Praxistest

Open-air mit acht Töpfen Audis neues Cabrio

So könnte die Szene abgelaufen sein: Ein "Think Tank" aus hoch qualifizierten Namensfindungs-Experten nimmt in einem abgedunkelten Raum Platz und beginnt zu grübeln. Gesucht wird die passende Bezeichnung für die obere Hälfte eines neuen Autos. Unglücklicherweise handelt es sich um ein Cabriolet.

Dem Dach werden nie da gewesene Eigenschaften zugeschrieben. Drinnen soll es so leise zugehen, wie in einer Limousine der gleichen Modellreihe. "Dämpfer-Dach"? Zu profan. "Beruhigungs-Kappe"? Missverständlich. "Geräusch-Absorber" Zu hölzern. Als "Akustik-Dach" kommt es schließlich nächstes Frühjahr auf den Markt und es bedeckt den Innenraum des neuen Audi Cabrios. Inoffiziell ist von Audi-Mitarbeitern zu erfahren, dass "wir lange überlegt haben, wie es heißen soll".

Zwar läst diese Bezeichnung eine Interpretation zu, dass etwa Lautsprecher innerhalb des Klappverdecks installiert seien, aber das wäre ein Irrtum. Vielmehr besteht es aus einer zusätzlichen, 20 Millimeter starken Dämmungsmatte, die ein um 63 Prozent höheres Flächengewicht hat, als herkömmliches Schallschluck-Material. Das neue Gewebe ist, von der Karosserie-Kosmetik einmal abgesehen, das wirklich Neue am Freiluft-Audi, und für einen Aufpreis von 250 Euro zu haben.

Von Zweifeln angekränkelt, ob vielleicht ein zwei- oder dreiteiliges Stahl-Faltdach, wie es immer mehr Hersteller anbieten, die neue Cabrio-Generation schmücken sollte, war Audi-Vorstandschef Dr. Martin Winterkorn zu keiner Zeit: "Wir werden auch in Zukunft beim Stoffverdeck bleiben. Audi steht zu dieser Art des Daches", erklärte er diese Woche bei der Fahrpräsentation. Bis auf den nun ebenfalls im so genannten Single-Frame-Dekor daher kommenden Kühlergrill, die neue gestalteten Klarglas-Scheinwerfer und die veränderten Heck leuchten ist nur wenig Veränderung zu entdecken. Vielmehr sind es die Motoren, mit der Audi die Erfolgsgeschichte des Open-Air-Vergnügens fortschrieben will. Immerhin war jeder zehnte A4 in der Vergangenheit ein Modell mit Stoffmütze.

Das Programm beginnt beim 1,8 Liter großen Turbo-Benziner, der 163 PS an die Vorderräder abgibt. Es endet wie bisher beim 4,2 Liter-Saugmotor, der 344 PS im allrad-getriebenen Spitzenmodell "S4" leistet. Erstmals im Cabrio wird der 3.2-Liter V6-Benziner angeboten, der seit geraumer Zeit schon im A6 verfügbar ist. Einen ebenso ausgewogenen wie temperamentvollen Eindruck hinterließ bei ersten Probefahrten der Zweiliter-Benzinmotor, der entsprechend der rennerprobten Audi-Technologie Turboaufladung und Benzin-Direkteinspritzung (TFSI) miteinander verbindet. Mit dem Leergewicht von 1.630 Kilogramm gehen die 200 PS munter zu werke, die Leichtigkeit des Seins ist auf den kurvigen Küstenstraßen der Cote d`Azur keine Floskel. Das Fahrwerk, an dem laut Audi-Chef Winterkorn "viel Feinarbeit geleistet" wurde, ist gewohnt straff, ohne dabei unkomfortabel zu sein. Auch bei temporeichen Kurvenmanövern reagiert es griffig und ist nur wenig in Neigung zu bringen.

Von anderem Kaliber, aber nicht weniger gefällig ist der 3-Liter-Dieselmotor, der den Audi zum weltweit leistungsstärksten Freiluftsportler mit Selbstzünder macht. Obwohl in der Automatik-Version mehr als 1,8 Tonnen schwer, wird das Auto von den 233 PS souverän bewegt. Auch geöffnet ist nur selten die Diesel-typische Geräuschentfaltung zu vernehmen, bei Bedarf und schon ab 1.400 Touren wuchtet das Aggregat 450 Nm an die Kurbelwelle und lässt dabei eine enorme Spurtfreudigkeit erkennen.

Die Krone der Cabriolet-Motorisierungen bleibt der S4 mit 344 PS. Neu ist der V8-Schriftzug am vorderen Kotflügel sowie die Doppel-Endrohre, die dezent auf das Potenzial dieser Fahrmaschine hindeuten. Der 4,2 Liter große V8 hat die Leistung des Vorgänger-Modells behalten, aber etwas Entscheidendes dazu gewonnen: Sound. Schon beim Gasgeben unterhalb von 2.000 Umdrehungen wird die einsetzende Schubkraft von einem dumpfen Grollen untermalt, das dem S4-Cabriolet vor der Renovierung fehlte. Verantwortlich für den Klang-Fortschritt ist die Überarbeitung der Abgasanlage. Gerade im Freiluft-Betrieb ist es ein wahrer Genuss, das kernige Blubbern sich mit dem zunehmenden Windgeräusch mischen zu hören. Bei geschlossener Fahrt ist die Freude eingeschränkt, denn das Akustik-Verdeck tut, wie ihm geheißen. Es filtert das Fahrgeräusch sehr nachhaltig. Vielleicht sollte Audi seinen S4-Kunden ermöglichen, dieses Serien-Ausstattungsmerkmal abzubestellen. Die Musikalität des Achtzylinders könnten sie dann auch bei Regen in voller Entfaltung hören.

Die Preise beginnen bei 33.900 Euro für den 1.8-Beziner und enden bei beim S4 mit 61.900 Euro.

Axel F. Busse

Quelle: ntv.de

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