Stardirigent würde Hundert Ausstellung über Karajan
02.04.2008, 17:39 Uhr"Ohne Lauterwasser kann ich meine Probe nicht beginnen." Mit diesen Worten hat der Dirigent Herbert von Karajan (1908-1989) einmal das enge Verhältnis zu seinem "Leibfotografen" Siegfried Lauterwasser aus Überlingen beschrieben.
Zum 100. Geburtstag des Maestros zeigt das Städtische Museum der Bodenseestadt vom 5. April an 80 Schwarz-weiß- und Farbfotografien des Stardirigenten. Lauterwasser (1913-2000) hat Karajan über fast vier Jahrzehnte teils exklusiv begleitet. Mit seinen Aufnahmen hat er das Bild des Musikers in der Öffentlichkeit entscheidend geprägt. "Beide waren Profis auf ihrem Gebiet", sagt Überlingens Bürgermeister Ulrich Lutz.
Zu verdanken hat die Bodenseestadt die Ausstellung der Kooperation der Fotografenfamilie. Sohn und Multimediakünstler Alexander Lauterwasser, der ebenfalls in Überlingen zu Hause ist, hat Arbeiten aus dem umfangreichen Archiv seines Vaters ausgesucht. Neben den bekannten Fotos, die viele Platten- und CD-Hüllen des Deutschen Grammophons zieren, sind unveröffentlichte Motive darunter, die der Dirigent zu Lebzeiten nicht freigegeben hatte. "Karajan hat sehr genau verstanden, sich und seine Bilder zu inszenieren", sagte der Mit-Kurator.
Abdrücken nur bei Fortissimo
Der Karajan-Fotograf war 1949 Mitbegründer der revolutionären Gruppe "fotoform", Verfechterin der "subjektiven Fotografie". Die Mitglieder der Gruppe sahen ihre Arbeiten als Kunst und übernahmen Bildformen und Kompositionsweise der abstrakten Malerei. Charakteristisch an den Lauterwasser-Fotos ist unter anderem der gezielte Einsatz von Licht und Schatten. Dabei musste er bei Bühnen- und Konzertaufnahmen auf Blitzlicht verzichten, wie Kuratorin Marion Harder-Merkelbach erzählte. Auch durfte er nicht mit dem Kameraklicken stören. Um das Auslösergeräusch zu dämpfen, umwickelte er seine Fotoapparate mit Pullovern, Fellen oder Tüchern und drückte nur beim Fortissimo ab.
Begonnen hatte die künstlerische Zusammenarbeit Karajans und Lauterwassers 1952 bei den Bayreuther Festspielen. Wieland Wagner kannte das Fotogeschäft der Familie Lauterwasser von Aufenthalten in Überlingen, wo er ein Ferienhaus besaß. Die Fotos gefielen ihm so gut, dass viele weitere Aufträge folgten. Unzählige Aufnahmen machte Lauterwasser bei den Konzerten der Berliner Philharmoniker, dessen langjähriger Chefdirigent Karajan war. Dem "Mythos Karajan" hat der Fotograf vom Bodensee Zeit seines Lebens nachgespürt, mit Einfühlungsvermögen, Diskretion, Musikverstand und fachlichem Können. Die Ausstellung geht noch bis zum 31. Oktober.
Von Gisela Mackensen
Quelle: ntv.de