Lancia und Skoda im Test Schnörkelloser Komfort
23.04.2004, 16:00 UhrVon Axel F. Busse
An der Demarkationslinie zwischen Mittel- und Oberklasse würde mancher gern sein Traumauto finden, wenn es dort nicht manchmal so gemein kostspielig zuginge. Vor allem die Platzhirsche aus Stuttgart, München und Ingolstadt lassen sich ihr Prestige oft teuer bezahlen, bisweilen mit gepfefferten Aufpreisen für die (fast) selbstverständlichsten Ausstattungsdetails.
Das ist die Chance der Exoten. Nach dem Rezept „Komfort statt Image“ werben sie mit umfangreicher Ausstattung zu moderatem Preis. Zwei davon tragen hier ihr Match aus:
Lancia Thesis 2.4 JTD gegen Skoda Superb 2.5 TDI
Design und Auftritt: Klarer Punktevorsprung für den Thesis. Gegen die elegante italienische Linienführung wirkt der Skoda hausbacken und bieder. Weich gerundete Kotflügel und sichelförmige LED-Leuchten am Heck sorgen für optische Akzente, denen der Skoda lediglich einen nicht besonders aufregenden Kühlergrill entgegen zu setzen hat.
Bei nur unwesentlich größeren Abmessungen ist der Lancia eine markante und von der Leichtigkeit mediterranen Flairs umwehte Erscheinung, während auch Chromleisten und Metallic-Lack den Skoda nicht einem echten Hingucker machen können.
Vorteil: Thesis
Motor und Antrieb: In beiden Modellen muss jedes PS knapp 11 Kilogramm Auto bewegen. Beide Testfahrzeuge waren mit einem fünfstufigen Automatik-Getriebe versehen. Der Fünfzylinder-Diesel des Lancia zeigte sich im Leerlauf zwar etwas ruppig und von stärkeren Vibrationen begleitet, dafür ließ der Sechszylinder im Skoda zwischen etwa 1800 und 3000 Umdrehungen ein metallisches Schnarren ertönen, das Bestbewertungen in Sachen Laufkultur verhinderte.
Insgesamt machte der Thesis den dynamischeren und agileren Eindruck, zumal der Kraftschluss zwischen Gashebel- und Vorwärtsbewegung im Skoda manche Wünsche offen ließ. Ansprechverzögerungen von 0,6 Sekunden wurden gemessen. Am Thesis zeigte sich Optimierungsbedarf im Schaltprogramm, da zwischen 60 und 70 km/h ohne manuelle Nachhilfe die wirtschaftlichste Fahrstufe selten erreicht wurde.
Der Papierform nach soll der V-6-Diesel aus dem VW-Regal der sparsamere Motor sein, in der Praxis verbrauchte er etwa 0,5 Liter je 100 km mehr als der fast gleichvolumige Reihenmotor des Thesis. Dank des größeren Tankvolumens kommt man mit dem Thesis im Schnitt rund 150 km weiter als mit dem Superb.
Einstand
Komfort und Ausstattung: In den gehobenen Ausstattungslinien bieten beide Fabrikate oberklassetauglichen Komfort. Auf Leder, Klima, viel Holz und CD-Player braucht man ebenso wenig zu verzichten, wie auf Automatiklicht oder Regensensor. Geschmackvoll und von weichen Schwüngen bestimmt ist das Interieur des Thesis, im Skoda wird trotz allen Komforts auf die Schnörkellosigkeit der Funktion gesetzt.
Skoda hat die besser konturierte Bestuhlung, den Sesseln im Thesis fehlt es an Seitenführung. Behagliches und für die Insassen geräuscharmes Fortkommen garantieren beide, sind leicht zu beherrschen und gutmütig im Fahrverhalten.
Im Detail zeigt sich, dass der Thesis-Bordcomputer nebst Audio- und Navigationsbedienung eine klarere und durchschaubarere Logik besitzt, als die gleiche Anlage beim Skoda. Dort sind obendrein einzelne Tasten sehr klein und in der Symbolik ihrer Beschriftung unpräzise.
Der CD-Wechsler in der Mittelkonsole (Thesis) ist für das Musikvergnügen an Bord auch allemal praktischer als das Abspielgerät im Kofferraum (Superb). Uneinsehbar für die Thesis-Insassen jedoch ist das Verstellrad der Sitzheizung (am äußeren Rand der Polster). Beide verfügen über große Beinfreiheit für die Fond-Passagiere und ausgeprägte Langstrecken-Qualitäten.
Einstand
Preis-Leistung: Rund 7000 Euro Preisvorteil machen den Skoda zum klaren Gewinner. Er mag nicht so geschmackvoll und extravagant wie der Thesis sein, doch bekommt man für knapp 37000 Euro schon eine vornehm ausgestattete Limousine in tadelloser Qualität.
Der klangvolle Name Lancia hat nicht immer für Solidität und Verlässlichkeit gestanden, doch der spezielle Charme einer außergewöhnlichen Erscheinung dürfte manchen Kunden den Aufpreis wert sein. Der Skoda-Fahrer kann sich rühmen, ein kühler Rechner zu sein, der einen soliden Dauerläufer wie den VW-Passat nicht nur mit längerem Radstand sondern auch zu einem erheblich günstigeren Preis erstanden hat.
Vorteil: Superb
Letztlich dürfte es doch eine Geschmacksfrage bleiben, wem ein Brot-und-Butter-Auto oder eine extravagante Kalesche lieber ist. In jedem der Kontrahenten ist luxuriöses Ambiente versteckt und mit überdurchschnittlich hohem Wertverlust müssen wohl die Besitzer beider Fabrikate rechnen, zumindest auf dem deutschen Markt.
Axel F. Busse
Quelle: ntv.de