Auto

Fronttriebler mit Spaßgarantie Vanderhall Venice - ein Dreirad für Große

Obgleich der Vanderhall Venice nicht über das Hinterrad angetrieben ist, verspricht er doch ein gehöriges Spaßpotenzial.

Obgleich der Vanderhall Venice nicht über das Hinterrad angetrieben ist, verspricht er doch ein gehöriges Spaßpotenzial.

(Foto: Benjamin Bessinger)

Gemeinhin sind Dreiräder nur etwas für Kinder. Doch wenn der US-Hersteller Vanderhall seine Finger im Spiel hat, dann sollte man die Kleinen nicht mehr ans Lenkrad lassen. Denn jetzt hat das Dreirad plötzlich einen 250 PS starken Motor und wird zum perfekten Spielzeug für große Jungs.

Mit auffälligen Autos kennt Florian Schade sich aus. Nicht umsonst verdient der PS-Fetischist aus dem Weserbergland sein Geld als Folierer und hat es damit wiederholt zum Beispiel auf die Motorshow in Essen gebracht. Doch was er heute aus der Garage in Beverungen holt, das sticht auch seinen kunterbunten beklebten VW Arteon aus, und sollte sich mal ein Lamborghini, Ferrari oder McLaren hier in die Provinz verirren, werden auch die Supersportwagen zu Schattenspielern. Schade hat für den amerikanischen Kleinserienhersteller Vanderhall den Deutschlandvertrieb übernommen und bittet jetzt zur ersten Ausfahrt mit dem mindestens 32.490 Euro teuren Venice.

Der Vanderhall Venice ist für die zwei Insassen bequemer, als es auf den ersten Blick scheinen mag.

Der Vanderhall Venice ist für die zwei Insassen bequemer, als es auf den ersten Blick scheinen mag.

(Foto: Benjamin Bessinger)

Auf den ersten Blick erinnert der offene Zweisitzer ein wenig an den Morgan Threewheeler. Wie das skurrile Relikt aus England ist der Venice ein Dreirad mit zwei Rädern vorne und einem hinten. Dazwischen ein Einbaum für zwei Personen, die tief unten auf dem Asphalt kauern und sich nur mühsam hinter einen gläsernen Windabweiser ducken können.

Doch erstens gibt es im Venice bei 3,65 Metern Länge und 1,75 Metern Breite auch ohne Trauschein genug Platz für ein sittlich-moralisch unbedenkliches Nebeneinander. Zweitens, und das ist viel wichtiger als das bisschen mehr Komfort, wie die Sitzheizung, der Bluetooth-Sound, Tempomat oder die grimmigen LED-Brenner hinter dem Kühler, ist der Venice anders als der Morgan Front getrieben. Was nichts anderes heißt, als dass die wuchtige Walze an der breiten Schwinge im Heck nur hinterherläuft. Zwar ist er damit nicht ganz so agil und es fehlt ein wenig am Nervenkitzel, doch ist der Tanz mit dem umgekehrten Trike so auch nicht ganz so riskant: Statt auf Messers Schneide zu reiten, surft man mit dem Venice ganz easy dahin und schon nach wenigen Metern fühlt sich selbst die Weser-Uferstraße ein bisschen an wie der Pacific Coast Highway.

Vierzylinder mit mehr Dampf

Der 1,5 Liter Turbo-Benziner stammt von GM und leistet nach der Kraftkur von Vanderhall bis zu 250 PS.

Der 1,5 Liter Turbo-Benziner stammt von GM und leistet nach der Kraftkur von Vanderhall bis zu 250 PS.

(Foto: Benjamin Bessinger)

Den Soundtrack dazu spielt ein 1,5 Liter großer Turbo-Benziner, den wir als kreuzbraven Vierzylinder aus dem Opel Insigna kennen. Doch Vanderhall kitzelt ein bisschen mehr Leben aus dem ansonsten eher müden GM-Triebwerk. Nicht nur, dass schon das Basismodell 185 PS bietet und mit neuen Chips und Upgrades auch 220 oder 250 PS drin sind. Zudem faucht und schnauft der Turbo jetzt bei jedem Gasstoß wie eine Natter vor dem Angriff und bläst den Druck danach genauso spektakulär wieder ab.

