Praxistest

Kreiselgesang als Zukunftsmelodie Mazda setzt Wasserstoffautos ein

Mit dem Madza 5 und dem RX 8 beweist der Hersteller einen sicheren Umgang mit Wasserstoff. Um so ein Fahrzeug für den Alltagsbetrieb tauglich zu machen, bedarf es jedoch noch viel Arbeit.

Zwischen Oslo und Stavanger kann der neue Madza erstmals in Europa Probe gefahren werden.

Zwischen Oslo und Stavanger kann der neue Madza erstmals in Europa Probe gefahren werden.

Für die umweltbewusste und schadstofffreie Reise von A nach B griffen unsere Vorfahren zum Pferdewagen, später auch zum Fahrrad. Dem mobilen Menschen des 21. Jahrhunderts empfiehlt Mazda das Wasserstoffauto, das der japanische Konzern immerhin schon seit 18 Jahren im Programm hat. Nur kaufen kann man es noch nicht.

Die jüngsten Schöpfungen der Ingenieure sind ein Coupé der RX-8-Modellreihe und der Van, der in Deutschland mit der Baureihenziffer 5 verkauft wird. In ihrem Heimatland sind die beiden Fahrzeuge bereits seit geraumer Zeit in geringer Stückzahl im Einsatz, sie werden zu Erprobungszwecken an Behörden und öffentliche Einrichtungen verleast. Das erste europäische Land, wo – zumindest theoretisch – eine Vergnügungsreise mit dem Wasserstoff-Auto unternommen werden kann, ist seit wenigen Wochen Norwegen. Zwischen der Hauptstadt Oslo und Stavanger wurde auf einer Strecke von 600 Kilometern eine Kette von Tankstellen für den gasförmigen Kraftstoff eingerichtet.

Da überrascht es nicht, dass Mazda sich der Initiative HyNor angeschlossen hat. HyNor ist eine Initiative von rund 50 Kooperationspartnern – darunter öffentliche Institutionen, Industrieunternehmen und Forschungseinrichtungen – zum Aufbau einer durchgängigen Infrastruktur für Wasserstoff in Norwegen. Der unbestreitbare Vorteil von Wasserstoff als Energiequelle liegt darin, dass nach Verbrennung lediglich Wasserdampf und eine zu vernachlässigende Menge Stickoxide übrig bleiben. Nachteile sind die zunächst teure Herstellung, der technische Aufwand für Transport und Lagerung sowie die bisher nicht vorhandene Infrastruktur für einen flächendeckenden Einsatz.

Gastanks gehen auf Kosten des Kofferraums

Dennoch setzt Mazda ebenso wie BMW auf die Wasserstoffkarte. Die Bayern allerdings lassen ihre 760er-Limousine mit flüssigem Wasserstoff herumfahren, während Mazda vergleichbar mit den Erdgasfahrzeugen anderer Fabrikate seine Autos mit Drucktanks ausstattet. Beide Bauweisen bringen für die Hersteller ein zusätzliches Problem mit sich. Die Tanks kosten erheblichen Platz.

Sowohl der RX 8 als auch der Mazda 5 sind als so genannte bivalente Fahrzeuge ausgelegt, das heißt, sie können wahlweise mit Wasserstoff oder Benzin betrieben werden. Auf einen Behälter für herkömmlichen Otto-Kraftstoff können sie nicht verzichten, denn das Auto muss ja mobil bleiben, auch wenn keine Hydrogen-Zapfstelle in der Nähe ist. Also muss der Wasserstoff-Vorrat an anderer Stelle im Fahrzeug platziert werden. Beim Mazda 5 fiel die dritte Sitzreihe weg. An ihrem Platz befindet sich jetzt ein 105 Liter großer Behälter, in dem unter 350 Bar Druck das Wasserstoffgas aufbewahrt wird. Ebenso groß ist der Vorrat des RX 8, dafür hat er keinen Kofferraum mehr.

Tankstellen im Auge behalten

Zusätzlich ist der Mazda 5 als Hybridfahrzeug ausgelegt, das dank eines 110 kW-Wechselstrom-Synchronmotors kurze Strecken auch ganz ohne Verbrennung zurücklegen kann. Für den Antrieb mittels Benzin steht ein 25-Liter-Tank zur Verfügung. Nach Mazda-Berechnungen soll dieser Vorrat für zusammen mit dem Wasserstoff für rund 600 Kilometer reichen. Mit einem deutlich kleineren Aktionsradius begnügen sich die Insassen des RX 8. Vor dem Einsatz in dünn besiedelten Gebieten muss deshalb gewarnt werden, denn der fünf Liter große Benzintank reicht im Extremfalle nicht einmal bis zur nächsten Tankstelle.

