Die Golf-Alternative: VW Polo GTI Der kleine Bruder greift an
23.09.2010, 15:17 Uhr
Geballte Kraft auf kleinem Raum: Der GTI liefert 180 PS und eine Höchstgeschwindigkeit von 229 km/h.
Neben einem Großen hat es der kleine Bruder häufig schwer. Der Ältere ist meist einen Schritt voraus und wird von den Erwachsenen viel ernster genommen. Doch die interne Rivalität kann die eigene Entwicklung auch befördern und beschleunigen. So scheint es auch in der VW-Familie zu sein, wo der Golf GTI das Banner der sportlichen Ikone vor sich her trägt und der kleinere Polo GTI immer ein wenig in dessen Schatten steht, sich aber ständig um Anschluss bemüht.
Der Polo GTI auf Basis der fünften Generation, der im Mai erstmals auf den Markt kam, ist ein weiterer Versuch. Sportliche Polos gibt es schon lange: Bereits 1986 brachte VW in einem Polo Coupé erstmals den G40-Lader zum Einsatz. Damit kam das aus heutiger Sicht filigran anmutende Wägelchen auf immerhin 83 kW/113 PS - bei allerdings recht unmanierlichen Trinksitten.
Der neue Polo GTI ist mit diesem Fahrzeug kaum noch zu vergleichen. Er orientiert sich vielmehr am großen Bruder Golf GTI, hält aber gleichzeitig in Sachen Leistung, Höchstgeschwindigkeit und auch beim Preis einen gewissen Respektsabstand.
Gut, aber nicht zu gut
Das junge Herz des sportlichsten Polo ist ein kleines Wunderwerk. Aus nur noch 1,4 Liter Hubraum pressen die VW-Ingenieure heute 180 Pferdestärken. Wem diese Hubraum/Leistungs-Kombination bekannt vorkommt: Ja, das gleiche Aggregat arbeitet unter anderem auch in den besonders sportlichen Versionen der Konzernmodelle Skoda Fabia RS und Seat Ibizia Cupra. Abgesehen von leisen Zweifeln, ob ein so kleiner Motor auf lange Sicht unter der abgeforderten Leistung nicht doch leiden wird, gibt es an dem TSI-Antrieb nicht viel auszusetzen.
Der intelligente Einsatz eines Kompressors bei niedrigen und des Turboladers bei mittleren und höheren Drehzahlen sorgt für Druck und Schub bei jeder Drehzahl. Mit Hilfe der Schaltpaddel lassen sich die sieben Gänge des serienmäßigen DSG-Getriebes passend dazu blitzschnell wechseln. Nur beim Anfahren, vor allem bei eingelegtem Rückwärtsgang, gibt sich das Doppelkupplungsgetriebe unkomfortabel. Der erste leichte Druck aufs Gaspedal wird ignoriert, dann allerdings setzt die Beschleunigung umso abrupter ein. Vor allem beim Rangieren mussten wir bei unserem Testwagen daher stets höchste Vorsicht walten lassen.
Dafür serviert der Polo GTI den Fahrspaß quasi auf dem silbernen Tablett: Toller Motor, exakte Lenkung, präzise abgestimmtes Fahrwerk - die Wolfsburger Ingenieure haben ganze Arbeit geleistet. Und sie haben - sehr geschickt - die Dinge nicht zu weit getrieben. Denn an den noch sportlicheren und gleichzeitig komfortableren Golf GTI reicht der kleine Bruder dann eben doch nicht heran.
Nicht gerade ein Schnäppchen
Dabei gibt er sich doch solche Mühe: Karo-Sportsitze als Hommage an die 70er-Jahre und den Ur-Golf GTI, rote Ziernähte im Innenraum, rot lackierte Bremssättel und natürlich der obligatorische rote Streifen im Kühlergrill lassen keine Zweifel an der Herkunft des sportlichen Polo aufkommen. Diese und einige weitere Zutaten wie die 17-Zoll-Leichtmetallfelgen und die Wabenstruktur des Grills reichen, um mit recht einfachen optischen Mitteln aus einem biederen Serienmodell einen ansehnlichen Straßenrenner zu machen.
Mit 22.500 Euro verlangen die Niedersachsen allerdings auch einen nicht unerheblichen Sportaufschlag. Andererseits: Für einen Golf GTI mit DSG-Getriebe und 30 PS mehr Leistung werden 29.150 Euro fällig. Da kann man natürlich schon mal ins Grübeln kommen. Günstig sind die sportlichen Brüder letztlich beide nicht. Zumal unser Polo auch weit mehr als die angegebenen 5,9 Liter konsumierte. Wer die gebotene Leistung auch nur ansatzweise abfordert, muss mit deutlich mehr rechnen, in unserem Fall kamen im Durchschnitt 9,1 Liter zustande. Das geht bei zurückhaltender Fahrweise sicher auch sparsamer, aber warum sollte man sich dann einen GTI kaufen?
Mit den 22.500 Euro Basispreis ist es natürlich auch längst nicht getan. Vier statt zwei Türen? 740 Euro extra. Klimaautomatik statt manueller Regulierung? 305 Euro. Metallic-Lack? 430 Euro. Navigation? Ab 505 Euro. Panorama-Dach? 860 Euro. Xenon-Beleuchtung? 840 Euro. Und das ist nur ein Auszug aus der umfangreichen Optionsliste. Wer hier nicht stark bleibt, der treibt den Endpreis seines Polo GTI leicht Richtung 28.000 Euro. Womit das Original, der große Bruder Golf GTI dann doch wieder in Reichweite gerät.
Datenblatt | VW Polo GTI |
Abmessungen LxBxH | 3,98 / 1,90 / 1,74 m |
Leergewicht | 1194 kg |
Sitzplätze | 5 |
Ladevolumen | 280 bis 952 l |
Maximale Zuladung | 500 kg |
Motor | 4-Zylinder-Benzinmotor in Reihe |
Getriebe | 5-Gang-Schaltung |
Leistung | 105 PS (77 kW) |
Kraftstoffart | Benzin |
Tankinhalt | 45 l |
Höchstgeschwindigkeit | 229 km/h |
max. Drehmoment | 250 Nm |
Beschleunigung 0 - 100 km/h | 6,9 sek. |
Testverbrauch auf 100 km | 9,1 l |
Emissionen | 139 g/km |
Grundpreis | 22.500 Euro |
Quelle: ntv.de, sp-x