Praxistest

Viel Leistung, viel Spaß, viel Geld Porsches offener Turbo

Von Axel F. Busse

Die Welt der Autos scheint von Zahlen bestimmt: Stundenkilometer, Pferdestärken, Drehmoment oder Leasingrate jeder beeindruckt mit Werten, so gut er kann. Wie wenig die Welt der Mobile und der Mathematik tatsächlich miteinander zu tun haben, zeigt Porsche jetzt eindrucksvoll am neuen Turbo Cabriolet.

480 PS hat die zweisitzige Fuhre, genug um zwei andere Roadster - zum Beispiel einen Opel GT und einen Chrysler Crossfire - damit zu bestücken. Die kommen zusammen auf 479 PS. Dafür kostet der Porsche aber nicht die Summe aus den Preisen dieser beiden Sportwagen, sondern mehr als doppelt soviel. 150.862 Euro sollte mindestens aufbringen können, wer das Turbo Cabrio sein eigen nennen will. Die meisten dieser Boliden werden voraussichtlich noch für deutlich mehr geordert - zum Beispiel mit einer Keramik-Bremse kann man den Preis schlagartig um 8.700 Euro erhöhen. Aber von den gepfefferten Porsche-Preisen redet nur, wer ohnehin nicht in die Verlegenheit kommt, einen bezahlen zu müssen. Und: Ein Auto mit Stoffverdeck, das 310 km/h fahren kann und Allradantrieb hat, ist zum Beispiel bei Lamborghini noch deutlich teurer.

Explosive Kraftentfaltung

Der doppelt aufgeladene 3,6-Liter-Boxermotor ist ein heißes Gerät. Das merkt man sogar, wenn er abgestellt ist. Das charakteristische Knistern, mit dem sich Spannungen in abkühlenden Teilen der Abgasanlage entladen, gehört zum 911er Turbo wie der markante Auftritt, den gähnend aufgerissene Lüftungsöffnungen an Front und hinteren Kotflügeln ihm verschaffen. Seit 20 Jahren gibt es nunmehr einen offenen Turbo, der Leistungszuwachs von 60 PS gegenüber der vorigen Generation scheint immens, bringt aber nicht wesentlich mehr Endgeschwindigkeit. Schuld ist die Physik, dass "nur" fünf km/h mehr dabei herausgekommen sind.

Das wirkliche Erlebnis am Turbo - egal ob als Cabrio oder Coupé - ist aber nicht das Geradeaus fahren mit hohem Tempo. Das kann man im ICE bequemer und entspannter haben. Das faszinierende ist die explosive Kraftentfaltung, die eine kurze Bewegung des rechten Fußes entfachen kann. Das Feuerwerk zündet zwischen 2.500 und 3.000 Umdrehungen und gibt einen Schub, der mit den maximalen 680 Newtonmetern Drehmoment nur unvollkommen beschrieben ist. Ebenso beeindruckend wie die Beschleunigung ist die Elastizität. Im fünften Gang vorschriftsmäßig die Ortsdurchfahrt passieren und gleich danach auf der Autobahnanschlussstelle in einem Stück bis auf 180 km/h hochbeschleunigen - kein Problem. Porsche hat die Durchzugskraft von 80 bis 120 km/h mit 3,6 Sekunden gestoppt.

40 Prozent gehen an US-Käufer

Wer die Lust an der Beschleunigung allzu häufig zelebriert, kann nicht damit rechnen, dass der Normwert von 12,9 Liter Super je 100 km eingehalten wird. Da ist schon eher mit 16 zu rechnen. Leider wahr ist, dass selbst dieser Wert im Vergleich mit anderen Hochleistungssportwagen einen sehr effizienten Kraftstoffeinsatz dokumentiert. Bei einem Tankinhalt von 67 Litern sollte man sich folglich von der Zivilisation nicht allzu weit entfernen. Auch der CO2-Ausstoß von 309 g/km klingt alles andere als vorbildlich. Geringen Trost verspricht die Tatsache, dass nur rund 15 Prozent der Turbo Cabrios ihr Kohlendioxid unter deutschem Himmel ablassen. Der Löwenanteil der Produktion von rund 40 Prozent geht in die USA.

An der Ausstattung gibt es nichts zu kritteln. Feines Leder, Bi-Xenonscheinwerfer, Navigation und Bose-HiFi-Anlage - alles da. Selbst das Windschott - anderswo unverschämt teures, weil unverzichtbares Accessoire - steht nicht in der Aufpreisliste. Dafür zwar Mätzchen wie farbige Sicherheitsgurte (plus 400 Euro), aber das ist zu verzeihen. Etwa jeder zehnte 911er Turbo der vorigen Generation war ein Cabriolet. Ob das neue Auto diese 4.500 Stück erreicht, steht dahin. Nach Worten von Porsche-Sprecher Christian Dau braucht einem jedoch trotz Klima- und Verbrauchsdiskussion um die deutsche Sportwagenschmiede nicht bange zu sein: "Unsere Auftragsbücher sind prall gefüllt".

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen