Praxistest

Winterspiele mit 520 PS Lamborghini Gallardo im Schnee

Schnelles und elegantes Gleiten – für Wintersportler ist es das Größte. Wer es auf Skiern oder Kufen am besten kann, bekommt jetzt rund um Turin Medaillen dafür. Kurz vor Eröffnung der Olympischen Wettbewerbe hat Lamborghini im Austragungsort Cesana eine spezielle Disziplin ausgerufen: Winterspiele mit 520 PS.

Das derzeit meistverkaufte Produkt der italienischen Sportwagenschmiede, der Gallardo, wurde dazu erstmal ins Trainingslager geschickt: 20 Pferdestärken mehr gibt es im Modelljahr 2006, was im Wettbewerb 0,2 Sekunden mehr Beschleunigung und 6 km/h mehr Endgeschwindigkeit (jetzt 314 km/h) verheißt. Aber wie bringt man so einem Boliden schnelles und elegantes, vor allem aber sicheres Gleiten auf Eis und Schnee bei?

Dafür hat Lamborghini die "Winter Academy" erfunden. Fahrertraining für ebenso ambitionierte wie wohlhabende Fahrzeugeigner. Bewusstes Herbeiführen von Grenzsituationen und ihre Beherrschung, vermittelt von ausgewiesenen Experten am Lenkrad. Dindo Capello ist einer von ihnen – Le Mans Sieger 2003 im Bentley und jetzt in Sant’Agata unter Vertrag.

Der Parcours ist eine Schleife von nur wenigen hundert Metern, aber schon zu Fuß eine Herausforderung. Wo nicht das blanke Eis hervorlugt, sind die Rillen verharscht, unscheinbare rote Hütchen zwischen den von durchdrehenden Gummiwalzen aufgehäuften Schneebergen markierten die Richtung.

Ebenso wie bei den wahren Olympioniken, muss die Ausrüstung richtig sitzen: Aufrechte Sitzposition, korrekter Abstand zum Lenkrad, Handhaltung "neunuhrfünfzehn". Die Instruktorentruppe um ihren Chef Giorgio Senna nimmt ihre Aufgabe sehr ernst. Einführungsrunde mit Ansage. Bremse lösen, zweiter Gang, einschlagen, gegenlenken. Die Hütchen fliegen, beim unfreiwilligen Verlassen der Spur saugt sich so manches Lüftungsgitter mit Schnee voll.

Bis zu 80 Prozent des enormen Drehmoments von 510 Newtonmetern schickt die Visco-Kupplung an die Hinterachse – oder maximal 40 Prozent nach vorn. Der Allradler schiebt also vom Heck her, was von Fahrer ein feines Gefühl für die Balance zwischen Über- und Untersteuern verlangt. Wichtigste Einsicht der Kursteilnehmer: Zwischen kontrollierter Fahrt und unfreiwilligem Austritt, zwischen sauberem Drift und hilfloser Pirouette liegt meist nur ein schmaler Grat von zwei oder drei km/h Tempounterschied.

Die lang gezogene Rechtskurve der Pracours, das haben alle Schnee-Piloten bald raus, macht am meisten Spaß. Der Zehnzylinder brüllt auf und entfacht ein olympisches Feuer ganz eigener Art. Da stehen die Vorderräder quer, da stiebt die Schneefontäne meterhoch. Aber auch die hohe Schule ist gefragt, das große Einmaleins der Rallye-Mathematik: das "Pendel". Kurz vor der Rechtskurve links einlenken, ein kurzer Gasstoß, Steuer herumreißen, Heck wieder einfangen und mit der Nase zum Scheitelpunkt der Kehre herausbeschleunigen. Nicht alle schaffen es auf Anhieb und die Frontschürze muss leiden.

Das Lernziel ist aber erreicht: Verliert der Fahrer nicht die Beherrschung, bleiben auch 520 PS im Schnee beherrschbar. Und verfügten nicht schon die allerersten Lamborghinis über erstklassige Wintertauglichkeit? Die ehemalige Traktorfabrik hat diese Qualitäten erkennbar in die Gegenwart gerettet.

Von Axel F. Busse

Quelle: ntv.de

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