Geburtstags-Treffen der Spezialisten Range Rover für alle
16.07.2010, 12:56 Uhr
Dreiachsiger Feuerwehr-Range-Rover: In Portugal trafen sich historische Umbauten des Klassikers.
Wenn man an luxuriöse Geländewagen denkt, kommt man sofort auf den Erfinder dieses Segments: den Range Rover. In diesen Tagen feiert der ultimative automobile Schlammbewältiger seinen 40. Geburtstag. Aber schon bei seinem Debüt, Anfang der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, war der Nobel-Offroader uneingeschränkt gesellschaftsfähig. Tagsüber wühlte er sich nahezu mühelos durchs gröbste Gelände und abends, nach einer ausgiebigen Dusche, war er gern gesehener Gast zum Beispiel vor dem Royal Opera House in der Londoner Bow Street, nordöstlich des Piccadilly Circus.
Aber eigentlich startete der Range Rover unter dem Namen VELAR. Das steht für V8 Land Rover (V Eight LAnd Rover) und war ein Deckname für das Projekt. Es war damals selbstverständlich, dass ein Achtzylinder unter die mächtige Haube gehört. Und ohne diesen legendären V8, der erstens eigentlich für Rennboote bestimmt und zweitens auch damals schon aus Aluminium war, wäre der große Welterfolg wohl ausgeblieben.
Treffen der Umbauten
Ebenfalls zum großen Erfolg trug die fast unbegrenzte Vielseitigkeit des britischen Allraders bei. Schnell erkannten unter anderem das Militär, die Polizei, die Feuerwehr, die Queen und der Papst wie angenehm so ein Range Rover auch fürs Berufliche sein kann, wenn man ihn für ihre jeweiligen Zwecke umbauen würde. Jetzt, zum runden Jubiläum, trafen die historisch wertvollen Einzelstücke teilweise unrestauriert und im Originalzustand von anno dazumal wieder aufeinander - mitten in Portugal, etwa 150 Kilometer östlich von Porto. Und alle Fahrzeuge sind erstaunlicherweise fahrbereit, die Achtzylinder springen schon bei der ersten Schlüsselumdrehung an, brabbeln sonor wie am ersten Tag. Bei staubigen 36 Grad im Schatten - meistens ohne Klimaanlage, dafür aber mit zerschlissenen Sitzen ohne Kopfstützen - geht’s mit jedem einzelnen auf die anspruchsvolle Runde durch die Weinberge, dort, wo der berühmte Portwein noch als Traube an den Reben reift.
Am Anfang steht ein echter Klassiker: das damals in der Basisversion 2.134 britische Pfund teure Alaska-Kap Hoorn-Expeditionsfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen VXC 868K. Von Dezember 1971 bis Juni 1972 durchquerte der Dreitürer mit dem 130 PS starkem V8 (3,5 Liter Hubraum) den gesamten amerikanischen Kontinent (27.500 Kilometer). Sogar die als undurchdringlich geltende Darien-Lücke (Darien-Gap) in Panama wurde mit Hilfe von Militärs, Hubschraubern und zahlreichen im Dschungel hausenden Indios gemeistert. Zur Sonderausstattung gehörte ein gewaltiger Frontbügel, der aus zwei übereinander geschweißten Standard-Stoßstangen bestand, darüber hinaus Zusatzscheinwerfer, Dachgepäckträger und zwei Aluleitern. Und auch bei der aktuellen Probefahrt gab es kein ernstzunehmendes Hindernis für dieses Abenteurermobil.
24 Stunden mit 163 km/h im Schnitt
Ebenfalls unverwüstlich ist der "Beaver Bullet". Dieser Range Rover aus dem Jahr 1985 hat unter der Haube einen Vierzylinder-Diesel (2,3 Liter Hubraum) mit 82 kW/112 PS. Mit diesem weißen, rechtsgelenkten Fünftürer wurden sage und schreibe 27 Weltrekorde gebrochen. Unter anderem fuhr dieses Fahrzeug 24 Stunden auf einer Rennstrecke mit Höchstgeschwindigkeit, im Schnitt 163,89 km/h. Nur zum Tanken und für Fahrerwechsel wurde alle zwei Stunden für 30 Sekunden angehalten. Da dieser Rekord ohne Probleme verlief, war die Zuverlässigkeit der Dieselmotoren auch aus Sicht der Briten bewiesen und der Durchbruch für die Selbstzünder geschafft. Auch heute fährt der "Bullet", Kennzeichen B378 TAC, zuverlässig über Stock und Stein.
