Praxistest

Handliches Raumschiff Der Audi Q7 im Test

Wer zu spät kommt, den bestraft angeblich das Leben. Aber ob das geflügelte Wort Michail Gorbatschows tatsächlich etwas mit dem neuesten Audi-Produkt zu tun hat, ist keineswegs erwiesen. Zugegeben, die Hauptkonkurrenten des Q7 sind schon eine Weile am Markt, doch das Ingolstädter Sport-Utility-Vehicle (SUV) hat alle Voraussetzungen, dass die angestrebten 70.000 Einheiten pro Jahr auch abgesetzt werden.

Mit fünf Metern und neun Zentimetern Länge überragt der Q7 nicht nur die Wettbewerber, sondern auch alle anderen Audi-Modelle. "Size matters", die Größe macht’s, sagen die Amerikaner und dorthin soll die Hälfte der Produktion verkauft werden. Der wuchtige Grill an der Front und die flachen Fensterflächen, die nur ein Drittel der Silhouette ausmachen, verleihen dem Fahrzeug eine dominante Erscheinung.

Innen gibt es weniger Überraschungsmomente. "Zu Hause bei Audi" ist die unterschwellige Botschaft, alles ist von gediegener Qualität und perfekter Verarbeitung, die Cockpitgestaltung ist erkennbar von der A6-Innenarchitektur inspiriert. Der Q7 ist als Fünf-, Sechs- und Siebensitzer zu haben, wobei die dritte Reihe von Erwachsenen nicht nur beim Zustieg eine gewisse Gelenkigkeit erfordert, sondern auch ausgeprägte Toleranz gegenüber spärlicher Beinfreiheit. Wohl um allzu große Erwartungen zu dämpfen, hat Audi die Plätze sechs und sieben auch ganz offiziell nur für Personen bis 1,60 Körpergröße definiert.

Radar überwacht toten Winkel

In der zweiten Reihe dagegen ist auch für 1,90m-Hünen genug Platz. Wer die Version mit zwei Einzelsitzen hinten und Vierzonen-Klimaautomatik ordert (beides kostet Aufpreis), gönnt den Mitreisenden den Fahrkomfort einer Luxuslimousine. Satte drei Meter Radstand und adaptive Luftfederung (ebenfalls aufpreispflichtig) tragen ihren Teil dazu bei. Wer will, kann seinen Q7 zur rollenden Radaranlage ausbauen lassen. Während die Abstandskontrolle den Wagen selbstständig abbremsen und wieder beschleunigen kann, überwacht das so genannte Side-Assist-System den toten Winkel. Auf amerikanischen Highways, wo rechts und links überholt werden darf, kann das vor unliebsamen Überraschungen schützen.

In gehobener Ausstattung sind auch ohne Passagiere gut 2,3 Tonnen zu bewegen. Das braucht Schubkraft, schließlich ist der Q7, so Vorstand Ralph Weyler, ein "Performance SUV". Zunächst werden ein 4,2 Liter großer V8-Beziner und der bekannte V6-Diesel (233 PS) angeboten. Eher eine Randerscheinung dürfte der 3,6 Liter große V6-Beziner bleiben, der 280 PS leistet. Offiziell noch nicht bestätigt, aber sehr wahrscheinlich ist, dass auch der im A8 verfügbare V8-Diesel ins Motoren-Programm aufgenommen wird.

Der V8-Benziner meistert die Aufgabe souverän. Die Sechsgang-Automatik setzt die 350 PS energisch in Vortrieb um, wenngleich man sich beim Hochdrehen durchaus eine etwas sportlich-dynamischere Begleitmelodie vorstellen könnte. Bei der Dieselvariante hat es eine Pferdestärke schon mit rund 10 Kilo Fahrzeuggewicht zu tun. Dass das Temperament nicht eklatant hinter dem des großen Benziners zurück bleibt, liegt an den 500 Newtonmetern Drehmoment, die der Selbstzünder schon bei 1.750 Touren mobilisiert.

Bei den ersten Ausfahrten im sonnigen Arizona lobten die Tester vor allem die präzise Lenkung und die erstaunliche Handlichkeit, mit der das Raumschiff um die Ecken gewuchtet werden kann. Wankbewegung werden elektronisch nivelliert, Fahrbahnunebenheiten souverän weggesteckt.

Drifts im Gelände

Das ist der Luftfederung zu danken. Ist sie mit an Bord, kann der Q7 per einstellbarer Automatik auch die Bodenfreiheit zwischen 150 und 240 mm variieren. Bei eiliger Autobahnfahrt, zur Absenkung des Luftwiderstands und des Schwerpunktes, rauscht er geduckt dahin, im Gelände bleibt das Bodenblech in sicherer Entfernung von Stock und Stein. Abweichend vom herkömmlichen Quattro-Antrieb verteilt das Torsen-Differenzial das Drehmoment nicht mehr Fifty-fifty, sondern im Verhältnis 40:60 auf Vorder- und Hinterachse. Für eine erquickliche Fahrt auf losem Untergrund hält das ESP einen Modus bereit, der erhöhten Schlupf und flotte Kurvenhatz erlaubt.

Eingedenk der Tatsache, dass die weitaus meisten SUV niemals befestigtes Geläuf verlassen müssen, hat Audi darauf verzichtet, den Q7 zum Geländewagen hochzurüsten. Ein zusätzliches Untersetzungsgetriebe, so ist aus Technikerkreisen zu hören, hätte den Wagen nicht nur schwerer und teurer gemacht, sondern wegen der zu erwartenden geringen Stückzahlen dieser Option auch zu einem wirtschaftlichen Wagnis.

Der mindestens 64.900 Euro teure 4,2-Liter-Beziner genehmigte sich im Testbetrieb etwas mehr als 14 Liter Super je 100 Kilometer. Gemessen an Motorvolumen und Fahrzeuggewicht ist das akzeptabel. Vor allem für amerikanische Kunden, die zwar auch über explodierende Spritpreise stöhnen, aber gegenwärtig immer noch nicht mehr als umgerechnet 50 Cents für den Liter bezahlen müssen.

Axel F. Busse

Quelle: ntv.de

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