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Realitätsfern oder zweckoptimistisch? VW will US-Absatz vervierfachen

Autokrise? Nicht bei VW. Der Konzern hat hochgesteckte Ziele und plant eine Vervierfachung seines Absatzes in den USA.

VW hat sich auf dem amerikansichen Automarkt Großes vorgenommen ...

VW hat sich auf dem amerikansichen Automarkt Großes vorgenommen ...

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Nichts weniger als die Vervierfachung seines Absatzes in den USA strebt Volkswagen an. Innerhalb der nächsten acht Jahre soll der Pkw-Verkauf auf 800.000 Einheiten pro Jahr gesteigert werden. Autokrise scheint für die Wolfsburger Planer ein Fremdwort. Realitätsverlust oder Zweckoptimismus?

Was könnte die hochgesteckten Ziele des Konzerns besser symbolisieren, als ein Projekt in New York. Dort, mitten im Zentrum des amerikanischen Selbstbewusstseins, baut VW einen so genannten Flagship-Store, einen fünfstöckigen Vorzeige-Verkaufsalon, in dem später auch Audi-Fahrzeuge angeboten werden sollen. Pikanterie daran: Das Grundstück kaufte Volkswagen ausgerechnet von General Motors, dem gerade vor dem Zusammenbruch geretteten ehemaligen US-Marktführer.

Grund zur Zuversicht

"Die Menschen in den USA hängen deutlich stärker vom Automobil ab als in Europa", sagt Stefan Jacoby, Chef der Volkswagen Group of America. Seine Aussage beschreibt sowohl die Situation der individuellen Mobilität als auch die der gesellschaftlichen Prosperität. Da es laut Jacoby "nach zwei Dritteln der wirtschaftlichen Krise" bereits zarte Anzeichen für eine Erholung gebe, habe VW allen Grund zur Zuversicht. Zu diesen Anzeichen gehört, dass seit Mitte 2009 wieder mehr Autos gekauft wurden, als im Vergleichszeitraum 2008.

... und baut schon mal die entsprechenden Gebäude.

... und baut schon mal die entsprechenden Gebäude.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Weitere Zahlen untermauern die Einschätzung Jacobys, dessen Amtsantritt in den USA mit dem Umzug des dortigen VW-Hauptquartiers in den Dunstkreis Washingtons zusammen fiel. Während 2009 in Deutschland die Gesamtzahl der Pkw-Neuzulassungen vor allem wegen der Abwrackprämie auf rekordverdächtige 3,9 Millionen stieg, brach der Markt in der weltgrößten Volkswirtschaft trotz Abwrackprämie um 22 Prozent auf 10,4 Millionen ein. Volkswagen kam in den USA jedoch mit einem Absatzrückgang von nur vier Prozent davon. Innerhalb der letzten Jahre, so Jacoby, "sind hier 5,7 Millionen Kunden einfach verschwunden".

Das "Brot-und-Butter-Auto" steht gut da

Noch besser als die Marke insgesamt steht das "Brot-und-Butter-Auto" von VW da. Der Jetta hat im Jahresmittel nur 1,3 Prozent seines Verkaufsvolumens in den USA verloren. Dieses Fahrzeug, dessen Dieselvariante sogar mit dem US-Öko-Siegel "Green Car oft the Year" geadelt wurde, steht bisher im Mittelpunkt der Bemühungen. Aber auch Coupé-Ausführung des Passats, in den USA schlicht als "CC" angeboten, läuft sehr gut. Mit 24.000 Exemplaren wurden dort so viele von dem Auto verkauft wie in keinem anderen Land der Welt. "Der CC kommt gegen Infinity, Volvo und andere Konkurrenten gut an", sagt Jacoby.

Das beflügelt die Fantasie. Ein Fahrzeug, intern bisher nur "NMS" genannt, soll im 2011 ans Netz gehenden Werk in Chattanooga gebaut werden. Das Kürzel steht für "new midsize sedan", also neue mittelgroße Limousine, und der Hauptwettbewerber heißt Toyota Camry. An der japanischen Marke macht sich auch fest, wo VW den beabsichtigten Zuwachs herholen will. Die japanischen Hersteller, die seit den 70er Jahren intensiv ihr amerikanisches Feld bestellen, haben inzwischen reiche Ernte eingefahren. Ihr Marktanteil ist mittlerweile fast so hoch wie die der einheimischen Marken. Gegen Toyota (mit dem Luxus-Ableger Lexus), gegen Nissan (Infinity) und Honda (Acura) sollen von VW die Marktanteile erobert werden, die schließlich einen Absatz von einer Million Autos erlaubt. In dieser Zahl wären dann etwa 200.000 Audi-Fabrikate enthalten.

Fehler der Vergangenheit

Der amerikanische VW-Chef hat kein Problem damit, die Fehler der Vergangenheit, die 1988 auch dazu führten, das unrentable Werk in Westmoreland zu schließen, zu benennen: Bis etwa 2007 sei die Händlerstruktur von Demotivation, mangelnder Profitabilität und geringer Identifikation mit der Marke sowie von Skepsis allem Neuen gegenüber gekennzeichnet gewesen. Inzwischen sei es nicht nur gelungen, den 580 Händlern im Lande eine durchschnittliche Umsatzrendite von zwei Prozent zu ermöglichen, sondern auch in der Qualität und in der Kundenzufriedenheit Boden gut zu machen. Doch Grund, die Schlagzahl zu drosseln, sieht Jacoby nicht. Obwohl Volkswagen einen guten Ruf in den USA hat, liegt der von unabhängigen Instituten ermittelten Qualitätsindex für die Produkte noch vier Punkte unter dem Branchendurchschnitt.

In Detroit präsentiert sich VW von seiner besten Seite.

In Detroit präsentiert sich VW von seiner besten Seite.

(Foto: picture alliance / dpa)

Zufriedenheit herrscht dagegen, wenn die Tendenz der Dieselakzeptanz beurteilt wird. Befördert durch den zwischenzeitlich exorbitanten Anstieg der Benzinpreise in den USA ist die nachfrage nach Selbstzündern aus Wolfsburg und dem mexikanischen VW-Werk Puebla deutlich angestiegen. Inzwischen wird jeder zweite Jetta Sport Wagon – der die amerikanische Ausführung des Golf Variant ist – mit Dieselmotor verkauft und auch beim Modell Touareg ist dies der Fall. "Die viele Jahre lang verbreitete Ansicht der US-Kunden, Diesel stinkt, ist dreckig und in der Fläche kaum verfügbar, wandelt sich spürbar", sagt Jacoby, "deshalb sehe ich beim Tiguan ist noch deutlich mehr Verkaufspotenzial."

VW als "allumfassender Segmentanbieter"

Der ist Volkswagen in den USA etwa das, was Subaru in Deutschland ist – ein Nischenanbieter. Nur mit dem Unterschied, dass Subaru in den USA noch mehr Autos verkauft als VW. "Wir müssen zeigen", sagt Stefan Jacoby, "dass wir ein allumfassender Segmentanbieter sind".

Quelle: ntv.de

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