Schneewittchens Neuer Volvo C30 überarbeitet
12.02.2010, 11:46 Uhr
Kam gut an: Die Vorgaben für den überarbeiteten C30 sind nicht ohne. Er steht in der Volvo-internen Verkaufsliste auf Platz drei in Deutschland.
Mit dem C30 hat Volvo sein Image als eine etwas andere Marke ausgeweitet. Für das neue Modelljahr haben die Schweden das Auto neu aufgelegt. Ein erster Kontakt mit dem Kompakten mit Durchblick.
In Zeiten von Plattformen und Synergieeffekten ist wenig Raum für Nostalgie in der Autoindustrie. Gerade weil sich in diesem Jahr die Nachwirkungen der Abwrackprämie bei vielen Herstellern zu einem handfesten Kater mausern werden. Doch es begab sich, dass bei der Entwicklung von Automobilen noch die Visionäre und Auto-Enthusiasten das Sagen hatten. Damals in den siebziger Jahren wurde der P1800 ES von Volvo gebaut. Und er ist Legende geworden unter dem Pseudonym "Schneewittchensarg". Der Grund ist die große Heckscheibe des Klassikers, der mittlerweile einen hohen Liebhaberwert hat.
Eine verhältnismäßig große Heckscheibe hat auch der legitime Nachfolger des P1800 ES. Nun hat uns Volvo aber bei dem C30, der 2006 auf den Markt kam, mit einem schnöden Remake des legendären Autos verschont. Dennoch ist eine gewisse Anlehnung erkennbar. Vor allem ist das Auto zusammen mit den Geländewagen der Marke Volvo ein untrüglicher Beweis dafür, dass man nicht denselben Fehler gemacht hat wie Saab. Frühzeitig wurde die Modellpalette diversifiziert und so Raum für eine junge Käuferschaft entwickelt. Das alles hat Volvo allerdings nicht davor bewahrt, ebenso wie Saab, verkauft zu werden, wahrscheinlich nach China. Man wird sehen, wo das hinführt.
Billiger, oder nicht?
Mit dem C30 jedenfalls ist Volvo ein Überraschungserfolg gelungen. Noch 2008, in der Nach-Blüte seines Lebenszyklus war der C30 in Deutschland in der Volvo-Statistik Nummer drei, hinter dem Klassiker V70 und dem großen SUV XC90. Im vergangenen Jahr rutschte er allerdings ab. Höchste Zeit für die Ingenieure, Hand an das Kompaktmodell zu legen und eine Überarbeitung auf den Markt zu bringen.
Das Erfreuliche gleich vorneweg: Der aufgefrischte C30 ist billiger geworden. Der günstigste Einstieg ist jetzt ab 19.900 Euro zu haben. Wer jetzt aufschreit, der alte habe doch 19.200 Euro gekostet, hat Recht. Volvo errechnet die Preissenkung mit einer verbesserten Ausstattung. Wie auch immer, der C30 spielt jedenfalls in der Liga der Premium-Kompakten. Daran dürften keine Zweifel aufkommen.
"R" für sportlich ambitionierte
Am Äußeren haben die Schweden nur behutsame Retuschen durchgeführt. Am markantesten ist die Front des Autos, wo ein neuer Grill zu sehen ist. Die Linienführung wurde leicht verschoben, sodass die Lufteinlässe größer gestaltet werden konnten. Auch am Heck wurde leicht retuschiert, aber im überschaubaren Rahmen. Augenfällig sind die lackierten Stoßfänger.
Wem das zu langweilig, der kann auf den C30 im sogenannten "R-Design" zurückgreifen. Mit dieser Variante sollen die Sportler unter den C30-Interessenten angesprochen werden. Neben einem optimierten Fahrwerk und einer direkteren Lenkung bietet der "R" vor allem was fürs Auge. Allerdings werden Heckspoiler, Seitenschweller und modifizierte Frontschürze nicht jedermanns Sache sein. Interessant ist das überarbeitete Fahrwerk, das sich bei einer ersten Probefahrt als ausgesprochen sportlich zeigte, was sehr gut zu der Optik des Autos passt.
Freistehende Mittelkonsole
Im Innenraum des C30 wird der Anspruch deutlich im Premiumsegment mitzuspielen. Verarbeitung und Materialien sind einwandfrei, wenn auch einige wenige Bedienelemente doch nicht ganz so wertig wirken wie der Rest des Interieurs. Wirklich schön ist die freistehende Mittelkonsole, die Bedienelemente für Radio und Klimaanlage beherbergt. Dahinter befindet sich eine Ablage. Dieses Alleinstellungsmerkmal von Volvo kultiviert die Marke immer mehr, so auch im C30. Eine gute Idee.
