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Biosprit-Chaos in Deutschland Schwarzer Peter geht weiter

Und jetzt?

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(Foto: dpa)

Vor dem morgigen "Benzin-Gipfel" hält das Chaos um den neuen Biosprit E10 an. Die Bauern kritisieren die Mineralölwirtschaft, die gibt den Schwarzen Peter weiter an die Autohersteller und an die Politik. Der ADAC verlangt eine zentrale Information für Autofahrer, ob ihr Auto den neuen Sprit verträgt.

Das Schwarze-Peter-Spiel um den neuen Kraftstoff mit erhöhtem Biosprit-Anteil geht weiter. Die Mineralölwirtschaft fordert die Abschaffung der Strafzahlung bei Nichterfüllung der Bio-Quote. "Niemand darf dafür bestraft werden, dass Autos kein E10 vertragen und deshalb die Bio-Quote einfach nicht erfüllt werden kann", sagte Klaus Picard, Chef des Mineralölwirtschaftsverbandes, der "Bild"-Zeitung. "Die Strafzahlung muss abgeschafft werden."

Dagegen hält Bundesumweltminister Norbert Röttgen an der Tauglichkeit von E10 fest. "Fast alle Autos vertragen das neue Benzin", sagte er der "Saarbrücker Zeitung".

Außerdem habe die Bundesregierung dafür gesorgt, "dass die rund sieben Prozent älteren Modelle, die es nicht vertragen, unbefristet weiter das alte E5 tanken können", betonte Röttgen. Beim "Benzingipfel" gehe es darum, "die Verunsicherung beim Verbraucher gemeinsam abzubauen".

Bauern: Mineralölwirtschaft ist schuld

Eine leere Anzeigetafel für den neuen Biokraftstoff E10 an einer Tankstelle in Duisburg.

Eine leere Anzeigetafel für den neuen Biokraftstoff E10 an einer Tankstelle in Duisburg.

(Foto: dpa)

Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner, sprach von einer "unzureichenden Kommunikation" der Mineralölwirtschaft über E10. Es liege nun an der Branche, ihre Hausaufgaben schnellstmöglich nachzuholen.

Der Mineralölwirtschaftsverband gibt den Schwarzen Peter weiter an die Automobilhersteller und an die Politik. "Wir sind nicht in der Lage, eine kompetente Auskunft zu geben", sagte Picard im Bayerischen Rundfunk. Bei Problemen könnten deshalb nur die Hersteller haften.

Die Mineralölwirtschaft sieht er in einer undankbaren Situation: "Wir müssen die Vorgaben der Politik gegen den Wunsch der breiten Bevölkerung umsetzen." Problematischer als der Informationsmangel sei die fehlende Akzeptanz von E10. Den ökologischen Nutzen des Biosprits nannte Picard "sicherlich gering".

Auch die Grünen bezweifelten die Klima-Bilanz des neuen Kraftstoffs. "E10 heißt ja nur, dass für eine bestimmte Spritsorte 10 Prozent Agro-Kraftstoffe beigemischt werden, und die haben zum Teil eine fragwürdige Öko-Bilanz", sagte der Grünen-Verkehrspolitiker Winfried Hermann bei n-tv. Der CO2-Einspareffekt hänge "sehr davon ab, wie das Ganze hergestellt worden ist".

"Benzingipfel" am Dienstag

Am Dienstag wollen Politik und Wirtschaft nach Wegen suchen, um das Vertrauen der Verbraucher in den neuen Kraftstoff zu stärken. Bislang ist die Nachfrage an den Tankstellen sehr gering.

Am "Benzingipfel" nehmen neben Röttgen Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP), Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) und Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) sowie Vertreter der Wirtschaft und von Verbraucherorganisationen teil - Automobilverbände, die Autoclubs ADAC und AvD, Verbände der Mineralölwirtschaft, die Bioethanol-Branche, der Bauernverband und die Verbraucherzentralen.

