verbräuche unter zehn Liternauf 100 Kilometer durchaus erzielen.
Selbst unter den Bleifuß-Bedingungen der Rennstrecke blieb der Durst hinter den Erwartungen zurück. Scharf gefahrene Runden mit Drehzahlen nah am roten Bereich und Tempi nahe 200 quittieren Sportwagen dieses Leistungspotenzials selten mit weniger als 20 Litern je Normdistanz. Der Bordcomputer des M4 warf bei diesen Versuchen 18,5 Liter aus – kein vorzeigbarer Wert im Sparclub, aber ein beachtliches Ergebnis beim dynamischen Rundenlauf.
Ab 71.500 Euro ist so ein Sportgerät zu erwerben. Die M3 Limousine fährt dann mit 6-Gang-Handschaltung vor, was in der vorigen Generation rund ein Viertel der Kunden haben wollten. Da die 7-Gang-Doppelkupplungs-Automatik souverän und pfeilschnell per Lenkradpaddel zu schalten ist, könnte sich dieser Anteil in Zukunft reduzieren. Aktives Differenzial, variable Lenkkraftunterstützung, M-Fahrwerk, Aerodynamikpaket, Sportsitze, LED-Scheinwerfer, Licht- und Regensensor sind im Einstiegspreis enthalten. Die optionale Carbon-Keramik-Bremse ist mit 7300 Euro zwar kostspielig, aber längst nicht so preisintensiv, wie sie zum Beispiel Audi oder Porsche machen. Neu im Angebot ist das Head-Up-Display, das für die Vorgängergeneration noch nicht verfügbar war. 76.100 Euro kostet das M4 Coupé mit dem automatischen Getriebe.
Quelle: ntv.de