Auto

Survival-Paket auf groben Stollen Porsche Cayenne Transsyberia

Von Axel F. Busse

Zuerst die gute Nachricht: Porsche bietet seinen Cayenne jetzt auch als Zweisitzer an. Die schlechte: Wenn die Autos in den Verkauf kommen, könnte schon der eine oder andere Kratzer dran sein. Diese Cayennes haben dann nämlich schon einiges hinter sich - knapp 6.200 Kilometer Schotterpiste, Geröllpfade, Wüste und Flussdurchquerungen.

Genau 26 Exemplare gibt es vom Porsche Cayenne S Transsyberia. Der Namenszusatz steht für den Umbau auf eine spezielle Rallyeaufgabe. Die vierte Wettfahrt dieser Art startete am Donnerstag in Moskau und endet 14 Tage später im mongolischen Ulanbataar. Dass Porsche sich überhaupt mit solch einer Herausforderung beschäftigt, hat einen einfachen Grund. In Zuffenhausen weiß man, dass das Auto ein Siegertyp ist - wir sind es schon gefahren.

Vergangenes Jahr bauten Jürgen Kern und Andrey Shevtsov sowie ein deutsch-spanisches Team aus privater Initiative ihre Cayennes um und starteten bei der Rallye Transsyberia. Am Ende belegten sie die ersten beiden Plätze. Außerdem, so Porsche-Sprecher Oliver Hilger, sei die Idee, die soliden Geländeeigenschaften des Cayenne auch bei sportlichen Events unter Beweis zu stellen, "aus verschiedenen Märkten immer wieder an uns herangetragen worden". So entschied man sich, den Cayenne S zum Rallye-Monster hochzurüsten - und als erstes flog die Rückbank raus.

Mit Seilwinde und Klappspaten

Gewicht ist hinderlich im Rennsport und so mussten auch noch andere Annehmlichkeiten dran glauben. Verkleidungen an Dach und Holmen - abmontiert. Innen an den Türen sind jetzt schmucklose schwarze Bleche, eine orangefarbene Schlaufe ersetzt den Griff zum Öffnen. Zentralverriegelung - Fehlanzeige. Seilwinde, Reservekanister, zwei Ersatzräder und eine voluminöse Werkzeugkiste nehmen den Rest des Platzes ein. Die Bedieneinheit für die Geländeuntersetzung wanderte in die Mittelkonsole, ihr fiel der Navi-Monitor zum Opfer. Zweimannzelt, Klappspaten und Bergegurt vervollständigen das Survival-Paket.

Die beiden Insassen ruhen in Leichtbau-Sportsitzen, wie sie sonst im Modell Cayman Verwendung finden. Rallye-Pilot Armin Schwarz, der einen der Transsyberia-Cayennes nach Ulanbataar steuert, ist das aber nicht genug. Er hat sich eine Rennschale einbauen lassen. Dort, wo sonst Fußmatten den Straßenstaub handgenähter Budapester auffangen, ist geriffeltes Stahlblech angeschraubt, das auch gut an Deck eines Schnellboots der Bundesmarine Verwendung finden könnte. Unverzichtbar ist der Sicherheitskäfig, der aus Rohren so dick wie Kinderarme zusammengeschweißt ist. Damit die Helme der Piloten nichts ans nackte Metall schlagen, sind dort Kunststoffpolster mit Kabelbindern befestigt.

Geradezu martialisch ist die Ausstrahlung des Exterieurs. Lufteinlässe an der Front wurden vergrößert und der Ansaugtrakt des Motors verändert. Jetzt kann an der Haube auf der Beifahrerseite ein Schnorchel montiert werden, der die mit 75 Zentimeter gemessene Wattiefe noch deutlich erhöht. Die dicken Spezial-Offroad-Reifen sitzen auf orangefarbenen Felgen, ein massiver Dachbügel hält Zusatzscheinwerfer. Die Heckklappe ziert ein gewaltiger Doppelflügel-Spoiler. Bug- und Heckblende sind aus Edelstahl, die Fahrzeugunterseite ist mit speziellen Planken gegen Beschädigung geschützt.

Penetrant singende Profilstollen

Im normalen Straßenverkehr kann sich dieser Cayenne ungefähr so gut verstecken, wie ein Grizzly im Waschbärgehege. Wer nicht von der Optik des Fahrzeugs gefangen wird, dreht sich unweigerlich nach dem Donnergrollen um, mit dem der Auspuff jeden Gasstoß beantwortet. Nur eine winzige Bewegung des rechten Fahrerfußes genügt, um den Wagen einen Satz vorwärts machen zu lassen. Das liegt an der verkürzten Übersetzung, die maximal 500 Newtonmeter Drehmoment noch spontaner an die vier Antriebsräder weitergibt.

Ab etwa 90 km/h vermisst niemand mehr ein Radio, denn das penetrant singende Abrollgeräusch der streicholzschachtelgroßen Profilstollen übertönt sogar den kernigen Motorsound. Trotz der groben Pneus ist das Fahrzeug leicht zu dirigieren. Bei Richtungswechseln ist nur deshalb erhöhte Aufmerksamkeit gefordert, weil der Überrollkäfig den Blick in Rück- oder Außenspiegel behindert. Die aktiven Stabilisatoren, die Porsche seit der neuen Cayenne-Generation anbietet und die die Neigung des Aufbaus minimieren, sind so modifiziert, dass sie bis zur Höchstgeschwindigkeit entkoppelt werden können. Das lässt im Gelände eine noch größere Achsverschränkung zu.

Schwer vorstellbar, welches topografische Hindernis diesen Cayenne an der Ankunft in der Mongolei hindern könnte. Doch eingedenk der Tatsache, das nicht nur freundlich gesinnte Zeitgenossen an sibirischen Pisten auf das Teilnehmerfeld warten könnten, wäre ein technisches Detail durchaus noch wünschenswert: Die Möglichkeit, die Türen von innen zu verriegeln.

Quelle: ntv.de

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