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Bentley Supersports Convertible Streusel für das Sahnehäubchen

Gewicht reduziert, Leistung gesteigert, Luxus gepflegt: der Bentley Supersports Convertible.

Gewicht reduziert, Leistung gesteigert, Luxus gepflegt: der Bentley Supersports Convertible.

(Foto: Textfabrik/Busse)

Gewicht reduziert, Leistung gesteigert, Luxus gepflegt: Als Zwitterwesen aus Traumschiff und Rennwagen bedient der Bentley Supersports Convertible die Sehnsucht solventer Kunden nach Unterscheidung.

Bescheidenheit war Walter Owen Bentleys Sache nicht, zumindest nicht, wenn es ums Autobauen ging. In einer Zeit, da andere ihre selbst fahrenden Kutschen mit Verbrennungsmotoren um die 20 PS ausstatteten, hatte sein Wagen 85 Pferdestärken. So viele Rösser vor eine Droschke zu spannen, konnte sich damals niemand vorstellen. Das Fahrzeug bekam den Beinamen "Supersports" und konnte 160 Stundenkilometer schnell fahren.

Der Bentley ist etwas für eine handverlesene Kundschaft, ...

Der Bentley ist etwas für eine handverlesene Kundschaft, ...

(Foto: Textfabrik/Busse)

Der Supersports von heute fährt mehr als doppelt so schnell, und nur die Physik ist schuld, dass dafür mehr als die siebenfache Zahl an Pferdestärken nötig ist. Wenn der Bentley Continental GTC Speed das Sahnehäubchen ist, dann ist der Supersports die Schokostreusel darauf. Gewicht reduziert, Leistung gesteigert, Luxus gepflegt. Ab 242.000 Euro steht das Zwitterwesen aus Traumschiff und Rennwagen in der eigenen Garage.

Solch ein Preis reduziert die Zahl der in Frage kommenden Interessenten natürlich gewaltig. Selbst für Bentley-Chef Dr. Franz-Josef Paefgen, der an kleine Stückzahlen und handverlesene Kundschaft gewöhnt ist, gilt der Supersports als "absolutes Nischenprodukt". Weltweit hat Bentley im vergangenen Krisenjahr 4700 Fahrzeuge abgesetzt. In guten Jahren waren es allein von Continental Coupé so viele. Für die Cabrio-Variante "Supersports" wird das Volumen auf etwa 300 Einheiten pro Kalenderjahr geschätzt.

Sehnsucht nach Unterscheidung

Die solvente Kundschaft sucht diese Exklusivität und ist süchtig nach Unterscheidung. Eine Derivat-Strategie, wie Porsche sie erfand und Lamborghini kopiert, erscheint da nur logisch. Unlogisch hingegen erscheint, dass 2010 ein Personenwagen gebaut wird, der vier Personen für eine Spritmenge von A nach B befördert, für die mit einem VW Golf ein Dutzend Menschen den gleichen Ortswechsel vornehmen könnte. Doch es gibt ein Verlangen nach solch rollenden Anachronismen, und deshalb werden sie gebaut. Manchmal sogar mit überraschendem Erfolg. Die 610 PS starken "Speed"-Ausführungen der Continental-Baureihe wurden zunächst auf einen Anteil von einem Drittel taxiert, später stellte sich heraus, dass zwei Drittel der Kunden den angeschärften Zwölfzylinder haben wollten.

... die es schnell liebt: 630 PS hat die "Speed"-Ausführung unter der Haube.

... die es schnell liebt: 630 PS hat die "Speed"-Ausführung unter der Haube.

(Foto: Textfabrik/Busse)

Nun sind aus 610 gar 630 PS geworden, Fahrwerk und Getriebe wurden modifiziert, die Endrohre abgeflacht, zwei Luftschlitze in die Motorhaube geschnitten und das Gewicht reduziert. Keramik-Bremsen, Karbon-Sitzschalen, leichtere Felgen, es wurde abgespeckt, wo es möglich erschien. Die Türen sind noch immer gewaltig schwer und das Cabrio ist immer noch ein Dickschiff von rund 2,4 Tonnen. Das ist nach Ansicht von Franz-Josef Paefgen aber auch gut so: "Ein Bentley definiert sich auch darüber, dass er so ist wie das, was in Deutschland früher ein schwerer Wagen genannt wurde". Großflächig ist Sicht-Karbon verbaut, was zwar gegenüber dem üblichen Walnussholz keine Gewichtsvorteil bringt, aber unverschämt schnell aussieht. Nur die Navigation hält nicht das Tempo von High-Tech anno 2010, sondern die spärliche Grafik ist noch so langsam wie beim ersten Continental.

