Sportwagen oder grüner Gleiter? Porsche Panamera Hybrid in Neuauflage
31.01.2017, 10:51 Uhr
Optisch unterscheidet sich der Hybrid natürlich nicht von einem Porsche Panamera mit Verbrenner.
(Foto: Michael Gebhardt)
Wirklich erfolgreich war die erste Version des Porsche Panamera Hybrid nicht. Kam man doch rein elektrisch nicht mal aus der Tiefgarage. Bei der Neuauflage sieht das etwas anders aus, weckt sogar sportliche Gefühle.
Was mussten Porsche-Fans nicht schon alles über sich ergehen lassen. Das über Jahrzehnte gut gepflegte Sportwagen-Portfolio wurde mit SUVs und einer Limousine angereichert, der Selbstzünder hielt Einzug, der Sauger wurde aufs Altenteil geschickt und dann ist auch noch der Vierzylinder aus der Versenkung aufgetaucht. Die Jüngeren murrten meist, nahmen es dann aber zähneknirschend hin, und stellten schließlich fest: Wenn Porsche drauf steht, ist auch Porsche drin. Egal, wie abwegig die Kombination auch wirken mag. Das bestätigt jeder, der schon mal mit dem weit über zwei Tonnen schweren Diesel-Cayenne unterwegs war.
Hybrid bislang kein Erfolgsmodell

Wie seine Brüder verzichtet auch der Porsche Panamera Hybrid auf den unschönen Buckel des Vorgängers.
(Foto: Michael Gebhardt)
Nun gehen die Zuffenhausener noch einen Schritt weiter, und bringt im Panamera einen Plug-in-Hybrid-Antrieb. Zugegeben, die Idee ist nicht ganz neu: Schließlich wurde schon der Vorgänger zum Teilzeitstromer. Litt aber als solcher unter einer minimalen elektrischen Reichweite und war beim besten Willen kein Erfolgsmodell. Auch der elektrifizierte Cayenne ist eher ein grünes Feigenblatt denn eine wahre Alternative zu Otto oder Diesel. Der neue Panamera mit Hybridantrieb könnte hingegen der Start in eine erfolgreiche Strom-Zukunft der Stuttgarter sein.
Zum Einsatz kommt die klassische Kombination aus Benziner und E-Antrieb. In Zahlen ausgedrückt heißt das: Ein doppelt aufgeladener 2,9-Liter-V6 entlässt 330 PS in die Freiheit und stellt 450 Newtonmeter Drehmoment bereit, der Elektromotor wirft seinerseits 100 kW (also 136 PS) und weitere 400 Newtonmeter in die Waagschale. Physik-Experten wissen, dass man die Werte nicht einfach so addieren darf, schließlich redet bei der Systemleistung auch noch der 14 kWh große Lithium-Ionen-Akku ein Wörtchen mit. Das bedacht, ergibt sich trotzdem eine Gesamt-Power von 462 PS und die bärige Kraft von 700 Newtonmetern, die dank des unverzüglichen Ansprechens der E-Maschine schon bei 1100 Touren anliegen und bis 4500 Kurbelwellenumdrehungen konstant bleiben.
Mehr Sportwagen als grüner Gleiter?

Das Aushängeschild für den grünen Sportler, sind die eben in dieser Fahrbe gehaltenen Bremssättel.
(Foto: Michael Gebhardt)
Auf den ersten Blick klingt das mehr nach Sportwagen als nach grünem Gleiter, und ja: Auch diesen Ansprüchen muss der Panamera 4 E-Hybrid gerecht werden. Schließlich trägt er stolz das Porsche-Loge, und wer im Sport-Modus unterwegs ist, profitiert mehr von der gemeinsamen Leistung der zwei Herzen als von ihrem Sparpotenzial. Legt man es drauf an, tun sich beide Antriebe immer zusammen und schicken ihren Kraft gebündelt über das Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe an alle vier Räder. Der Fahrer spürt den Tritt ins Kreuz deutlich und das immerhin 2170 Kilogramm schwere Fünfmeter-Schiff mit den neon-grünen Bremssätteln schnellt in knackigen 4,6 Sekunden auf Tempo 100. Damit ist der Panamera 4 E-Hybrid im Übrigen genauso schnell wie ein Basis-911er – nur klanglich kann es sein V-Motor mit dem Boxer nicht aufnehmen.