Spektakulär ist der dreiachsige Feuerwehr-Range-Rover von 1973, Kennzeichen SRW 71ZM. Die Firma Carmichael Custom Cars hat von 1972 bis 1991 entsprechende Rettungsfahrzeuge gebaut. Es gab sie als Zwei- und Viertürer, als Rechts- und Linkslenker. Viele wurden auf Flughäfen eingesetzt. Der hier zu fahrende Spezial-Range-Rover hatte seine Einsätze bei der Rhätischen Bahn in der Schweiz. Insgesamt 48.000 Kilometer stehen als Fahrleistung des Achtzylinders (95 kW/130 PS, 3,5 Liter Hubraum) auf dem Kilometerzähler. Auf einer Auktion in Jahr 1996 holte Richard Bedall den Dreiachser zurück nach England.
Der letzte der ersten Generation
Nicht viel mehr als zwei Achsen, Motor, Sitz und Lenkrad hat ein fahrbares Chassis, verständlicherweise ohne amtliches Kennzeichen. Drei dieser spartanischen Exemplare wurden zu anschaulichen Werbezwecken für den allerersten Range Rover 1970 gebaut. Unter der Haube kann man hier nun wirklich nicht sagen, aber vor dem Lenkrad werkelt der gleiche klassische 3,5-Liter-V8 mit 95 kW/130 PS. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei luftigen 159 km/h. Der kreisförmige Überrollbügel und ein Sturzhelm sollen im Fall der Fälle für Sicherheit sorgen. Mit viel Respekt und etwas vorsichtiger als mit den anderen Oldies kann auch hiermit durch die staubigen Weinberge geholpert werden. Ein echter Spaß "ohne alles" zu fahren.
Natürlich nicht langweilig, aber schon etwas gewöhnlicher ist dagegen die Fahrt im rechtsgelenkten "last classic built" von 1996. Der wirklich letzte von 317.615 Range Rover der ersten Generation, der je gebaut wurde - am 9. Februar 1996 lief er vom Band. Kennzeichen: N901 WHP. Der Motor, natürlich ein V8-Benziner, holt seine 133 kW/182 PS aus 3.947 Kubikzentimetern Hubraum. Die Höchstgeschwindigkeit liegt hier bei 175 km/h. Die finale Edition bestand zum 25. Range-Rover-Geburtstag aus 25 vollausgestatteten Sondermodellen. Jedes Exemplar kam mit einem eigenen Zertifikat und einem speziellen Präsentationsbuch. Der Preis: glatte 40.000 britische Pfund.
Nobel-Dienstwagen für die Polizei
Über das vierfache kostete 1997 ein spezieller Polizeiwagen - Kennzeichen P628 WNL und mit viel Bling-Bling und Horn auf dem Dach. Allerdings wurden wegen der hohen Anschaffungskosten nur wenige dieser gepanzerten Range Rover II für die Ordnungshüter gebaut. Neben der britischen Polizei freuten sich die Uniformierten in Belgien, Holland, Liechtenstein, der Schweiz, Zypern, Norwegen und Australien über den Nobel-Dienstwagen. Der vordere Teil des Wagens hatte festeingebaute, kugelsichere Fenster. Auch die Türen hielten Projektile bis zum Gewehr-Kaliber .308 fern. Falls einmal kriminelle Passagiere auf der Rückbank mitfahren durften, konnte diese nicht die Türen öffnen. Sie waren mit Spezialschlössern gesichert. Trotz des immensen Zusatzgewichtes fährt der rechtsgelenkte Polizei-Range-Rover auch im Gelände ohne Fehl und Tadel.
Nicht gepanzert ist hingegen der einmalige Winke-Winke-Wagen für die Queen. Das royale Oberhaupt und ihre Familie standen auf der hinteren Plattform des "Royal Review" von 1974. Dieser offene Range-Rover hat kein amtliches Kennzeichen. Der Motor ist der bekannte 3,5-Liter-V8 - das reicht für eine Höchstgeschwindigkeit von 146 km/h. Damit die Königlichen auch beim Ein- und Aussteigen durch die Hecktür nicht von Auspuffgestank belästigt wurden, hat man die Rohre nach vorn verlegt und zur Extra-Lärm-Dämmung weitere Schalldämpfer eingebaut. Falls die royalen Beine vom Stehen ermüdeten, standen vier Klappsitze zur Verfügung. Durch die großflächigen Glasscheiben konnte dann auch sitzend Huldigungen entgegengenommen werden. Um auf das typische britische Wetter gut vorbereitet zu sein, gibt es zwei Fächer mit großen, verstärkten Regenschirmen. Auch dieser rechtsgelenkte Range Rover fährt sich auf und abseits der Straße wie jeder andere Range der ersten Generation. Fast gleichgültig, welche Auf- oder Umbauten vorgenommen wurden - die Fahreigenschaften blieben immer gleich gut.
Quelle: ntv.de, sp-x