Allerdings passt das Fahrverhalten nur bedingt zu dem Krawall: Denn auch wenn der 1,5 Liter bei 280 Newtonmeter mit den gerade mal 640 Kilogramm des Venice leichtes Spiel hat, geht viel vom Elan in den Untiefen der sechsstufigen GM-Automatik verloren und es dauert ein bisschen, bis das Dreirad auf Touren kommt. Giftig jedenfalls ist anders. Aber mit etwas Geduld geht es dann doch ordentlich zur Sache. Der Wind pfeift einem um die Ohren, die Hand legt sich automatisch über die silberne Billardkugel neben dem linken Knie, mit der man -klack, klack eins rauf, klack, klack eines runter - dem Getriebe den Takt vorgibt. Und mit jeder Minute gehen die Mundwinkel weiter nach oben. Wer da sein Grinsen nicht im Griff hat, wird bei 240 km/h Top-Speed schnell zum Fliegenfänger und muss sich später die Kadaver aus den Zahnlücken pulen.

Vom Dreirad zu elektrischen Vierrad

Wem der Venice dann doch zu schmal ist, dem bietet Vauxhall eine breitere Variante in Form des Carmel an.

Wem der Venice dann doch zu schmal ist, dem bietet Vauxhall eine breitere Variante in Form des Carmel an.

(Foto: Benjamin Bessinger)

Auch wenn der Venice für Morgan-Fans schon so etwas wie der Maybach unter den Threewheelern ist, haben die Amis ein Herz für Herren im höheren Alter, mit steifen Knochen und breiteren Hüften. Wem auch der Venice zu eng ist, dem verkaufen sie deshalb für gute 10.000 Euro mehr auch den Carmel. Der ist ein paar Zentimeter weiter geschnitten, statt über die Brüstung zu klettern, steigt man durch hinten angeschlagene Türen. Und weil das Wetter an der Weser nicht ganz so zuverlässig ist wie am Pazifik, gibt es für den Carmel sogar eine Art Hardtop, das über die beiden Sitze gesteckt wird.

Zwar ist die Idee vom Dreirad ziemlich alt, lassen sich die Wurzeln des Vanderhall doch zurückverfolgen bis zum ersten Morgan Threewheeler vom Anfang des letzten Jahrhunderts. Doch haben die Amerikaner daraus nicht nur ein bequemeres Auto mit etwas - nun ja - berechenbaren Fahreigenschaften gemacht. Sie gehen auch mit der Zeit und haben deshalb eine mittlerweile offenbar unvermeidliche Elektroversion am Start. Die wird zwar gerade noch einmal komplett umgekrempelt und dabei mit eigenen Motoren bestückt, verspricht dann aber für knapp 47.000 Euro mit zweimal 70 PS, eine Spitzengeschwindigkeit von 170 km/h und etwa 300 Kilometer Reichweite.

Aber das ist nicht die einzige große Neuerung, an der sie drüben in Provo im US-Bundesstaat Utah tüfteln. Parallel dazu arbeiten die Amerikaner auch an einem urtümlichen Offroader. Der Brawley, natürlich ebenfalls elektrisch, kommt im nächsten Jahr als eine Mischung aus Jeep Wrangler und Toyota Land Cruiser zu Preisen ab 35.000 Dollar, mit über 400 PS und ebenfalls mehr als 300 Kilometern Reichweite, auf den Markt. Dann heißt es in Provo allerdings nicht mehr, aller guten Dinge sind drei. Sondern dann lautet die Botschaft: Vier gewinnt.

Quelle: ntv.de, Benjamin Bessinger, sp-x

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