Praxistest

Nostalgie für Sonnenanbeter Beetle Cabrio 1.6 TDI bietet Fahrspaß

Die komplett versenkbaren Seitenscheiben lassen den Beetle auch geschlossen gut aussehen.

Die komplett versenkbaren Seitenscheiben lassen den Beetle auch geschlossen gut aussehen.

(Foto: Axel F. Busse)

Er läuft und läuft und läuft … so hieß es vom Käfer. Das Beetle Cabrio läuft besser. Zumindest besser als der Vorgänger, der zwar extravagantes Design, aber nicht wirklich Platz bieten konnte. Ob der Transfer in die Moderne wirklich geklappt hat, zeigt der Test.

Ganz so neu wollten es die meisten Käfer-Nostalgiker dann doch nicht haben: Der "New Beetle", der im American Design Center in Simi Valley, Kalifornien, entwickelt und 1997 vorgestellt wurde, kam bei den deutschen Kunden nicht so gut an, wie es die Fachwelt erwartet hatte. Der Nachfolger heißt nur noch "Beetle" und hat sich inzwischen durchgesetzt. Den Unterschied in der Akzeptanz illustrieren schlichte Zahlen: Während im gesamten Jahr 2010 vom "New Beetle" 2283 Fahrzeuge in Deutschland neu zugelassen wurden (davon 1554 Cabriolets) waren es in den ersten fünf Monaten dieses Jahres schon 4342 geschlossene und 3264 offene Versionen.

Das Heck kann man sich mit einem "Käfer"-Schriftzug garnieren lassen.

Das Heck kann man sich mit einem "Käfer"-Schriftzug garnieren lassen.

(Foto: Axel F. Busse)

Dass der aktuelle Beetle viel näher am legendären Käfer ist, wird also von der Kundschaft honoriert, auch wenn von ihnen wegen langer Lieferzeiten zuweilen viel Geduld verlangt wird. In 60 Ländern ist der Käfer-Nachfolger inzwischen heimisch, etwa ein Drittel der in Mexiko ansässigen Produktion wird vom US-Markt aufgesaugt. In Deutschland beginnt das Freiluft-Vergnügen derzeit bei 21.625 Euro, das sind 2550 Euro weniger als zum Beispiel für ein Golf Cabriolet hingeblättert werden müssen, wobei der offene Kompakte bisher noch vom Golf VI und nicht von der 7. Generation repräsentiert wird.

Zwei Diesel zur Auswahl

Bei der gefahrenen Version handelte es sich um ein Modell mit 1,6-Liter-Dieselmotor. Anders als beim Golf, wo der Dieselanteil an die 40 Prozent ausmacht, entscheiden sich in Deutschland nicht einmal zehn Prozent der Beetle-Käufer für einen Selbstzünder. Das ist zwar einleuchtend, denn ein Cabrio ist stets mehr Freizeit- denn Nutz-Auto, und wegen der geringeren Laufleistung lohnt sich ein Diesel kaum. Doch die 105-PS-Variante offenbarte dank des Drehmoments von 250 Newtonmetern ein erstaunliches Fahrspaß-Potenzial, was schon nach wenigen Kilometern deutlich wird. Wer mehr Schub "von unten heraus" braucht, kann zum Zweiliter-Diesel greifen, der 140 PS und 320 Nm mobilisiert.

Das Innendekor in Wagenfarbe erinnert an den legendären Käfer.

Das Innendekor in Wagenfarbe erinnert an den legendären Käfer.

(Foto: Axel F. Busse)

Die Abkehr von der Halbkreis-Geometrie hat dem Design gut getan. Der Beetle folgt jetzt mehr dem historischen Vorbild und hat einige praktische Details dazu gewonnen. Wie virtuos der Hersteller das Nostalgie-Thema bearbeitet, zeigt sich an der Tatsache, dass man für 51 Euro extra einen "Käfer"-Schriftzug für die Heckklappe bestellen kann. Trotz des Re-Designs bleiben die Fahrzeugränder unübersichtlich und man sollte auf die Bestellung der Parkhilfe vorn und hinten (plus 555 Euro) nicht verzichten. Das klassische Stoffdach klappt elektrisch in weniger als zehn Sekunden nach hinten. Das ist enorm schnell und ermöglicht es, fast jeden Sonnenstrahl auszukosten. Schließlich kann man die Haube auch während der Fahrt bis maximal 50 km/h in jede Richtung bewegen. Allerdings ist der Knopf für die Dachfunktion klein und wenig bedienungsfreundlich am Scheibenrahmen angebracht.

Zur Aufbewahrung des Windschotts gibt es eine praktische Klemmvorrichtung an der inneren Oberseite des Kofferraums. So kostet die Zugluftbremse kein Gepäckvolumen. Weniger schön ist, dass ihre Lieferung mit 330 Euro zusätzlich berechnet wird. Nicht einmal Porsche lässt seine 911er-Kunden für ein Windschott bluten. Doch die Anschaffung lohnt: Sind die vier Seitenscheiben hochgefahren, kann man selbst längere Autobahn-Passagen entspannt und fast zugluftfrei genießen.

Der natürliche Feind heißt Starkregen

So kleidsam die Stoffmütze für den Käfer-Nachfolger ist, so sehr scheint sie ein Problem zu konservieren, das schon Generationen von Cabrio-Fahrern Kopfzerbrechen bereitet hat. Die Wasserdichtigkeit des Innenraums. Der Testwagen jedenfalls schien die Malaise von seinem Urahn geerbt zu haben. Zugegeben, es war schon weit mehr als normaler Starkregen, der da auf den Wagen niederprasselte. Aber auch der spätere Test in der Wachanlage ließ Wassertropfen innen auf dem Türfutter sowie einen feuchten Teppichboden im Kofferraum zurück. Die Bordheizung ist so programmiert, dass sie automatisch auf den Wert der letzten Offenfahrt umschaltet, wenn das Dach geöffnet wird.

