Praxistest

Jeep Wrangler Der Unverwüstliche

Eigentlich sollte sein Name Willys sein, denn die Willys-Overland Company war vor mehr als 60 Jahren Hersteller dieses leichten und unverwüstlichen Militärfahrzeugs. Doch erst als Jeep wurde er weltweit bekannt und zum Synonym für Geländewagen aller Art. Und weil das Modell Wrangler noch am meisten Ähnlichkeit mit dem Urvater Willys hat, huldigen diesem Jeep nach wie vor die treuesten Fans.

Sie nicht zu enttäuschen, gleichzeitig aber einen Zugewinn und Platz und Flexibilität zu schaffen, war Ziel der letzten Entwicklungsstufe, die in zwei erstaunliche Änderungen mündete: Der Wrangler „Unlimited hat nunmehr vier Türen und er wird sogar mit einem Dieselmotor angeboten. Beides ist für andere Fabrikate eine Selbstverständlichkeit, beim diesem Jeep aber durchaus etwas Besonderes, denn die Offroad-Gemeinde gilt nicht ohne Grund als äußerst konservativ.

Das Experiment ist als gelungen anzusehen, denn der Wrangler konnte auf dem deutschen Markt im vergangenen Jahr beachtliche Zuwächse bei den Neuzulassungen erzielen. Mit 1675 Einheiten übertraf er das andere Urgestein unter den Geländewagen, den Land Rover Defender (1333) deutlich. Auch vom Nissan Pathfinder wurden weniger verkauft (1366), ebenso wie vom wesentliche teureren G-Modell von Mercedes, der es auch 1112 Neuzulassungen brachte.

Kein weich gespülter Soft-Roader

Trotz Selbstzünder und vier Türen ist der Wrangler geblieben, was er ist. Ein kantiges, grobschlächtiges Vehikel, was mit steiler (inzwischen aber zart gewölbter) Frontscheibe und wuchtigen Kotflügeln im Bananenkisten-Format eine klare Botschaft vermittelt: Mit weich gespülten Soft-Roadern, die eher hochgelegte Coupés als Geländewagen sind, will man nichts zu tun haben.

Zu den Eigenheiten der Wrangler-Fahrer gehört es, dass sie gern mal ohne Türen unterwegs sind. Das lässt sich nach wie vor beim Wrangler bewerkstelligen, denn die außen liegenden Scharniere bedeuten kein Hindernis für das Aushängen. Zum Naturburschen-Image gehört auch das außen angebrachte Ersatzrad. Es ist auf der seitlich angeschlagenen Hecktür befestigt, die obere, gläserne Hälfte lässt sich gesondert nach oben wegklappen.

Wer sich für einen Jeep Wrangler entscheidet, ist einer für viele Autofahrer schwerwiegenden Frage aus dem Weg gegangen: Limousine oder Cabrio? Zwar ist der Jeep nach alter Väter Sitte mit einer Plane aus vinylbeschichtetem Baumwoll-Kunststoff-Gemisch erhältlich, eine originelle Variante ist aber das stabile so genannte Sunrider Soft-Top, das aus drei Kunststoffteilen besteht. Über Fahrer und Beifahrer sind jeweils zwei herausnehmbare Hälften am stabilen Rohrkäfig verankert, den hinteren Teil überspannt ein drittes Dachteil.

Das ist sicher für die Großwildjagd sehr hilfreich, wenn der Schütze stehend aus der Dachluke feuern kann, hat in der täglichen Praxis aber auch den Nachteil, dass die Teile sehr viel anfälliger gegen Erschütterung und Verschränkung sind, als es ein festes Dach wäre. Beim Testwagen machte sich diese Tatsache leider durch allerlei Knirsch- und Klappergeräusche bemerkbar, wenn die Piste mal nicht ganz topfeben war.

Rustikaler Charme im Innern

Die Innenraumgestaltung hat ihren rustikalen Charme behalten. Als Zugeständnisse an die Komforterwartungen der Neu-Kundschaft sind elektrische Fensterheber und Klimaanlage zu werten, ansonsten zeigen die unempfindlichen Plastikoberflächen, dass Insassen aus der Land- und Forstwirtschaft gern gesehene Passagiere sind. Einen Teppichboden können deren dreckverkrustete Gummistiefel hier nicht ruinieren. Die Sicherheitssausstattung wurde von Jeep ebenfalls auf aktuelles Niveau gebracht: ABS, Antriebsschlupfregelung, ESP, sowie Unterfahrschutz für Kraftstofftank und Verteilergetriebe sind vorhanden, Airbags natürlich auch - leider nur vorn.

Das Platzangebot überrascht. Fast drei Meter Radstand bewirken, dass auch in der zweiten Reihe genügend Beinfreiheit herrscht. Die geraden Wände und der hohe Aufbau sorgt für 1.310 Liter Gepäckraumvolumen und ist mit umgeklappten Rücksitzen sogar 2.320 Liter zu erweitern.

Der Dieselmotor stammt aus dem Daimler-Konzernregal. Er ist ein 2,8-Liter-Common-Rail-Treibsatz von 177 PS Leistung. Die damit erreichbare Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h ist eher von theoretischer Bedeutung, denn die dann herrschenden Windgeräusche, die um den kantigen Aufbau tosen, kann keiner wirklich mögen. Die 410 Newtonmeter Drehmoment sorgen ab 2.000 Umdrehungen für kernigen Schub. Mit Hilfe des neuen Sechsganggetriebes ist man zügig auf Tempo, wenn man sich an den zunächst etwas knochigen Schaltwiderstand gewöhnt hat. Gleichermaßen zu vernachlässigen ist zu wabbelige und indirekte Lenkung, denn niemand käme auf die Idee, mit dem Wrangler die Kurvenhatz auf der Landstraße auszuprobieren.

Eintrittskarte ab knapp 30.000 Euro

Ist es nötig, die Gelände-Qualitäten eines Jeep-Wrangler zu preisen? Kaum. Das Auto, dessen Name nach Überwindung von Stock, Stein, Schlamm und Schlamassel klingt, bedarf des Lobes nicht. Unter Verzicht auf elektronischen Schnickschnack wird von Hand die Getriebereduktion aktiviert und ab geht's die steilsten Felsen hinan. Und als Zugmaschine taugt er auch noch.

Vom Hersteller wird der Verbrauch mit durchschnittlich 9,9 Litern Diesel pro 100 Kilometer angegeben. Das wäre für den stabilen 1,8-Tonner nicht zuviel, wenn er sie denn in der Praxis erreichte. Zehneinhalb waren es während der Testphase. Mit einem Einstieg von 29.990 Euro bekommt man das Sparmobil „Sport, für 5000 Euro mehr kriegt man den „Sahara, der Automatikgetriebe, Nebelscheinwerfer, Fensterheber, Tempomat, Zentralverriegelung und Klimaanlage im Paket mitbringt.

Fazit: Viertürer hin, Dieselmotor her. Der Wrangler ist weder ein Familien-, noch ein Langstreckenauto. Wer ihn fährt, sollte ernst zu nehmende Geländeaufgaben zu meistern haben. Da macht dem Jeep niemand was vor. Der neue Unlimited ist ein Schritt zu mehr Alltagsverträglichkeit, er bleibt aber eine derbe Macho-Kutsche, an der nur Fans wirklich Freude haben.

Quelle: ntv.de

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