Fast ein bisschen langweilig Suzuki S-Cross mit soliden Tugenden
28.06.2014, 07:13 Uhr
Der Suzuki S-Cross "Comfort+": Nahezu komplett ausgestattet für unter 30.000 Euro.
(Foto: A.B.)
Und ist die Nische noch so klein, ein neues Modell passt immer rein: Nach diesem Motto hat Suzuki den S-Cross zwischen Grand Vitara und dem klassischen SX4 platziert. Doch ob er auch zwischen die anderen Mitbewerber passt, zeigte der n-tv.de-Praxistest.
Wenn ein Pkw in keine Schublade passt, nennt man es meist "Crossover". Dann ist es dem Kunden überlassen, ob er sein Fahrzeug als Familien-Limousine, als Freizeit-Kombi oder als rustikalen Geländegänger einsetzen will. In diesem Spiel mischt jetzt auch Suzuki mit. Zwar trägt das jüngste Familienmitglied den bekannten Namen SX4, doch der Zusatz "S-Cross" weist darauf hin, dass der Welpe mit den größeren Hunden bellen will. Vorbilder sind Nissan Qashqai und Mitsubishi ASX.
Nun hat Nissan vom Qashqai in Deutschland dieses Jahr schon fast so viele Exemplare abgesetzt, wie Suzuki mit seiner ganzen Modellpalette, aber es schadet ja nicht, sich an großen Zielen zu orientieren. Immerhin ist der S-Cross nach dem Swift bereits das zweitbeliebteste Modell im Angebot geworden. Rund 3000 Fahrzeuge wurden bis einschließlich Mai hierzulande neu zugelassen.
Deutsche bevorzugen Benziner
Mehr Platz für Passagiere verspricht die Tatsache, dass der S-Cross 15 Zentimeter länger ist als der klassische SX4, der im Angebot bleibt. Für diesen Test ausgewählt wurde die Variante mit Dieselmotor und elektronisch geregeltem Allradantrieb. Der 1,6-Liter-Ölbrenner leistet 120 PS. Das klingt bescheiden, es stellt sich aber im Nu heraus, dass dies für das nicht ganz 1400 Kilo schwere Fahrzeuge allemal ausreichend ist. Die deutschen Kunden nehmen den S-Cross offenkundig eher als Familienauto denn als Kompakt-SUV wahr, denn nur 44 Prozent der Käufer entschieden sich für Allradantrieb, nur ein Viertel für den Dieselmotor.
Ein optischer Aufreger ist der S-Cross nicht. Von der Ausstrahlung des ambitionierten und markanten S-Cross-Konzepts, das auf dem Pariser Autosalon 2012 vorgestellt wurde, blieb kaum etwas übrig. Das fesche Crossover-Modell, das die Studie versprach, kommt als Kompaktmobil bei den Kunden an, das Gefahr läuft, in der Beliebigkeit eines ohnehin übervölkerten Segments unterzugehen. Vielleicht liegt es daran, dass die Mehrzahl der Suzuki-Kunden in gesetztem Alter ist oder man glaubt selbst nicht recht daran, dass es gelingen könnte, die jungen Familien, die eigentlich angesprochen werden sollen, auch wirklich zu erreichen.
Der erste Eindruck des Innenraums versöhnt. Obwohl Suzuki fest im Kleinwagensegment verwurzelt ist und stets für ein preissensibles Publikum produzierte, ist das Bemühen erkennbar, durch sorgfältige Materialwahl, gute Verarbeitung und die Stimmung aufhellende Alu-Applikationen eine wertige Atmosphäre zu schaffen. Ein gefälliges Cockpitdesign geht einher mit durchdachter Anordnung der Bedienelemente, nur die Regler für die Klimaanlage sitzen etwas tief. Zwar ist in der C-Säule nur ein winziges Dreieckfenster angebracht, doch die Rundumsicht ist erstaunlich gut.
Üppiges Raumangebot
In der "Comfort+"-Ausstattung liefert der Hersteller ein elektrisch bewegtes Panorama-Glasdach mit. Das ist für Lüftung und Helligkeit im Innenraum sehr nützlich, leider nicht fürs Ablesen des 6,1 Zoll großen Navigations-Monitors. Der ist nämlich genau wie die ihn umgebende Konsole ein paar Grad in Fahrrichtung geneigt, was bei einfallendem Sonnenlicht die angezeigte Grafik komplett unleserlich macht. Die zum Schiebedach gehörende Jalousie bringt leider keine Linderung. Nicht nur für die Passagiere ist das Raumangebot üppig, auch für Koffer und Kleinkram bleibt ein ordentliches Volumen. Hinter den Rücksitzen bleibt ein Gepäckraum von 430 Litern. Der fast gleich lange Chevrolet Trax bietet 70 Liter, der SX4 Classic sogar 160 Liter weniger. Lediglich die 75 Zentimeter hohe Ladekante wünschte man sich etwa niedriger. Zwar lässt sich durch Umlegen der Rückbank keine ganz ebene Ladefläche herstellen, doch mit nahezu 1300 Liter Volumen lassen sich auch größere Transportaufgaben erledigen. Die Sitze sind bequem und langstreckentauglich, auch der Seitenhalt ist manierlich.
