Ausfahrt mit dem Jaguar XKR-S Bissig auf der Startbahn
04.06.2008, 12:10 UhrWenn seine Lordschaft zum Ausritt bittet, kann man kaum nein sagen: Der schnellste Serien-Jaguar seit mehr als 15 Jahren wird ab August in Deutschland ausgeliefert. n-tv.de hatte schon jetzt Gelegenheit, das auf 200 Stück weltweit limitierte Sondermodell XKR-S auf einer ehemaligen Basis der Royal Air Force auszuprobieren.
Markterfolg durch Verknappung ist ein Geschäftsprinzip, das jetzt auch von Jaguar gepflegt wird. Vor Jahren schon hatte Bentley-Chef Franz-Josef Paefgen verkündet, wie das funktioniert: "Immer ein Auto weniger bauen als der Markt es verlangt". Und bei Lamborghini war der eine Million teure Reventón schon vor Beginn der Produktion ausverkauft.
Jaguar Deutschland hat bereits Erfahrungen mit der Wirksamkeit von Verknappung, denn der XKR-S ist bereits das dritte Modell, das die britische Traditionsmarke in begrenzter Stückzahl anbietet. Jeweils 200 Exemplare umfassten die geschlossene und die offenere Variante des XK mit dem 3,5-Liter-Motor, nur noch hundert sollen es beim XKR-S sein.
Damit ist der deutsche Markt fürstlich bedient, denn selbst im Heimatland von Jaguar kommen nur 55 Stück auf den Markt. Dennoch ist der deutsche Jaguar-Statthalter Jeffrey L. Scott nicht völlig zufrieden. "Am liebsten hätte ich unseren Kunden ein Auto angeboten, dessen Höchsttempo mit 300 km/h angegeben werden kann", räumt er ein.
Schon 50 Festbestellungen
Dem Ehrgeiz von Angestellten der Firma ist es auch verdanken, dass Jaguar überhaupt schon einmal ein Auto im Angebot hatte, dass mehr als 300 km/h schnell war. Die Entwickler waren der Ende der 80er Jahre der Ansicht, die Katzenmarke sollte den damals renommierten Sportwagen Porsche 959 und Ferrari F40 etwas Gleichwertiges entgegen zu setzen haben. Es entstand der Jaguar XJ 220, der zwar auf dem Hochgeschwindigkeitskurs im süditalienischen Nardo 348,8 km/h schaffte, dem aufgrund von technischen Änderungen und Kostenexplosion aber die Kunden ausgingen.
Beim neuen Topmodell ist das nicht zu erwarten, habe doch rund 50 Deutsche schon fest geordert. Die äußerlichen Änderungen gegenüber dem Serien-XKR sind überschaubar. Tiefere Frontschürze und ein angedeuteter Heckdiffusor sind Merkmale, desgleichen 20-Zoll-Felgen und Seitenschweller. Der Motor leistet nach wie vor 416-Kompessor-PS, lediglich der Tempolimiter wurde um 30 km/h verschoben und lässt jetzt 280 km/h zu. Um den Eindruck des gezähmten Rennwagens zu verstärken, wurde die Lenkübersetzung direkter angestimmt. Das spürt man vor allem bei hastigem Spurwechsel oberhalb von 150 km/h, wenn der Wagen präzise und verzögerungsfrei die Bewegung nachvollzieht, gleichzeitig aber stoisch ruhig und satt auf der Straße liegt.
Nah am Rennsport sind auch die Alcan-Bremsen, deren brutale Bissigkeit auf der ehemaligen Startbahn von Kampfjets gut zu demonstrieren war. Die Verzögerung ist so nachhaltig, dass es niemanden wundern würde, wenn nach dem Versuch einige Fliegen von der Heckscheibe zu kratzen wären.
Nur vom Feinsten
Ein energischer Sound begleitet jedes Hochdrehen des Kompressormotors, die Sechsgang-Automatik lässt es beim Gangwechsel aber nicht an Geschmeidigkeit fehlen. Auf der zwei Kilometer langen Geraden des ehemaligen Fliegerhorstes stellt sich leicht das Gefühl ein, dass das Auto auch für mehr als 280 km/h gut gewesen wäre. Technisch, bestätigt Chefentwickler Mike Cross, wäre das sicher drin gewesen, aber dann hätte das Auto nicht diesen Sommer angeboten werden können. "Der Entwicklungs- und Erprobungsaufwand wäre erheblich größer gewesen, hätte mehr Zeit und Geld gekostet", sagt er.
Mit 116.900 Euro liegt der Preis des XKR-S knapp 20.000 Euro über dem Ausgangsmodell. Berücksichtigt man die mitgelieferten Extras - zum Beispiel das Luxus-Sportpaket für 3835 Euro, das Sound-System für 1320 oder die 20-Zoll-Alufelgen für knapp 2200 Euro - reduziert sich der rechnerische Aufpreis auf unter 10.000 Euro. Aber Pianolack und Alcantara im Innern sowie Hochleistungsbremsen und Spoilersatz sind halt auch nicht gratis zu haben.
Quelle: ntv.de