Ganz großer Sport Der Einsteiger-R von Mercedes
04.01.2007, 10:07 UhrVon Axel F. Busse
Es gibt nicht viele Familienlimousinen, für die zum Einstieg in die Modellfamilie 50.000 Euro vonnöten sind. Aber die R-Klasse ist nach der Mercedes-Nomenklatur ja auch kein normaler Großraum-Schlitten, sondern ein "völlig neues Fahrzeugsegment".
Nicht nur neu, sondern auch groß, möchte man meinen, denn selbst mit kurzem Radstand ist ein fast fünf Meter langer, 1,70 Meter hoher und 2,2 Tonnen schweres Fahrzeug zu bewegen, dass außer Platz für sechs Insassen noch Allradantrieb und Luftfederung in Serie bietet. Der R 280 CDI ist eine gedrosselte Ausgabe des 320 CDI, mit dem er sich den bekannten Dreiliter-Dieselmotor teilt, der auch in Limousinen und SUV von Mercedes Verwendung findet.
Eine Leistung von 190 PS erscheint nicht gerade üppig eingeschenkt für ein Auto dieser Masse, doch dank 440 Newtonmeter Drehmoment schon ab 1400 Umdrehungen ist der Antritt recht herzhaft und bringt die Fuhre annehmbar in Schwung. Vier Insassen genießen auf ebenso vielen Einzelsitzen Business-Class-Atmosphäre. Die dritte Sitzreihe ist dagegen bescheidener, doch hat man sich erstmal an den auf Schienen montierten Mittelsesseln vorbei geschlängelt, ist auch da solider Reisekomfort zu gewinnen. Wer mit viel Gepäck auf Tour gehen will, sollte es bei der Auslastung mit vier Passagieren belassen.
Gediegene Atmosphäre und viele Ablagen
Im Cockpit dominiert der bekannte schwäbische Ordnungssinn. Jeder, der schon einmal in einem Mercedes saß, findet sich im Nu zurecht. Zur Bedienung des serienmäßigen Siebengang-Automatik-Getriebes ist der Wählhebel an der Lenksäule verankert. Das schafft einerseits Platz für zusätzliche verschließbare Ablagefächer in der Mittelkonsole, andererseits dürfte es als Zugeständnis an den amerikanischen Geschmack zu sehen sein, auf den der so genannte "Grand Sports Tourer" hauptsächlich zielt. Die Materialanmutung ist hochwertig und die Bedienung logisch aufgebaut, nur wünschte man sich vom Frontscheiben-Gebläse ein bisschen mehr Power, denn im Winter gibt es großen Fenster zu enteisen.
Eine hohe Sitzposition kaschiert im subjektiven Fahrerlebnis die Tatsache, dass weder auf die Front des Autos, noch nach hinten wirklich gute Sicht herrscht. Vor allem nach hinten gibt es durch den schlauchartigen Innenraum und die dicke D-Säule Einschränkungen. Die Investition von 357,50 Euro in eine Rückfahrkamera ist deshalb eine lohnende Ausgabe. Noch besser wäre es, wenn die Kamera auch ohne das Navi-System Command APS zu haben wäre, das mit satten 2618 Euro zu Buche schlägt.
Eine gewisse Leidensfähigkeit hat die Liste der Sonderausstattungen von den Mercedes-Kunden immer verlangt, da tröstet es doch, dass der 280 CDI nur in der "kurzen" Variante angeboten wird, und man so knapp 2000 Euro spart, die bei den Modellen mit 3,21 Metern Radstand sonst zusätzlich fällig würden. Bei etwa 60 Prozent aller Käufer sitzt das Geld nicht so locker, dass sie die 5,15 Meter lange Version ordern.
Wie man es von einem komfortablen Reisemobil erwarten darf, ist die Federung ganz auf Komfort programmiert. Der R 280 CDI schafft dank seiner Luftfederung ein weiches Polster zwischen Pflaster und Passagieren, das manuell durch Anheben der Karosserie noch vergrößert werden kann. Die Lenkung ist leichtgängig und etwas indirekt, wohl auch ein Zugeständnis an amerikanischen Geschmack.
Enorme physische Präsenz
Der Allradantrieb bietet eine permanente Kraftverteilung von 40 Prozent vorne und 60 Prozent hinten. Die üblichen Sicherheitsprogramme ESP, ABS und Traktionskontrolle sind natürlich an Bord. Der 280 CDI mag vielleicht mit seinen 17-Zoll-Felgen nicht so Erfurcht gebietend aussehen wie zum Beispiel der Bruder am anderen Ende der Leistungsskala (der R 63 AMG steht serienmäßig auf 20-Zöllern), als gediegenes Zweckmobil sticht er schon durch seine schiere physische Präsenz aus der Masse heraus.
Der R 280 CDI entfaltet ruhig und souverän seine Kraft und stellt in jeder Situation genug Vortrieb zur Verfügung. Auch wenn man sich dem Höchsttempo von 210 km/h nähert, behindert das Geräuschniveau im Innenraum die Kommunikation der Insassen kaum.
Die Ausstattungsliste des Einstiegs-Tourers enthält unter anderem Klimaautomatik, CD-Radio, teilelektrische Sitze, Lichtautomatik und Wärme dämmendes Glas. Der Durchschnittsverbrauch lag im Testmodus mit etwa 40 Prozent Stadtverkehr bei 10,5 Litern, was für den schlanken Zweitonner angemessen ist.
Von der R-Klasse verkaufte Mercedes-Benz in Deutschland bis Ende November vergangenen Jahres 4135 Stück. Als großer Wurf lässt sich das kaum bezeichnen. Aber vielleicht müssen sich die Kunden ja erst an das neue Konzept gewöhnen. Die B-Klasse, von Mercedes auch als "Sports Tourer" angesehen, begann seine Karriere ebenfalls mit zähen Verkäufen, jetzt ist der kleine Van schon gefragter als die weitaus preisgünstigeren Opel Zafira und Ford Focus C-Max.
Technische Daten Mercedes R 280 CDI
Common-Rail-Dieselmotor mit 2987 ccm
Leistung 190 PS bei 4000 U/min
Höchstgeschwindigkeit 210 km/h
Beschleunigung 0-100 km/h 9,8 sek
Länge/Breite/Höhe 4922/1922/1659 mm
7-Gang-Automatik, Allradantrieb
Tankinhalt 80 Liter
Testverbrauch 10,5 l Diesel/100 km
Gewicht 2220 kg
max. Zuladung 570 kg
Quelle: ntv.de