Als Einsteigermodell hat Suzuki die Ausstattungsvariante Club im Angebot. Sie ist nur mit Frontantrieb zu haben, aber bereits mit Zentralverriegelung, Klimaanlage, elektrischen Fensterhebern, Tempomat und Sitzheizung ausgestattet. Die gefahrene Top-Variante Comfort+ wartet mit Lederausstattung, Bi-Xenon-Licht, 17-Zoll-Rädern, Touchscreen-Navigationssystem sowie Rückfahrkamera auf. Nur für Fußmatten berechnet der Händler 49,04 Euro zusätzlich.
Erstaunlich munter
Der neu entwickelte 1,6-Liter-Motor erweckt zunächst den Anschein, als sei er ein etwas rauer Geselle, aber mit steigender Betriebstemperatur sinkt der Klangpegel merklich. Schon die ersten Kilometer offenbaren Überraschendes: So viel Temperament traut man dem S-Cross angesichts der Leistungsdaten gar nicht zu. Er spurtet munter drauflos und wenn auch tatsächlich 13 Sekunden bis zum Erreichen der 100er-Marke vergehen, so sind es gefühlt weniger als zehn. Sogar messbar war eine andere Überraschung: Die ihm zugedachte Höchstgeschwindigkeit von 175 km/h übertraf der Testwagen um 16 Stundenkilometer. Mit viel Anlauf zwar, aber ohne Ächzen, Stöhnen und kritischem Geräuschniveau, das bei dem Tempo ohnehin von Fahrwind dominiert wird.
Ob auf Autobahn oder im City-Dschungel, der S-Cross ist entspannt zu dirigieren, lenkt zielgenau ein, der Federungskomfort ist kommod bis soft. Auch Kopfsteinbelag wird klaglos weggesteckt, bei den Passagieren kommt nur wenig von den Fahrbahnunebenheiten an. Nur gegen heftige Bodenwellen reagiert das Fahrwerk etwas allergisch, wobei man fairerweise anmerken muss, dass in dieser Fahrzeug- und Preisklasse niemand Sänftenkomfort erwartet. Trotz einzelner Ausflüge in Tempobereichen über 150 km/h zeigte sich der Motor sehr genügsam und gab sich laut Bordcomputer über mehrere hundert Kilometer Testfahrt mit 5,3 Litern je 100 Kilometer zufrieden. Der Praxiszuschlag zum Normwert betrug also 1,1 Liter.
Fazit: Auch wenn der S-Cross kein "Wow"-Auto ist, bietet er doch eine solide Mischung aus Vielseitigkeit und Komfort. Selbstbewusst kann er sich auf Augenhöhe mit der Konkurrenz fühlen und die Kundenakzeptanz zeigt, dass die Botschaft angekommen ist. Wem es nicht so sehr auf Emotionalität ankommt und wer Tugenden wie Wirtschaftlichkeit und ein gutes Preis-Leistungsverhältnis sucht, ist beim S-Cross gut aufgehoben.
DATENBLATT | Suzuki SX4 S-Cross |
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe) | 4,40 / 1,77 / 1,58m |
Leergewicht (DIN) | 1380 kg |
Sitzplätze | 5 |
Ladevolumen | 430 / 1269 Liter |
Motor | 4-Zylinder Turbodieselmotor mit 1586 ccm Hubraum |
Getriebe | 6-Gang-Handschaltung |
Leistung | 88 kW/120 PS |
Kraftstoffart | Diesel |
Antrieb | Allradantrieb |
Höchstgeschwindigkeit | 175 km/h |
max. Drehmoment | 320 Nm 1750 U/min |
Beschleunigung 0-100 km/h | 13 s |
Normverbrauch (innerorts, außerorts, kombiniert) | 5,2 / 3,9/ 4,4 l |
Testverbrauch | 5,3 l |
Tankinhalt | 47 Liter |
CO2-Emissionen (Normverbrauch) | 114 g/km |
Emissionsklasse | EU 5 |
Grundpreis | 28.990 Euro |
Preis des Testwagens | 29.039 Euro |
Quelle: ntv.de, PS