Tanken kein Problem: Druckschlauch verriegelt und los geht's: Unser Autor hat's ausprobiert.

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Außer der Wasserstoffverträglichkeit verbindet die beiden H2-Vehikel noch eine weitere Besonderheit: Das Verbrennungsaggregat ist ein Kreiskolbenmotor nach dem von Felix Wankel entwickelten System. Mazda schwört darauf, dass es für die Anwendung des Gas-Luft-Gemisches besser geeignet sei als ein Hubkolbenmotor, wie ihn etwa BMW verwendet.

Alltagsnutzen noch ungewiss

Mit seinen beiden High-Tech-Autos kann Mazda zweierlei beweisen. Erstens: Die technische Herausforderung des sicheren Umgangs mit dem explosiven Wasserstoff haben die Entwickler im Griff. Zweitens: Um so ein Fahrzeug für den Alltagsbetrieb und die Erwartungen von heutigen Kunden tauglich zu machen, bedarf es noch viel Arbeit.

Nicht nur die Einschränkungen des Kofferraums könnte reisefreudige Kunden abschrecken, wie sich bei einigen Testfahrten mit den Mazda-Produkten zeigte. Der RX 8, bisher bekannt geschmeidig schnurrende und temperamentvolle Raubkatze, ist zum zahnlosen Tiger mutiert. Mit 102 PS gibt der Motor kaum mehr als halb so viel Leistung ab wie die Basisversion des Serien-RX 8. Entsprechend mühsam ist es, der Auffahrt zur Autobahn ihre vorgesehene Bedeutung als Bechleunigungsstreifen zu geben. Aber so als wehre sich der Tiger gegen die Abschiebung ins Senioren-Gehege faucht er ganz kräftig. Ab 3000 Umdrehungen macht sich das Verbrennungsgeräusch derart dominant im Innenraum breit, dass man getrost aufs Radio verzichten kann.

Wer sich das Knallgas-Experiment aus dem Chemie-Unterricht in Erinnerung ruf, sieht sofort ein, dass diese prägnante Geräuschentwicklung systemimmanent und schwer zu beseitigen ist. Man braucht nur den im RX 8 links neben dem Lenkrad sitzenden Umschalter für die Benzinzufuhr zu betätigen, und man fährt deutlich leiser – aber auch nur mit 102 PS.

Unerwünschte Nebenwirkungen

Beim Mazda 5 hilft ein Elektromotor gegen Anfahrschwäche. Der hat satte 350 Newtonmeter Drehmoment und schiebt die kurze Probefahrt zur Hydrogen-Tankstelle kräftig an. Dort wird der Druckbehälter auf die gleiche einfache Weise wieder befüllt, wie es Tausende Fahrer von Erdgasautos seit Jahren praktizieren. Der energische Antritt des Hybrid-Mazdas erinnert fast an die Kraft eines Turbodiesels, jedoch ist die Fahrt bei Reisetempo auch nicht frei von unerwünschten Nebenwirkungen. Hier und da meldet sich der Verbrennungsmotor ganz unmotiviert mit kurzem Hochdrehen, was akustisch den gleichen Effekt hat wie beim Sportcoupé. Nur eine minimale Veränderung der Gaspedalstellung hat der Schaltelektronik signalisiert, dass zusätzlicher Schub erwünscht sei und fordert dem Wankelmotor zusätzliche Aktivität ab. Das nervt auf die Dauer, zumal der Geschwindigkeitsgewinn minimal ist.

Sinnloses Rauf- und Runterschalten der Automatik ist künftigen Serienautos also ebenso abzugewöhnen wie der ungesund klingende Kreiselgesang und die dürftige Leistungsausbeute. Das sind freilich Bewertungen nach Maßstäben, wie sie für die ausgereiften Großserien-Pkw am Ende der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts gelten. Mazda denkt weit über diese Zeit hinaus, entwickelt unbeirrt weiter und wird es womöglich eines Tages mit Kunden zu tun bekommen, die gewisse Komforteinbußen mit Freuden in Kauf nehmen – sie dafür gänzliche Schadstofffreiheit gewinnen.

Quelle: ntv.de

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