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Diesel-Offensive von Audi in den USA Selbstzünder als Saubermann

Stattliche Erscheinung: Im Vergleich mit den US-Produkten sind die Dimensionen des Q7 jedoch nur Mittelmaß.

Stattliche Erscheinung: Im Vergleich mit den US-Produkten sind die Dimensionen des Q7 jedoch nur Mittelmaß.

(Foto: Textfabrik/Busse)

Die älteren unter uns Autofahrern werden sich noch erinnern: Dieselmotoren sind zuverlässig, aber leistungsunwillig, sind laut und stinken. Gar nicht so lange her. Heute unterbieten moderne Motoren sogar die CO2-Emissionswerte von Benzinern. Probefahrt mit einem Motor, den man in Europa noch nicht braucht.

2014 tritt in der EU eine weitere Verschärfung der Abgasnormen für Pkw in Kraft. "Euro 6" lautet dann die Kennzahl, die schon seit Jahren die Entwicklungsabteilungen der Konzerne beschäftigt. Die bei der Dieselverbrennung entstehenden Stickoxide werden dann noch stärker als bisher geächtet. Wer dann nicht den richtigen Selbstzünder fährt, kann Probleme bekommen. Eines der Fahrzeuge, die mittels spezieller Zusatztechnik auf die Verschärfung vorbereitet sind, ist der Audi Q7 3.0 TDI clean diesel.

Bekanntlich wurde das Ingolstädter SUV wegen seiner üppigen Maße oft als Lkw verunglimpft. In einer Hinsicht zeigt der Großraum-Allradler tatsächlich Gemeinsamkeiten mit Lastwagen oder Omnibussen. Bei diesen Nutzfahrzeugen wird bereits seit Jahren die so genannte Ad-Blue-Technik angewandt, die auch diesen Audi befähigt, selbst unter den strengen Umweltgesetzen Kaliforniens am öffentlichen Straßenverkehr teilzunehmen.

Sauberer Diesel verkauft sich gut

Nicht nur eine hoch effiziente Verbrennung, sondern vor allem eine raffinierte Abgasnachbehandlung ist dafür verantwortlich, dass der Audi die Zulassung für alle US-Bundesstaaten bekam. In der Ingolstädter Führungsetage ist die Ansicht sehr verbreitet, die Massen der US-Privatfahrer zur Dieselnutzung bekehren zu wollen. Auch die beiden anderen deutschen Premiumhersteller versuchen das, wenngleich die einst ausgerufene PR-Allianz der drei wieder sang- und klanglos unterging. Auf das Dieselthema wurden viele US-Verbraucher erst so richtig aufmerksam, als die Spritpreise jenseits des Atlantiks vielerorts die fünf-Dollar-Marke geknackt hatten. Inzwischen sind die Preise wieder abgesackt.

Stichwort Clean Diesel: Schon jeder zweite in den USA verkaufte Q7 verfügt über diese Technik.

Stichwort Clean Diesel: Schon jeder zweite in den USA verkaufte Q7 verfügt über diese Technik.

(Foto: Textfabrik/Busse)

Audi kann recht zufrieden sein mit der Nachfrageentwicklung in den USA. Derzeit wird außer dem Q7 noch das Modell A3 angeboten. Auch wenn die absoluten Zahlen im Vergleich zu den Dieselverkäufen in Europa noch recht bescheiden sind, kann sich der Vertrieb von Audi North America über erstaunliche Zuwachsraten freuen. Jeder zweite in den USA verkaufte Q7 wird bereits mit Clean-Diesel-Technik bestellt, und das in einem Markt, der wie kein zweiter fette V8-Benziner liebt. Jeff, ein Autohändler aus Los Angeles, freut sich: "A3 und Q7 laufen gut, wir könnten noch mehr verkaufen, wenn wir sie denn bekämen". Miguel aus Monterey in der Nähe von San Francisco hat ähnliche Erfahrungen gemacht: "Sie sind kaum auf dem Hof, da sind sie auch schon verkauft".

Diesel hat in USA noch immer ein Imageproblem

Das ist um so erstaunlicher, als das Diesel-Image für weite Teile der Auto fahrenden dortigen Bevölkerung immer noch mit öligen Pfützen auf dem Hinterhof der Tankstellen in Verbindung gebracht wird. Das Selbstzünderprinzip ist den "Trucks", den großen Lastzügen vorbehalten, von moderner Direkteinspritztechnologie, vorbildlichen Abgaswerten und großartiger Reichweite wollen viele US-Kunden noch nichts wissen.

Neben dem Einfüllstutzen für den Diesel-Kraftsstoff befindet sich die Nachfüllöffnung für das Additiv.

Neben dem Einfüllstutzen für den Diesel-Kraftsstoff befindet sich die Nachfüllöffnung für das Additiv.

