Lernerfolge in der Oberklasse Unterwegs im neuen 7er
15.03.2005, 12:44 UhrVon Axel F. Busse: Selten ist ein BMW so geprügelt worden wie der vor 38 Monaten "neue" 7er. Mit dem weiß-blauen Topmodell hatte sich der damalige BMW-Chefdesigner Chris Bangle endgültig zum Buhmann gemacht. Doch die große Limousine wurde alles andere als ein Ladenhüter. Mit mehr als einer Million Fahrzeugen bis heute geriet die Baureihe zum bisher erfolgreichsten Flaggschiff aus bayerischer Fertigung. Mit Feinschliff im Detail und gleich fünf neuen oder grundlegend überarbeiteten Motorisierungen macht sich das Modell hübsch für, wie BMW es nennt, die zweite Hälfte des Lebenszyklus.
Harmonischer, freundlicher, mit einer gestreckter erscheinenden Silhouette und breiter anmutendem Heck (obwohl es in Wahrheit etwas höher wurde) will der geliftete Siebener alte Freude bewahren und neu gewinnen. Den optischen Trick am Heck bewirkt eine nach unten schmaler werdende Schürze, die mehr Reifen zeigt und die breitere Spur akzentuiert. Zusätzlich wird die horizontale Linie von einem Chromband bestimmt, das bis in die Leuchtengläser reicht. An der Front wurde beim Grill und den Scheinwerfern retuschiert, die Motorhaube ist etwas stärker geneigt als bisher. Am Wiedererkennungswert der stattlichen Limousine ändert das freilich nichts.
Lernerfolge hat nicht nur die Kritik am Design erzielt, auch die an der Bedienbarkeit des 2001 eingeführten „i-Drive“ hat BMW ernst genommen. Nicht alles muss mehr über den zentralen Kommando-Knopf auf der Mittelkonsole angesteuert werden. Der Zugriff auf die Soundquelle der Audio-Anlage ist nun einem gesonderten Knopf vorbehalten, ebenso die Wahl des Frequenzbandes für das Radio. Ursprünglich war die Zentralisierung des i-Drive-Systems dazu gedacht, die Zahl der Knöpfe und Schalter im Cockpit zu minimieren und die Innenarchitektur halbwegs übersichtlich zu halten. Inzwischen gibt es allerdings beispielsweise in der Sitzverstellung so viele zusätzliche Funktionen, dass es kein Problem ist, mittels ein paar Extras die Zahl der in Reichweite des Fahrers liegenden Knöpfe, Tasten und Rädchen auf mehr als 70 anschwellen zu lassen.
Für die ersten Testkilometer im andalusischen Hinterlandland stand die bisher bestverkaufte Variante des 7ers zur Verfügung. Mehr als 65 Prozent aller Topmodelle aus München wurden mit V8-Benzinmotor verkauft. Diese Ausführung erhält eine leistungsmäßige Aufwertung. Aus dem 745i wird ein 750i, was unterm Strich 367 PS (statt bisher 333) und 490 Nm maximales Drehmoment (bisher 450) bedeutet. Laut BMW soll der Verbrauch mit durchschnittlich 11,4 Litern Super auf dem Niveau des Vorgängers bleiben. Bei forscher Gangart durch kurvige Bergstraßen waren es zwar gut zwei Liter mehr, doch das geht angesichts der außerordentlichen Leistungsentfaltung durchaus noch in Ordnung.
Das überarbeitete Fahrwerk zeigte während des Ausritts keine Schwächen. Für die Kunden hält BMW drei Varianten vor, außer dem Serienfahrwerk gibt es ein "adaptive Drive" (plus 3200 Euro), das sich der jeweiligen Fahrsituation anpasst und eine sportlichere Variante mit härterer Abstimmung. Das im Testwagen verwandte adaptive System wusste vor allem durch den zuverlässigen Ausgleich von Nick- und Wankbewegungen zu gefallen, dass es kompromisslos komfortabel zugeht, darf beim 7er vorausgesetzt werden.
Ein Technischer Leckerbissen von brachialer Durchzugskraft dürfte aus der neue, fast 4,5 Liter große Diesel-V8 sein, der nicht nur 300 PS leistet, sondern auch den sagenhaften Wert von 700 Newtonmetern Drehmoment an die Kurbelwelle wuchtet. BMW gibt den Verbrauch mit weniger als 10 Litern im Durchschnitt an. Außerdem erfüllt er die EU 4 Norm und wird serienmäßig mit einem wartungsfreien Partikelfilter ausgeliefert.
Üblicherweise wird der 7er mit einem Vier-Speichen-Lenkrad ausgeliefert, das gut zu dem erlesenen Ambiente des Innenraums passt. Wer das Sportpaket ordert, verzichtet auf eine Speiche. Verzicht ist auch an anderer Stelle zu üben. Der Chauffeur des im Fond Reisenden kann voraussichtlich erst bei der nächsten Generation des 7ers auf die neuen BMW-Schmankerln wie aktiver Lenkung und Over-Head-Display zurückgreifen. Sie im gelifteten 7er unterzubringen, wäre technisch zu aufwändig und daher nicht wirtschaftlich darstellbar gewesen. Serienmäßig gibt es jetzt Xenon-Licht und zweistufiges Bremslicht.
Das Einstiegmodell in die wunderbare Welt der aufgefrischten Siebener bleiben die Reihensechszylinder des 730d und 730i, die mit 231 bzw. 258 PS ausgestattet sind. Der Diesel ist ab 61.500 Euro zu haben, der kleinste Benziner für 62.000 Euro. Mit 117.300 Euro schließt der Zwölfzylinder des 760i die Preisskala aller BMW nach oben ab.
Quelle: ntv.de