Praxistest

Eckiger Koloss ab 40.000 ? Hummer H3 für Europa

Schuld ist eigentlich nur der Terminator: Kurz nach Produktionsbeginn 1985 entdeckte Arnold Schwarzenegger seine Leidenschaft für den damals frisch in Dienst gestellten neuen Geländewagen der US-Army. Bescheiden fragte er an, ob er nicht ein Exemplar für den privaten Gebrauch bekommen könne. Nach der "H2" genannten zivilen Version des militärischen Ur-Viechs kommt als "H3" jetzt eine abgespeckte Variante auf den Markt, die speziell europäische Kunden erfreuen soll.

In den USA wurde der Hummer in den ersten Jahren zum begehrten Kultobjekt für betuchte Offroad-Freaks. General Motors sicherte sich die Markenrechte und ließ weiter bei Entwickler AM General fertigen. Allerdings hat der Appetit auf Schlemmereien mit dem gefräßigen Krustentier inzwischen nachgelassen. Der Absatz des H2 ist in Amerika im ersten Halbjahr 2005 um mehr als 20 Prozent zurückgegangen. Verbräuche um 30 Liter je 100 Kilometer erscheinen vielen potenziellen Allrad-Kunden nicht mehr zeitgemäß. Die meisten der kantigen Gefährte teilen ohnehin das Schicksal vieler anderer geländegängiger Autos, die Zeit ihres Lebens niemals etwas anderes als Asphalt unter die Räder bekommen.

Im Vergleich mit dem H2 ist das neueste Produkt etwas schmaler geworden, doch noch immer misst die frontale Silhouette fast zwei Meter im Quadrat. Damit das wuchtigen Fahrzeug auch in engen Gassen europäischer Altstädte sicher manövriert werden kann, gibt es ein ebenso wulstiges wie griffige Lenkrad. Der Wendekreis liegt mit 11,3 Metern im Bereich vieler Mittelklasse-Limousinen. Charakteristisch wie der steile, von keines Windkanals Diktat gebeugte Aufbau, sind die kleinen Fensterflächen und die enormen Radkästen, die die martialische Erscheinung des "H3" noch unterstreichen.

Angetrieben wird der fast zwei Meter hohe Fünftürer von einem 3,5 Liter großen Fünfzylinder-Reihenmotor, der 220 PS leistet. Damit ist das fast 2,2 Tonnen schwere Auto keinesfalls übermotorisiert. Im Gegenteil: Bei den ersten Testkilometern war dem Aggregat die Anstrengung anzumerken, mit der es die massige Fuhre auf Touren zu bringen versuchte. Dass ein plötzlicher Tritt aufs Gaspedal mit unbändiger Tempoentfaltung quittiert würde, lässt sich nicht behaupten. Drehzahlen bis an 6.000 sind erlaubt, nur passt deren Geräuschkulisse kaum mehr zum erhabenen Charakter des Fahrzeugs. Das Triebwerk ist mit Normalbenzin zufrieden. Der Konsum wird mit 9,4 bis 11,2 Liter (Automatik) angegeben, in der Praxis dürfte er aber eher jenseits von zwölf liegen.

Läuft der H3 erst einmal mit Autobahn-Marschtempo, ist es innen erstaunlich ruhig und komfortabel. Das Interieur orientiert sich am europäischen Geschmack, es regieren der rechte Winkel und die kühle Sachlichkeit. Gebürstetes Alu wirkt edel, auch draußen wurde nicht mit Chrom gespart. Schließlich will der Hummer-Fahrer ja auf dem Boulevard eine gute Figur machen. Die Sitze sind gut ausgeformt und bequem, hinten müssen die Knie der Insassen wegen des hohen Bodens leicht angewinkelt bleiben. Da das Fahrwerk auf extreme Beanspruchung ausgelegt und entsprechend hart abgestimmt ist, vermittelt der H3 schon auf unebener Asphalt-Piste ein entsprechendes Offroad-Gefühl. Wer die Chance hat, das Auto einmal durch einen ernst zu nehmenden Geländeparcours zu bewegen, durfte seine Freude an 60 cm tiefen Wasserdurchfahrten, 40 Zentimeter hohen Felsstufen oder 90 Prozent schrägen Abhängen haben. Im Gelände ist der Hummer nicht aus der Ruhe zu bringen. Solide Unterboden-Armierung schützt vor Stock und Stein. Die maximale Getriebeuntersetzung von 69:1 bedeutet, notfalls fängt das Gefährt schon im Leerlauf an zu klettern.

Von der "kleinen" Variante der Allrad-Ikone soll es bis 2008 nur die Benziner-Variante geben. Dann wird ein Diesel angeboten, über dessen Herkunft sich die GM-Manager noch ausschweigen. Möglicherweise wird GM-Partner Isuzu zum Lieferanten. Wenn die Produktion der H3 in der neuen Fabrik in Südafrika voll angelaufen und das Modell für den globalen Markt angeboten wird, beträgt die Welt-Hummer-Hilfe rund 10.000 Stück pro Jahr. Würden 150 davon per anno in Deutschland abgesetzt, wäre das schon ein Erfolg für den Importeur. Bei Preisen um 40.000 Euro bleibt diese Art der Fortbewegung wohl doch etwas für hart gesottene Fans, denen es vor allem auf das unverwechselbare Design und das grobschlächtige Image ankommt. Auch Gouvernator Schwarzenegger mochte über die Jahre von seiner Vorliebe nicht ablassen, hat aber einen Weg gefunden sie politisch korrekt umzusetzen. Er fährt seit Kurzem einen Wasserstoff-Hummer.

Axel F. Busse

Quelle: ntv.de

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