Ebenfalls als moderne Interpretation eines betagten Vorbilds ist die Cockpitgestaltung zu werten. Die in Wagenfarbe lackierten Oberflächen rufen das Interieur des Käfers in Erinnerung, die breite Handschuhfachklappe ebenso wie den vom Tacho dominierten Instrumententräger. Zum Glück gibt es über das Minifach an der fast senkrecht abfallenden Konsole hinaus noch eine geräumige Klappbox über dem Fußraum. Die legendäre Blumenvase ist im Nebel des Vergessens verschwunden - und das ist auch gut so.

Zweitürer wie der Bettle warten beim Abstellen mit einer Eigenheit auf: Man sollte sich seine Parklücke sorgfältig aussuchen. Einerseits möchte den Passagieren der Rückbank einigermaßen bequemer Zustieg gewährt werden (was bei geöffnetem Dach erstklassig erfüllt ist), andererseits dürfen die Türen zur Schonung des Nebenmannes auf dem Parkplatz nicht so weit hinausragen. Die Türen des Beetle Cabrios sind in Griffhöhe mehr als 1,25 Meter breit, entsprechend gering der mögliche Öffnungswinkel, wenn man in einer Norm-Parkbucht steht.

Durchlade-Einrichtung für Sperriges

Keine Kritik kann es am Öffnungswinkel der Kofferraum-Klappe geben. Doch auch ein senkrecht stehender Deckel macht die dahinter liegende Luke nicht größer. Sie misst 82 mal 38 Zentimeter, was nicht für jede Kofferform vorteilhaft ist. Am besten, man zerlegt großes Gepäck in kleinere Gebinde und kann so die vollen 255 Liter Volumen ausnutzen. Die stehen auch bei geöffnetem Dach zur Verfügung. Ein Fortschritt ist ganz zweifellos die Durchlade-Einrichtung, deren Klappe 53 Zentimeter breit und 29 Zentimeter hoch ist. Der Ikea-Besuch könnte also mit dem Beetle bewerkstelligt werden, wenn das sprichwörtliche Billy-Regal nicht höher als 1,50 Meter sein soll. Die Ladekante ist übrigens 70 Zentimeter hoch.

Im Fahrbetrieb ist der kleine Diesel ein gemütlicher Geselle - und ein akustisches Phänomen. Wir erinnern uns: Der Beetle-Motor sitzt vorn (statt hinten wie beim Käfer), die Zylinder sind in Reihe angeordnet (statt flach gegenüber) und es wird mit Wasser gekühlt (statt mit Luft). Und doch fällt es nicht schwer im Motorsound jenen Klang zu entdecken, der an das typische Rasseln des Boxermotors von ehedem erinnert. Leider ist eine Sechsgang-Handschaltung nur für den stärkeren der beiden Diesel verfügbar, tröstlich ist aber, dass der Motor auch bei höheren Drehzahlen nicht sehr laut wird. Eine Start-Stopp-Automatik ist den Blue-Motion-Modellen vorbehalten, die 400 Euro teurer sind. Ob 0,2 Liter Minderverbrauch (nach Norm) die Ausgabe rechtfertigen, muss jeder für sich entscheiden.

Von seinem Wesen her ist das Beetle Cabrio eher ein Cruiser als ein Sprinter. Entspannt und open air über die Landstraße zu kurven bringt Freude. Wenn man das Verdeck schließen muss, lindert das farbenfrohe Interieur die Finsternis des Dachhimmels. Mit ordentlich Anlauf übertrifft der Testwagen sogar die werksseitig vorgesehene Höchstgeschwindigkeit und rennt handgestoppte 180 km/h.

Fazit: Das Beetle Cabrio ist mehr als ein nostalgischer Aufguss eines klassischen Fahrzeug-Konzept. Die Reminiszenzen wirken authentisch, der Transfer in die Moderne hat geklappt. Von Cabrios kann man nicht den profanen Nutzwert erwarten, den ein Van oder eine Limousine haben. Kleinere Schwächen werden vom Fahrspaß wettgemacht, der - entsprechende Kleidung vorausgesetzt - bis weit in den Herbst reichen kann.

 

DATENBLATTVW Beetle Cabriolet 1.6 TDI
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe)4,28/ 1,81/ 1,47 m
Radstand2,54 m
Leergewicht (DIN)1462 kg
Sitzplätze4
Kofferraumvolumen (Dach geöffnet / geschlossen)225 / 225 L
Maximale Zuladung463 kg
Motor4-Zylinder-Turbodieselmotor mit 1598 ccm Hubraum
Getriebe5-Gang Handschaltung
Leistung105 PS bei 4400 U/min
KraftstoffartDiesel
AntriebFrontantrieb
Höchstgeschwindigkeit182 km/h
max. Drehmoment250 Nm bei 1500 - 4400 U/min
Tankinhalt55 l
Beschleunigung 0-100 km/h12,1 s
Normverbrauch (außerorts/innerorts/kombiniert)5,6  l / 4,3 l / 4,7 l
Testverbrauch5,8 l
CO2-Emissionen
(Normverbrauch)
119 g/km
Grundpreis25.050 Euro
Preis des Testwagens34.688 Euro

 

Quelle: ntv.de

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