Brachialer Druck Richtung Horizont

Während die Spur um 50 Millimeter verbreitert wurde, ist das sechsstufige Getriebe nun in der Lage, Schaltzeiten von unter einer Zehntelsekunde zu erreichen. Der brachiale Druck, der beim Anspringen der beiden Turbolader fast verzögerungsfrei an die vier angetriebenen Räder abgegeben wird, schiebt unerbittlich Richtung Horizont. Vergleiche mit wesentlich leichteren, auch zweisitzigen Supersportwagen, scheuen die Hersteller deshalb nicht. Trotz der nicht unwesentlichen Masse, ist das Handling direkt und agil, die Lenkung gibt gute Rückmeldung.

Das Handling ist direkt und agil.

Das Handling ist direkt und agil.

(Foto: Textfabrik/Busse)

Nicht einmal über Zugluft kann man sich beklagen, denn die Strömungsverhältnisse sind erstklassig und sogar mit herunter gelassenen Seitenscheiben kann man, entsprechende Witterung vorausgesetzt, stundenlang offen fahren. Sollte das mehrlagige Stoffverdeck einmal geschlossen werden, dämpft es so gut, dass sogar ein Teil von der wunderbar wummernden Klangkulisse verloren geht, die der Zwölfzylinder bei Leistungsanforderung ertönen lässt. Nur zwei Dinge sind, gemessen an der üppigen Dimensionierung vieler anderer Komponenten, eindeutig zu klein geraten: Die Taste zum Bewegen des Verdecks, denn schließlich ist die Stoffmütze das identitätsstiftende Merkmal eines Cabrios, und die beiden Auspuff-Endrohre, deren unscheinbar flaches Oval die süffige Akustik in skurriler Weise konterkariert.

Mehr Leistung, weniger Verbrauch

Bei so viel Fahrvergnügen könnte man glatt vergessen, dass man in einem außerordentlich anspruchsvollen Gefährt unterwegs ist. Der Tankstopp wird zum Entrichten der Vergnügungssteuer genutzt, denn zwischen 18 und 20 Liter je 100 Kilometer sind bei einem Gasfuß mit Bewegungsdrang unvermeidlich. 16,7 sollen es nach Norm sein, immerhin 0.4 Liter weniger als beim schwächeren Speed-Modell. Der Supersports Convertible kann aber ebenso wie alle anderen Modelle der Continental-Baureihe außer mit Benzin, auch mit E85 Bioethanol oder einer beliebigen Mischung aus beiden Kraftstoffen betrieben werden. Damit unterstreicht Bentley seine Absicht, alle seine Fahrzeuge bis 2012 Biokraftstoff-kompatibel zu machen.

Der Supersports Convertible kann mit Bioethanol gefahren werden.

Der Supersports Convertible kann mit Bioethanol gefahren werden.

(Foto: Textfabrik/Busse)

Warum nicht gleich auf Selbstzünder umsteigen. Für Franz-Josef Paefgen liegt der Gedanke gar nicht so fern, da der Diesel ganz Bentley-konform viel Drehmoment bei geringen Drehzahlen bereitstellt. Es existieren sogar Bentley-Prototypen mit großvolumigen Diesel-Motoren aus dem VW-Konzern, die zeigen, dass es funktioniert. "Doch unsere amerikanischen Händler winken ab", sagt Paefgen, "der Markt dort scheint ihnen noch nicht reif dafür". Darauf muss Bentley hören, denn ein gutes Drittel der Produktion geht immer noch in die USA, auch wenn China aufgeholt hat. "Und unsere Stückzahlen sind zu klein, um ein Auto mit zwei Motoren anzubieten."

Dann doch lieber noch ein bisschen Bescheidenheit beim Thema Komfort. Der Supersports verzichtet auf die elektrisch zu öffnende Heckklappe, die andere Bentleys haben. Der Grund: Ein eingesparter Elektromotor und damit ein weiter reduziertes Gewicht.

Quelle: ntv.de

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