(Foto: Textfabrik/Busse)

Tatsache ist, dass man in Amerika nicht überall Dieselkraftstoff bekommt. Eine Erfahrung dieser Testfahrt ist, dass zum Beispiel die Tankstellen großer Konzerne nicht so gut mit dem Dieselsprit bestückt sind wie etwa in Europa. Zum Beispiel die Firma Shell, die sich hierzulande durch Produkte wie V-Power und Fuel-Save-Diesel gern als fortschrittliches Versorgungs-Unternehmen darstellt, bietet an den Tankstellen im Westen der USA den Dieselkraftstoff nur an ausgesuchten Zapfstellen an.

Die Kundschaft tankt stattdessen an den Säulen freier Anbieter oder kleinerer Ketten, von denen es Dutzende gibt. Da Diesel in den USA im Gegensatz zu Deutschland keinen Steuervorteil genießt, müssen die Tankstellen-Pächter den Treibsaft teurer anbieten als Benzin. Für den Kunden rechnet sich das trotzdem, denn die Reichweite ist im Schnitt deutlich größer als bei einem vergleichbaren Benzinauto.

Stickoxide werden aufgespalten

Und so funktioniert die Technik, die einen Dreiliter-Q7 zu einem Umweltvorbild machen kann: Die modifizierte Common-Rail-Einspritzanlage, die bis zu 2.000 bar Druck aufbaut, wird ergänzt durch innovative Brennraumdrucksensoren und eine besonders leistungsfähige Abgasrückführungsanlage. Sie sorgen für eine hocheffiziente Verbrennung, bei der nur geringe Rohemissionen entstehen.

Am Pacific Coast Highway gibt es über rund 100 Kilometer keine einzige Dieseltankstelle.

Am Pacific Coast Highway gibt es über rund 100 Kilometer keine einzige Dieseltankstelle.

(Foto: Textfabrik/Busse)

Am Ende des Abgasstrangs befindet sich obendrein ein so genannter DeNox-Katalysator, der für die Verminderung der Stickoxide zuständig ist. Unmittelbar vor diesem Bauteil spritzt eine Pumpe ein wässriges Additiv ein, für die Harnstofflösung wurde die Bezeichnung "AdBlue" erfunden. Eine chemische Reaktion im heißen Abgasstrom ist die Folge: Die Lösung zerfällt zu Ammoniak, der die Stickoxide in Stickstoff und Wasser aufspaltet. Der Vorratsbehälter für AdBlue fast 23 Liter und ist damit so dimensioniert, dass der Fahrer sich um das Nachfüllen des Additivs nicht kümmern muss. Das übernehmen die Audi-Partner im Rahmen der Service-Intervalle.

Dass Q7-Fahren in den USA so ganz anders ist als in Deutschland, hat nur bedingt mit der Motortechnik oder den Spritpreisen zu tun. Vor allem hat es damit zu tun, dass der Q7 im amerikanischen Straßenbild keinen Sonderstatus für sich reklamieren kann. Während hierzulande das Fünfmeter-Schiff und sein Fahrer mitunter sehr kritisch wie Relikte aus vor-ökologischer Zeit betrachtet werden, gibt es jenseits des Atlantiks eher Grund für mitleidige Blicke anderer SUV-Fahrer. Deren Ford Expedition, Chevrolet Suburban oder Toyota Sequoia sind noch um einiges größer als der stattlichste Audi.

Erheblicher Preisunterschied

Die Clean-Diesel-Technik, die in Deutschland auch erhältlich ist, aber 1600 Euro Aufpreis gegenüber dem normalen 3.0 TDI kostet, verändert den Charakter des SUV nicht. Der clean diesel fährt sich so kraftvoll und kultiviert, wie man es von dem drehmomentstarken Sechszylinder gewohnt ist. Starker Antritt, flotte Zwischenspurts – alles erledigt der mit einer Sechsstufen-Automatik gekoppelte V6-Motor mit Leichtigkeit, und das, obwohl die US-Version des Fahrzeugs mit 225 PS genau 15 Pferdestärken weniger hat als die deutsche Spezifikation. Dem straff, aber nicht unkomfortabel gefederten und agilen SUV merkt man sein Gewichts von mehr als 2,3 Tonnen nicht an.

Der Verbrauch des beladenen SUV bewegte sich im erwarteten Bereich. Nach rund 1000 entspannt und souverän zurück gelegten Testmeilen, zweigte der Bordcomputer eine Reichweite von 22,2 Meilen je Gallone, das entspricht etwa einem Verbrauch von 9,3 Litern je 100 Kilometern. Nach EU-Norm wurde der AdBlue-gesäuberte 3.0 TDI mit 8,4 Litern gemessen. Doch nicht dieses durchaus respektable Ergebnis liefert das entscheidende Argument, am besten sofort einen Q7 clean diesel zu bestellen, sondern der Blick in die US-Preisliste: Schon ab 50.900 Dollar ist das Auto zu haben, derzeit rund 37.700 Euro. Hierzulande muss man 54.900 Euro berappen. Außer den 15 Mehr-PS bekommt man für die Differenz immerhin noch ein Start-Stopp-System.

Quelle: ntv.de

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