Praxistest

Porsche 911 mit 1,54 qm Glasdach Mehr Durchblick im Targa

Wären Cabriolets schon immer so sicher gewesen wie heute, hätte es einen Porsche Targa wahrscheinlich gar nicht gegeben. Es gibt ihn aber, und das schon seit 1965. Kurz nachdem das neue 911er Coup in Heckantriebs- und Allradversion bei den Kunden angekommen ist, stellt Porsche nun die Karosserievariante mit dem 1,54 Quadratmeter großen Glasdach dazu.

Not macht bekanntlich erfinderisch und das gilt im Kleinen wie im Großen. Große Not wäre auf Porsche zugekommen, wenn sich Anfang der Sechziger Jahre in den USA jene Stimmen durchgesetzt hätten, die Cabriolets ganz einfach verbieten lassen wollten. Findige Verbraucheranwälte hatten damals heraus gefunden, dass viele Autohersteller es mit dem Insassenschutz nicht allzu genau nehmen. Cabriofahrer gehörten bei einem Überschlag aus nahe liegenden Gründen zu einer besonders gefährdeten Spezies.

Die Zuffenhausener Antwort auf drohendes Unheil lautete „das erste serienmäßige Sicherheitscabriolet der Welt“, wie die Werbestrategen Ende 1965 dichteten – der Targa. Statt des weichen Stoffverdecks hatte die aus dem Coup abgeleitete Version einen stabilen Überrollbügel, ein heraus nehmbares Dachteil und eine versenkbare Heckscheibe. Der Markt honorierte das ungewöhnliche Konzept, bis heute sind mehr als 100.000 Targa-Exemplare des 911 produziert worden.

Mangels einer Freiluft-Alternative betrug der Anteil an der Baureihe 911 zeitweise rund 40 Prozent. Erst 1982 nahm Porsche wieder ein herkömmliches Cabriolet ins Programm. Das mögen die zahlungskräftigen Sportwagenfans inzwischen lieber. Während der Targa-Anteil auf unter zehn Prozent sank, ist fast jeder zweite ausgelieferte 911er heute ein Cabrio.

Offen bis in den Spätherbst

Als "Henkelmann", dessen Überrollbügel als Mahnmal der Unnachgiebigkeit im Fahrwind steht, kommt der Targa schon lange nicht mehr daher. Mittels Elektromotor fährt die Glasabdeckung, die fast die gesamte Kabinenbreite einnimmt, unter die Heckscheibe. Um diese Mechanik gewährleisten zu können, ist der Aufbau des Targa gegenüber dem Coup flacher und gestreckter. In der Seitenansicht des Fahrzeugs ist dies an den spitzer zulaufenden hinteren Seitenscheiben zu sehen. Fans halten genau dieses Detail für ausschlaggebend und erklären den Targa deshalb zum elegantesten aller 911er.

Und er gehört zu den dynamischsten, denn er ist nur all Allradversion zu haben. Aber es ist müßig, über brillante Spurtreue, präzises Einlenken, ausgeprägte Kurvenstabilität und herzhaften Antritt zu berichten das wird von einem Porsche zu Recht erwartet. Und diese Erwartungen erfüllt auch der Targa bravourös, wie sich am besten auf kurvenreichen Bergstraßen ausprobieren lässt.

Fast vollständig von Zugluft abgeschirmt, können die Insassen noch bis in den späten Herbst das Open-Air-Gefühl genießen, während die Kollegen von der Cabrio-Fraktion zumindest in Europa schon die Segeltuch-Schotten dicht halten. Diesen Vorteil bezahlt man im Targa mit einer kleinen Schwäche. Ist das Glasdach nach hinten geschoben, wird der Innenspiegel seiner Funktion entledigt: Durch die nun doppelt übereinander liegenden Verdeckteile ist das rückwärtige Verkehrsgeschehen nur noch sehr eingeschränkt zu beobachten. Als Ausgleich kann man die Heckscheibe zum Beladen des hinteren Staufaches wie einen Kofferraumdeckel öffnen.

Abgesehen von der Dachkonstruktion und der dadurch geringfügig veränderten Karosserielinie ist der 911 Targa mit dem Coup technisch identisch. Es gibt ihn freilich nur als Allradversion. Der Kunde hat die Wahl zwischen 345 oder 385 PS, zwischen manuellem oder Direktschaltgetriebe (jeweils mit sechs Gängen) und kann sofern man auf elektrische Sitzverstellung andere Annehmlichkeiten verzichtet ihn sogar schon für unter 100.000 Euro haben. Klar ist das teuer. Aber Marke und Mythos sind so stark, dass die Kunden schweigen und zahlen.

Quelle: ntv.de

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