Das Platzangebot in dem 4,27 Meter langen und 1,78 Meter breiten Auto ist auf den vorderen Plätzen sehr ordentlich. Die Rückbank winkt mit einer sehr tiefen Sitzfläche, bietet aber nicht ganz so viel Beinfreiheit. Dennoch muss sich der C30 in dem Punkt nicht vor der Konkurrenz verstecken. Der Kofferraum ist mit 251 Litern im Normalzustand allerdings nicht unbedingt üppig geraten. Beim Umlegen der geteilten Rückbank können daraus bis zu 894 Liter werden. Die Ladekante ist konstruktionsbedingt nicht gerade niedrig und etwas eng.
Sieben Motoren zur Auswahl
In Sachen Antrieb steht eine Palette von sieben Motoren zur Verfügung. Zwei der Benziner sind Fünfzylinder-Aggregate mit einer Leistung von 170 PS (2.4i) oder gar 240 PS (T5), die beiden kleineren sind Vierzylinder-Motoren mit 1,6 und zwei Liter Hubraum. Der Einstiegsbenziner leistet 100 PS, der große Bruder 145. Letzterer ist auch als Flexifuel-Maschine mit der Option des Betriebes mit Bioethanol zu haben.
Bei den Dieseln ist der D5-Motor, ein Fünfzylinder-Turbodiesel mit 180 PS, das Spitzenaggregat. Darunter gibt es einen Zweiliter-Diesel mit 136 PS und einen Selbstzünder mit 1,6 Litern und 109 PS, beide mit Vierzylinderarchitektur. Der kleinere Diesel läuft als Spritsparversion namens "DRIVe". Als Zusatzoption ist dieser in der neuen Modellgeneration auch mit Start-Stopp-Automatik zu haben und soll so einen Verbrauch von 3,8 Litern auf hundert Kilometern erreichen.
Sechster Gang wird vermisst
Und tatsächlich haben wir diesen Verbrauch bei der kurzen Probefahrt erreichen können. Und das, obwohl die Start-Stopp-Automatik wegen der Temperaturen weit unter Null Grad, nicht eingesetzt werden konnte. Der Komfort einer Klimaanlage verhinderte das, denn die würde die kalte Luft von außen in das Auto pumpen. Selbst bei einer etwas flotteren Gangart blieb der Verbrauch unter der Marke von fünf Litern.
Die Sparqualitäten des C30 konnten dennoch überzeugen. Zumal er mit diesem Verbrauch auch nur 99 Gramm CO2 je Kilometer in die Umwelt entlässt. Schade, dass man hier vergebens eine Sechsgangschaltung sucht. Die gibt es nur für die größeren Modelle, wäre aber bei einem Aufpreis von fast 2500 Euro im Vergleich zum kleinsten Benziner durchaus als Serie wünschenswert. Die Alternative ist eine Fünfgangautomatik oder für den Zweiliterdiesel das hauseigene Doppelkupplungsgetriebe.
Individualist mit guten Argumenten
Insgesamt hat der C30 bei unserem Erstkontakt einen sehr guten Eindruck hinterlassen. Auch nach der Überarbeitung hat sich der kleinste Schwede seinen individuellen Charakter bewahrt, vielleicht sogar ein bisschen ausgebaut. Wer dazu die Sparmotorisierung "DRIVe" ordert, bekommt ein Auto, das extrem sparsam bewegt werden kann, aber auch die flotte Gangart beherrscht. Was will man mehr?
Zu mäkeln gibt es nur Kleinigkeiten. So merkt man an einigen Bedienelementen die Ehe mit Ford noch an, sie wirken nicht so hochwertig wie der Rest des Fahrzeugs. Auch die Preisliste bereitet durchaus Schmerzen, denn wer Standards wie eine Sechsgangschaltung beispielsweise oder eine höhere Motorisierung möchte, muss dann doch tief in die Tasche greifen. Ziemlich problemlos kann so auch die Schwelle von 30.000 Euro überschritten werden.
Dafür bekommt man mit dem C30 ein solides Auto mit hochwertiger Verarbeitung, sparsamen Motoren und dem gewissen Extra, dass andere Hersteller eben nicht mitbringen. Schon auf den ersten Blick ist der C30 etwas Besonders. Und auf die etwas anderen Außenseiter steht nicht nur Schneewittchen, wie man weiß.
Quelle: ntv.de