Chevrolet Captiva LPG Mehr Gas fürs Gelände
04.01.2009, 17:12 UhrGroß, schwer und durstig - Geländewagen haben ein Imageproblem. Obendrein stehen sie noch in Verdacht, die Umwelt weit über das unvermeidliche Maß hinaus mit Schadstoffen zu verpesten. An Größe und Gewicht lässt sich, jetzt wo die Autos einmal da sind, schlecht etwas ändern, wohl aber an der Umweltverträglichkeit. Chevrolet hat diese Erkenntnis in Marktverhalten umgesetzt und bietet außer dem SUV Captiva auch alle anderen Modelle der Marke mit Gasantrieb an.
Seine Fähigkeit, teures Superbenzin zu verbrennen, hat der 2,4 Liter große Vierzylindermotor durch die Nachrüstung nicht eingebüßt. Dafür aber sein Reserverad. Dort, wo sonst der Ersatzpneu seinen Platz hat, ist bei der LPG-Variante ein rund 65 Liter großer Gastank installiert. LPG ist die Abkürzung für Liquified Petroleum Gas, einem Gemisch aus Buthan und Propan, Buthen und Propen. Anders als bei Erdgasfahrzeugen stehen diese Behälter nur unter einem geringen Überdruck - im Schnitt etwa acht Bar. Die Befeuerungsanlagen von Erdgasautos sind auf mehr als 20-fache ausgelegt.
LPG, das auch unter der Bezeichnung Autogas verkauft wird, hat in Deutschland in den letzten Jahren einen dramatischen Akzeptanzzuwachs erlebt. Das liegt zum einen an dem gegenüber Benzin erheblich günstigeren Verkaufspreis (Mitte November lag der Literpreis unter 70 Cents), zum Anderen sind für die Tankstellenbetreiber die Investitionskosten für eine Zapfstelle wesentlich geringer als für eine Erdgasanlage. Der Kraftstoff wird steuerlich bevorzugt behandelt und der Gesetzgeber hat dies auch noch bis zum Jahr 2018 festgeschrieben.
Sieben Euro für hundert Kilometer
Der Captiva Testwagen genehmigte sich je 100 Kilometer Strecke ziemlich genau 10 Liter Flüssiggas. Das bedeutet, dass auf diese Entfernung Kosten von weniger als sieben Euro anfielen. Der Hersteller gibt den kombinierten Verbrauch von Benzin auf der Normstrecke mit 9,3 Liter an. Der Mehrverbrauch bei LPG-Betrieb ist dadurch zu erklären, dass Superbenzin eine höhere Energiedichte hat als Flüssiggas, und daher für gleiche Leistung mehr LPG verbrannt werden muss. Während in einem Liter Superbenzin etwa neun Kilowattstunden Energie stecken, sind es bei Autogas etwa sieben. Auf der Basis eines Spritpreises von 1,25 Euro je Liter kosten 100 mit Benzin gefahrene Kilometer im Captiva also 11,62 Euro.
Die Umrüstung vom reinen Benzin- auf den alternativen Gasbetrieb, die inzwischen von vielen Kfz-Werkstätten angeboten wird, erledigt Chevrolet ab Werk. Der Mehrpreis gegenüber dem Benziner beträgt normaler Weise 2760 Euro. Bis 31. März bietet Chevrolet die Gasanlage aufpreisfrei an.
Aus dem Aufpreis und der individuellen Jahres-Laufleistung errechnet sich die Kilometerzahl, ab der das Auto für einen Nutzer tatsächlich zu sparen beginnt. Der Captiva 2,4 ist mit Allradantrieb inklusive Gasanlage für 31.090 Euro zu haben. Der gefühlte Kostenvorteil stellt sich ohnehin bei jedem Tankstellenbesuch ein, denn wer zahlt nicht lieber nur 45 Euro statt 82 für einen vollen Tank? Für das fast baugleiche Modell Antara bietet Opel übrigens keine LPG-Variante an, nur die Modell Combo und Zafira sind mit Erdgasantrieb zu haben.
Leichter Tankvorgang
Einziges äußeres Erkennungsmerkmal des LPG-fähigen Chevrolet Captiva ist eine etwa vier Zentimeter große Öffnung mit Schraubgewinde an der linken Seite des hinteren Stoßfängers. Dort wird die Zapfpistole beim Tanken angesetzt. Der Auffüllvorgang ist unkompliziert und von jedermann leicht zu bewerkstelligen. Schutzkappe entfernen, Adapter aufschrauben, Zapfventil hinterher - und schon kann getankt werden.
Was im Innern des Captiva freilich fehlt, ist eine ernst zu nehmende Füllstandsanzeige für den Gastank. Da sind einige Anbieter von Erdgasfahrzeugen erkennbar weiter. Der Lieferant der Gasanlage, den Chevrolet für den Alternativantrieb ins Boot holte, baut lediglich eine aus fünf Leuchtdioden und einer Taste bestehende Kontrolleinheit ein. Vier Leuchtpunkte markieren den ungefähren Füllstand, der fünfte informiert, ob der Motor gerade mit Benzin oder LPG läuft.
Das ist auch gut so, denn merken kann man es genau genommen nicht. Gestartet wird grundsätzlich mit Benzin, eine Steuerelektronik schaltet nach 60 bis 120 Sekunden selbständig auf Gasbetrieb um. Das hängt von der Temperatur ab. Nur wenn man zufällig mit halbwarmem Motor an der Ampel steht, kann man an einem leichten Ruckeln erkennen, dass der Motor sich soeben für die günstigere Kraftstoffart entschieden hat.
Beulengefahr
Dass der 136 PS starke Motor mit dem rund 1850 Kilogramm schweren Fahrzeug leichtes Spiel hätte, lässt sich nicht behaupten. Allerdings trifft das zurückhaltende Temperament sowohl auf den Benzin- als auch auf den Gasbetrieb zu. In Sachen Laufruhe gibt es nichts zu tadeln, auch in höheren Drehzahlbereichen bleibt die Geräuschentwicklung auf vertretbarem Niveau - auch wenn man sich in manchen Situationen einen 6. Gang wünschte.
Wenn es Kritikpunkte gibt, dann haben sie nicht mit dem Gasmotor zu tun, sondern gelten für alle Captivas. Mag sein, dass sich Kunden im Herkunftsland des SUV, Korea, nicht an einer Heckklappe stören, die nur bis knapp 1,80 Meter Höhe öffnet. In Europa, wo die Menschen im Schnitt etwas größer sind, kann das Probleme in Form von Beulen am Kopf mit sich bringen. Hinnehmbar, wenngleich störend, ist auch ein gelegentliches Klappern in Handschuhfach und Türverkleidungen, das der Testwagen auf grobem Kopfsteinpflaster an den Tag legte. Dafür ist das Auto auf einer Gesamtlänge von knapp mehr als 4,60 Metern aber sehr geräumig, gut überschaubar, die Lenkung feinfühlig genug, um präzise Manöver zu fahren.
Fazit: Der Gasantrieb ab Werk macht den Chevrolet Captiva zu einer ernst zu nehmenden Alternative auf dem Sektor der Import-SUV. Immerhin streckt der zusätzliche Tank die Reichweite auf mehr als 1000 Kilometer. Mehr als 4500 Tankstellen bundesweit gegen ausreichende Verfügbarkeit und Flexibilität.
Quelle: ntv.de