Wer sein grünes Gewissen beruhigen will, schaltetet in den Hybrid-Modus. Dann entscheidet der Computer, welcher der beiden Motoren gerade der Antrieb der Wahl ist: Nur elektrisch, nur der Benziner oder beide zusammen. Die Kooperation läuft, einmal in Fahrt, reibungslos und der Fahrer bemerkt das Anspringen des Ottos hauptsächlich wegen der sich ändernden Klangkulisse. Einzig beim Rangieren und langsamen Heranfahren an die Ampel sind sich beide Motoren manchmal nicht ganz einig, wer das Sagen hat, was in einem leichten Ruckeln endet. Spätestens wenn die ersten Fahrzeuge im April in Kundenhand übergeben werden, soll dieses Problem aber beseitigt sein, verspricht Porsche.
Ruckelfrei im E-Modus
Am beeindruckendsten – und völlig ruckelfrei – ist der Panamera im E-Modus. Dann stromert die Limousine so weit wie möglich ohne den Verbrenner anzuwerfen und surrt dabei leise vor sich hin. Vorausgesetzt, man stellt den künstlich erzeugten Sound ab – was dringend zu empfehlen ist. Mit reichlich Drehmoment flitzt der schwere Porsche beim Ampelstart davon, gleitet mühelos durch den Stadtverkehr und sogar über die Autobahn. Maximal 140 km/h schafft der Panamera ohne einen Tropfen Benzin zu schlucken, und mit vollen Akkus sind auch gut 40 Kilometer Reichweite kein unrealistischer Wert. Nur um die von Porsche angegebenen 51 Kilometer tatsächlich komplett auszureizen, braucht man schon einen ziemlich trägen rechten Fuß. Für diese Gangart macht der E-Modus aber eindeutig viel zu viel Spaß!
Den Stromverbraucht gibt Porsche mit 15,9 kWh pro 100 Kilometer an, der kombinierte Benzinverbrauch soll bei 2,5 Litern für dieselbe Strecke liegen. Das ist natürlich utopisch und schon in der Theorie nur auf den ersten 100 Kilometern machbar, und zwar nur dann wenn der Akku am Beginn komplett voll ist, man den Benziner wirklich nur auf den letzten 49 Kilometern braucht und die natürlich äußerst gemütlich nimmt. Um das Kunststück, sollte man es tatsächlich vollbringen, auf den nächsten 100 Kilometern wiederholen zu können, müsste man also erstmal Strom tanken: Das dauert an der Haushalts-Steckdose knapp sechs Stunden, mit optionalem 7,2-kW-On-Board-Lader nur gut dreieinhalb – auf längeren Etappen jedenfalls ist es nicht praktikabel. Wer auf der Urlaubsfahrt oder Geschäftsreise nach aufbrauchen des Strom-Vorrats im Hybridmodus unterwegs ist, wird in Summe also einen Wert zwischen sieben und zehn Liter einfahren; im Sportmodus sind auch mehr machbar.
In der Praxis allerdings könnten die meisten Panamera-Kunden tatsächlich weite Strecken völlig Öl-frei zurücklegen können. Denn die wenigsten Autofahrer schaffen am Tag mehr als 40 Kilometer; die durchschnittliche Fahrleistung liegt deutlich darunter. Wer den Porsche jeden Abend brav auflädt, wird nur selten an der Tankstelle anzutreffen sein. Schade nur, dass dazu immer noch das Kabel eingestöpselt werden muss. Eine induktive Ladefunktion hat Porsche bislang noch nicht vorgesehen, vielleicht kommt die ja mit dem Facelift in ein paar Jahren.
Quelle: ntv.de