Unterhaltung

Autor im Exil Amir Valle in Berlin

Seine Landsleute können Amir Valles Krimis nur heimlich lesen. In den Büchern des kubanischen Autors geht es um Kinderprostitution, Drogenhandel und Menschenschmuggel auf Kuba - brisante Themen, die das kommunistische Regime auf der Karibikinsel lieber totschweigt. Die meisten Bücher Valles dürfen deshalb schon seit Jahren nicht mehr in Kuba erscheinen und werden dort nur als Kopien unter der Hand verbreitet.

Der 40-jährige Valle lebt derzeit mit Ehefrau Berta und Söhnchen Lior fern der Heimat in Berlin. In Kuba fühlt er sich politisch verfolgt. Das PEN-Zentrum Deutschland hat ihn in sein Programm "Writers in Exile" (Schriftsteller im Exil) aufgenommen und finanziert bis August 2008 seinen Aufenthalt in der deutschen Haupstadt. Nach Havanna zurückkehren wird er nur, wenn ihm die Regierung dort garantiert, ihn unbehelligt zu lassen.

Valle hatte in Kuba schon viele Literaturpreise gewonnen, bevor er in Ungnade fiel. Seine Kriminalromane um Polizeikommissar Alain Bec sind auf Deutsch unter den Titeln "Die Türen der Nacht", "Wenn Cristo dich entkleidet" und "Zwischen Angst und Schatten" bei der Edition Köln erschienen. Dort ist auch der erotische Roman "Die Haut und die Nackten" erhältlich. Im September kommt "Die Wörter und die Toten" auf den Markt, ein Roman, in dem ein fiktiver Leibwächter Fidel Castros nach dem Tod des Comandante die Geschichte Kubas erzählt.

Erwachender Zweifel

Amir Valle wurde 1967 in der ostkubanischen Stadt Guantnamo geboren, wuchs in Santiago de Cuba auf und zog später nach Havanna. Seine Eltern hatten an der Seite Castros in der kubanischen Revolution gekämpft, so dass auch er als "guter Revolutionär" aufwuchs. Zweifel am politischen System kamen ihm erst nach Abschluss seines Publizistikstudiums: Er durfte nicht schreiben, was er sah.

"Ich wurde Zeuge von so vielen Problemen und Lügen und konnte nicht darüber berichten", erinnert sich Valle an seine Zeit als Radio- und Fernsehreporter in der Provinz Cienfuegos Anfang der 90er Jahre. Immer wieder musste er dort feststellen, dass die offizielle Propaganda nicht mir der Realität übereinstimmte.

Repressionen und Emigration

Im Laufe der Jahre bekam Valle immer größere Probleme mit der Staatssicherheit. Seine Telefonleitung wurde angezapft, die Post geöffnet. 2002 habe dann Kulturminister Abel Prieto verfügt, ihn und seinen Kollegen Antonio Jos Ponte nicht mehr zu veröffentlichen, zu zitieren oder einzuladen, sagt Valle.

Noch durfte Valle ins Ausland reisen. Als er 2005 auf Einladung seines dortigen Verlegers in Spanien weilte und bei den kubanischen Behörden eine Verlängerung seiner dreimonatigen Ausreiseerlaubnis beantragte, bekam er keine Antwort. Er entschloss sich, trotzdem länger in Europa zu bleiben. Er erhielt zunächst ein Stipendium der Heinrich-Böll-Stiftung und wurde anschließend ins "Writers in Exile"- Programm aufgenommen. Sein heute sechsjähriger Sohn durfte nach Deutschland nachkommen, allerdings erst nachdem sich namhafte lateinamerikanische Intellektuelle für ihn eingesetzt hatten.

Sicher in Berlin

"Gegenwärtig bin ich in einer rechtlichen Grauzone", sagt Valle. Er möchte gerne nach Kuba zurückkehren. Er hat deshalb an drei kubanische Spitzenpolitiker geschrieben und sie um Garantien für seine Sicherheit gebeten. Eine Antwort hat er nie erhalten.

In Berlin hat sich Valle aber gut eingelebt. Er lernt fleißig Deutsch, tut sich damit freilich schwerer als sein kleiner Sohn. Er ist begeistert von der Berliner Museums- und Kulturlandschaft, und er erträgt im Winter Kälte und Finsternis. "Intellektuell ist Berlin absolut bereichernd", schwärmt er. Am meisten gefalle ihm das multikulturelle Ambiente. "Trotz der Sprache habe ich mich nie als Ausländer gefühlt in Berlin", sagt Valle.

Von Klaus Blume, dpa

Quelle: ntv.de

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