Die Golf GTI-Alternative Ford Fiesta mit 150 PS
20.12.2004, 10:24 UhrAllzu große Bescheidenheit kann man diesem jungen Wilden nun wirklich nicht vorwerfen: In knalligem Rot mit zwei dicken weißen Balken in der Mitte springt der Fiesta ST heran, ein Selbstbewusstsein in der Optik, wie es zuletzt nur der große Markenbruder Ford GT an den Tag legte. Der hat allerdings fast viermal soviel PS unter der gestreiften Haube - und kostet fast das Zehnfache.
Aber der Fiesta ST zielt ja auch nicht auf Kunden, die einen Rennwagen für die Straße erwarten, sondern viel Fahrspaß zu moderatem Preis. Und die sind zu haben. Das Kürzel "ST“ steht bei Ford für "Sports Technologie". In den Modellreihen Focus und Mondeo gibt es bereits solche Versionen und im Fiesta setzt der ST das fort, was vor 23 Jahren mit bescheidenen 84 PS im XR2 begann. Die "Enkel-Generation" hat also Zuwachs bekommen.
Tief herunter gezogene Stoßfänger mit integrierten Nebelscheinwerfern, dazu ein großes Lufteinlassgitter unter dem Nummernschild – all das legt Zeugnis ab von den sportlichen Ambitionen des Fiesta ST. Die kraftvolle Optik wird ergänzt durch 17-Zoll-Alufelgen und durch einen Heckspoiler am Dach, den der Kunde aber ebenso wie die weißen Streifen auf der Außenhaut weglassen kann, wenn er einen etwas dezenteren Auftritt sucht. Im Innern setzt sich die fesche Note fort durch sehr anschmiegsame Sportsitze, ein Lenkrad mit Lederbezug und eine mit blankem Metall veredelte Pedalerie.
Satte 50 PS mehr als das mit 100 Pferdestärken bislang kräftigste Aggregat im Fiesta bringt der Zweiliter-Motor an die Kurbelwelle. Damit ist der ST im Kreise seiner Wettbewerber aus den Häusern Renault, Peugeot und Seat gut aufgestellt. Vor allem wegen seines geringen Gewichts von nicht einmal 1.200 Kilogramm beeindruckt der ST durch eine enorme Agilität. Der Wert von 8,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h klingt dabei weit weniger atemberaubend als das subjektive Fahrgefühl es vermittelt. Das straffe Fahrwerk auf der einen Seite, die sensible Reaktion auf Gashebelbewegungen und das direkte Ansprechen der Lenkung auf der anderen vermitteln vor allem auf kurvigen Landstraßen ein kurzweiliges Fahrerlebnis.
Statt ein neues Sechsgang-Getriebe für den ST vorzusehen, entschieden sich die Entwickler, die bekannte Fünfgang-Schaltbox zu modifizieren und neu abzustimmen. Zwar gehen die Gangwechsel kurz und präzise von statten, jedoch kann es vereinzelt beim Herausbeschleunigen aus Kurven Situationen geben, wo der zweite Gang zu kurz und der dritte schon zu lang übersetzt ist. Doch auch dieser Umstand trübt nicht den positivem Gesamteindruck eines flotten Spaßmobils, das mit 7,4 Litern Super (Werksangabe) vielleicht nicht zu den Sparwundern zählt, doch Spaß kostet nun mal Geld.
Nur wenige Wochen ist es her, dass VW den neuen Golf GTI vorstellte. Bei aller Fahrkultur, allem Komfort und den vielen Sicherheitsfeatures, die im neuen Auto Standard sind, vermissten viele Tester doch eins: Die Leichtigkeit des Seins, den ungestümen Auftritt des jungen Rebellen, die der Ur-GTI dank geringen Gewichts und vergleichsweise großer PS-Leistung hatte, suchten sie vergebens. Der Fiesta von heute hat annähernd die Dimensionen des GTI von damals, ist eine Art Enkel mit anderem Familiennamen. Gut möglich, dass die Suchenden bei ihm fündig werden.
Von Axel F. Busse
Quelle: ntv.de