Sibylle Bergs Erinnerungen an die DDR "Angst vor der Kälte"
02.09.2012, 14:46 Uhr
Sibylle Berg: In Weimar geboren, 1984 in den Westen geflohen, lebt heute in Zürich.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Am meisten verbindet die in Weimar geborene Schriftstellerin und Kolumnistin Sibylle Berg mit der DDR die Kälte. Nur wer in einem Plattenbau aufgewachsen sei, habe das Privileg gehabt, nicht ständig zu frieren, meint die Kultautorin rückblickend. Nach ihrer Flucht in den Westen habe sie zunächst "völliges Unverständnis" empfunden.
Die Schriftstellerin und Kolumnistin Sibylle Berg verbindet mit der DDR vor allem die Angst vor Kälte. "Ich wurde groß mit kaltem Wasser, das mit einem Kohleofen erhitzt werden musste", sagte Berg dem Berliner "Tagesspiegel"."Wenn man nicht das Privileg hatte, in einem Plattenbau wohnen zu können, war es kalt." Alkohol sei in dem Land eine sehr verbreitete Droge gewesen. "Ohne Drogen funktionierte die Unterdrückung der Bevölkerung nicht", sagte die heute 50-Jährige rückblickend.
Als sie 1984 aus der DDR in den Westen floh, habe sie "völliges Unverständnis" empfunden. "Ich hätte auch in Nauru ankommen können", sagte Berg. Nauru ist ein winziger Inselstaat im Pazifischen Ozean. Sie habe fünf Jahre gebraucht, bis sie die Spielregeln ansatzweise begriffen habe. Die Sozialisierung durch "kommunistische oder kapitalistische Gehirnwäsche" sei fundamental gewesen.
Ende Juli erschien Bergs neuer Roman "Vielen Dank für das Leben". Darin erzählt die Schriftstellerin die Geschichte eines Intersexuellen, der in einem Heim in der DDR aufwächst und als Jugendlicher in den Westen flieht. Berg lebt heute in Zürich.
Quelle: ntv.de, dpa