Praxistest

760 NM, 326 PS, 70.000 Euro Riesen-Diesel im Audi Q7

Gewiss wäre es unfair, den neuen Audi Q7 mit einem Lastwagen zu vergleichen. Doch so lange ist es noch nicht her, da war die Gewalt über ein Motordrehmoment von mehr als 700 Newtonmetern ausschließlich Brummifahrern vorbehalten.

Der 4.2-Liter V8-Diesel, der nunmehr in Audis Allrad-Raumschiff angeboten wird, wuchtet 760 Newtonmeter an die Kurbelwelle, mehr als jeder andere zurzeit verfügbare Pkw-Selbstzünder. Das Wettrüsten der drei deutschen Premium-Hersteller wird damit kaum zu Ende sein. Als Audi diesen 326 PS leistenden Motor vergangenes Jahr im A8 zunächst als „stärksten Pkw Diesel der Welt“ annoncierte, dauerte es nur wenige Wochen, bis BMW das Dampfrad seines Motors auf 330 PS drehte. Und längst ist klar, dass die Ingolstädter noch weiter hinaus wollen: Der V12-TDI-Motor für den Q7 mit voraussichtlich 500 PS und 1000 Newtonmetern läuft schon in der Erprobung.

Da bizarre Muskelspiel der Hersteller trübt bisweilen den Blick dafür, wo das technisch Machbare das wirtschaftlich Nützliche überholt hat. Ein kräftiger Diesel in einem schweren SUV ist – sofern Euro 4 erfüllt und ein Partikelfilter vorhanden sind – allemal vernünftiger als ein großvolumiger Benziner. Aber so lange Klimakatastrophe und Spritverteuerung die Kunden des US-Marktes nicht in nennenswerter Größenordnung zum Umdenken veranlassen, werden auch deutsche Hersteller nicht von Benzinbefeuerten Acht- und Zwölfzylindern in Zweieinhalbtonnen-Monstern abrücken.

Mit einem Einstiegspreis von 70.500 Euro für den 4.2 TDI hat Audi mal wieder ordentlich zugelangt. Das liegt fast 3.300 Euro oberhalb dessen, was der gleich große Benziner kostet. Für den Preisunterschied sind gegenwärtig rund 2500 Liter Superbenzin zu bekommen. Damit fährt der Benziner rund 18 000 Kilometer weit. Das bedeutet, diese Strecke muss der TDI-Fahrer mehr zurücklegen, damit sich die Diesel-Anschaffung rechnet. Die deutlich teurere Kfz-Steuer natürlich nicht mitgerechnet.

Ungeachtet dieser Rechenexempel ist der Q7 4.2 TDI ein tolles Auto. Das souveräne Fahrgefühl des erhöht sitzenden Fahrzeuglenkers wird durch Fahrgeräusche praktisch nicht beeinträchtigt. Wer allerdings mit den ab Werk verfügbaren 21 Zoll großen Räder liebäugelt, muss eine Einscheidung zwischen Optik und Komfort treffen. Die fetten Walzen sehen zwar klasse aus, das Abrollgeräusch der breiten Pneus kann aber stören.

Die Luftfederung ist in diesem Modell serienmäßig an Bord. Sie erlaubt, per einstellbarer Automatik auch Bodenfreiheit des Fahrzeugs zwischen 150 und 240 Millimeter zu variieren. Bei eiliger Autobahnfahrt, zur Absenkung des Luftwiderstands und des Schwerpunktes, rauscht der Q7 geduckt dahin, im Gelände bleibt das Bodenblech in sicherer Entfernung von Stock und Stein. Abweichend vom herkömmlichen Quattro-Antrieb verteilt das Torsen-Differenzial das Drehmoment nicht mehr Fifty-fifty, sondern im Verhältnis 40:60 auf Vorder- und Hinterachse. Für eine erquickliche Fahrt auf losem Untergrund hält das ESP einen Modus bereit, der erhöhten Schlupf und flotte Kurvenhatz erlaubt.

Eingedenk der Tatsache, dass die weitaus meisten SUV niemals befestigtes Geläuf verlassen müssen, hat Audi darauf verzichtet, den Q7 zum Geländewagen auszubauen. Ein zusätzliches Untersetzunggetriebe, so ist aus Technikerkreisen zu hören, hätte den Wagen nicht nur deutlich über die jetzt schon üppigen 2400 Kilo hinaus gebracht, sondern auch noch erheblich teurer gemacht. Wegen der zu erwartenden geringen Stückzahlen dieser Option wurde davon Abstand genommen.

Axel F. Busse

Quelle: ntv.de

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