Die Ölbranche muss 6,25 Prozent ihres Kraftstoffes, gemessen am Energieinhalt, aus pflanzlicher Produktion verkaufen, sonst drohen hohe Strafen. Die Strafzahlungen für eine Rückkehr zum alten Super mit fünf Prozent Ethanol würde etwa 2 Cent pro Liter betragen. Die Konzerne haben bereits angedeutet, dass die Strafzahlung auf den Spritpreis aufgeschlagen würde. Gewinner wäre mit zusätzlichen Millioneneinnahmen ausgerechnet der Staat.

ADAC fordert Super-Alternative

Der Automobilclub ADAC wiederum kritisierte, die Mineralölwirtschaft habe kaum oder keinen Alternativkraftstoff für Autofahrer bereitgehalten. "Das heißt, der Verbraucher konnte, wenn er verunsichert war, eigentlich nur auf Super Plus umsteigen", sagte der Leiter des ADAC-Technikzentrums, Reinhard Kolke, im ZDF. Kolke forderte die Mineralölwirtschaft auf, eine Bestandsschutzsorte in der Qualität Super für die Autofahrer bereitzuhalten.

Zudem solle das Kraftfahrt-Bundesamt jeden Autofahrer schriftlich und verbindlich informieren, ob sein Auto mit E10 betankt werden kann oder nicht. Auch Wirtschaftsminister Brüderle hält dies für eine Möglichkeit.

ADAC: Sorge ist unbegründet

Nach Angaben des Branchenverbandes VDA vertragen 93 Prozent der Autos in Deutschland den neuen E10-Sprit, bei den Autos deutscher Hersteller sind es 99 Prozent.

Eine Verschiebung der Biosprit-Einführung, wie von der FDP gefordert, hält ADAC-Experte Kolke nicht zwingend für notwendig. Er entkräftete zudem Expertenstimmen über mögliche Gefahren des neuen Biosprits in Deutschland. "Die Sorge der Deutschen ist unbegründet", sagte Kolke und warnte davor, Verschwörungstheorien von "selbst ernannten Experten" aufzugreifen. "Da werden die wildesten Geschichten erzählt."

BMW: E10 für alle Modelle in Ordnung

Nach einem vielbeachteten Interview des Leiters der BMW-Mechanikentwicklung zur Verträglichkeit des neuen Sprits stellte der bayerische Autobauer am Sonntagabend klar: "BMW unterstützt die Einführung von E10-Superkraftstoff in Deutschland." An den technischen Bewertungen, die während des Gesetzgebungsverfahren für Europa und Deutschland getroffen wurden, habe sich nichts geändert, teilte BMW-Sprecher Bernhard Ederer mit.

"Die Aussagen von Herrn Brüner zum Thema E10-Verwendung für BMW-Fahrzeuge bezogen sich ausdrücklich nicht auf Länder mit Kraftstoffqualitäten wie die in der EU verwendeten, sondern auf Länder mit deutlich minderwertigen Kraftstoffqualitäten", sagte Klaus Draeger, Entwicklungsvorstand der BMW Group. Die "Welt am Sonntag" hatte Thomas Brüner mit dem Verdacht zitiert, dass Motoren durch E10 stärker als bisher bekannt in Mitleidenschaft gezogen werden könnten. Daher könne es sein, dass Ölwechselintervalle verkürzt werden müssten.

Draeger betonte dagegen erneut, "dass grundsätzlich in allen BMW-Pkw-Modellen sämtlicher Baujahre der unbedenkliche Einsatz von E10 Kraftstoffen möglich ist". Einige wenige ältere BMW-Fahrzeuge benötigten aus Gründen der Klopffestigkeit den Kraftstoff Super Plus ROZ 98. Diese eigneten sich daher unabhängig vom Ethanolgehalt nicht für Superkraftstoff. Eine entsprechende Aufstellung habe der ADAC am 1. März veröffentlicht.

Quelle: ntv.de, hvo/dpa

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