Praxistest

Schnell, riesig stark & teuer Porsches neuer Cayenne

Von Axel F. Busse

Viel länger als für andere Autohersteller war Amerika für Porsche das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Während andere sich teure Rabattschlachten lieferten und so Markanteile zu sichern versuchten, brauchte die feine deutsche Sportwagenschmiede gut betuchten US-Bürgern solche Kaufanreize nicht zu offerieren. Doch auch im Porsche-Wunderland ist die Realität eingekehrt. Vor dem Hintergrund gebremsten Wachstums in Übersee stellt Porsche nun die zweite Generation seines schwersten und schluckfreudigsten Modells vor.

Klar, dass dabei vor allem auf die Formel "mehr Kraft bei weniger Verbrauch" gesetzt wird und Porsche zu Recht darauf verweist, in der Leistungsklasse zwischen 300 und 500 PS die effizientesten Motoren herzustellen. Die neuen Cayenne-Motoren, die jetzt mit einer Direkteinspritzung ausgestattet sind, versprechen Verbrauchsminderungen gegenüber den Vorgängern von bis zu 15 Prozent. Dass die ersten Ausfahrten in die andalusische Hügellandschaft die Hoffnung auf deutlich verminderte Verbrauchswerte nicht erfüllten, ist freilich keine Überraschung. Vor allem bei Porsche-Präsentationen neigen Autotester zu eher offensivem Umgang mit dem Gaspedal.

Außer den kleinen Retuschen an den Scheinwerfern, an den Heckleuchten und an den vorderen Lufteinlässen hat Porsche vor allen am Fahrwerk geschraubt. Wer sein Auto mit der Luftfederung ausrüstet (im Turbo serienmäßig, sonst 2.900 Euro), kann die Vorzüge eines ganz neuen Extras genießen: Für weitere 3.300 Euro bekommt man eine Wankstabilisierung, die den hochbeinigen Geländewagen in Kurven weitgehend von Neigungen des Aufbaus abhält.

Am Grenzbereich

Auf einem abgesteckten Kurs standen ein alter Cayenne und ein neues Modell mit PDCC bereit. Der Unterschied ist beträchtlich und war besonders bei niedrigem Tempo auf der Schlaglochpiste gut zu spüren. Und auf der glatt asphaltierten Slalomstrecke musste man schon dicht an die Grenzen des Autos gehen und die Anti-Schleuder-Elektronik ESP (bei Porsche PSM genannt) regelmäßig bemühen, um noch Seitenneigung in Kurven zu bemerken. Der Wankausgleich hat aber auch im Gelände seine Bedeutung, was wichtig ist für alle, die ihren Porsche auch abseits der Straßen einsetzen wollen.

Weil die hydraulisch gegeneinander verdrehbaren Stabilisator-Enden bis zu einem Tempo von 35 km/h komplett voneinander entkoppelt werden können, dient die Wankausgleichtechnik auch einer größeren Verschränkung der Achsen. Bedeutet: Steckt der Cayenne rechts vorn tief im Loch, hebt er links hinten nicht so schnell das Bein -und da haben Sport- und Geländewagen wirklich etwas gemeinsam: Bodenhaftung ist alles.

Bodenfreiheit natürlich auch: Während der Sportwagen möglichst flach über den Asphalt schmirgeln will, steht dem Geländewagen der Sinn nach Höherem. Vom Bodenblech des Cayenne bis zur Straße sind es 21,5 Zentimeter, bei Ausstattung mit Luftfederung lässt der Wagen sich auf 27 Zentimeter hochpumpen. Eine weitere interessantes Gelände-Ausstattung ist das Offroad-ABS: Bei einer Vollbremsung auf losem Untergrund regelt das Antiblockiersystem langsamer, lässt also das Blockieren der Räder länger zu. Dadurch kann sich ein Keil aus Sand, Schotter oder Schnee vor den Rädern aufbauen, der zusätzliche Bremswirkung bietet.

Spontan am Gas

Im Alltag aber, im ganz normalen Betrieb ohne Gewaltbremsung und Schlammloch, bleiben viele Fähigkeiten dieses Autos ungenutzt. Verblüffend, wie spontan der fast 2,4 Tonnen schwere Turbo auf Bewegungen am Gaspedal oder am Lenkrad reagiert. Und das gilt auch für die minder motorisierten Varianten. Am Basis-Cayenne etwa haben sie bei Porsche wirklich gut gearbeitet: 3,6 statt 3,2 Liter Hubraum, der Spurt von 0 auf 100 in 8,1 statt 9,1 Sekunden, 227 statt 214 km/h -und 90 Prozent der maximalen Kraft von 385 Newtonmetern stehen schon bei 2.100 Umdrehungen zur Verfügung.

Mehr Sport-Geländewagen braucht eigentlich kein Mensch, und mehr kann sich auch kaum einer leisten. Der einfache Cayenne kostet schon 51.735 Euro, aber da gibt es eben immer noch reichlich Amerikaner, Asiaten oder Araber, die auf den so potent grollenden V8-Motor im Cayenne S (66.610 Euro) nicht verzichten wollen. Den kann man auch mit manueller Schaltung haben - weltweit ein Unikum in der PS-und Preisklasse. Der Turbo setzt dem ganzen dann die Krone auf: 108.617 Euro.

Einen Turbo S gibt es zur Markteinführung am 24. Februar nicht. Dennoch gilt es als wahrscheinlicher, dass Porsche noch ein solches PS-Monster nachschiebt, als dass ganz auf diese Variante verzichtet wird. Zuletzt gab es weltweit knapp 2.000 Kunden, die einfach "mehr" wollten und das allein hat dem Hersteller rund 240 Millionen Euro Umsatz gebracht.

Quelle: ntv.de

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