"Eichel-Käse" vom "Godzilla-Penis" Das Riesending bei MTV
23.08.2010, 13:13 Uhr"The Hard Times of RJ Berger", lautet der Titel einer Comedy-Serie, die seit Sonntag bei MTV zu sehen ist. Der Ex-Musiksender rührt dafür kräftig die Werbetrommel, etwa mit ganzseitigen Anzeigen in Jugendzeitschriften. Schließlich soll die Serie DAS neue Riesending sein – in jeder Hinsicht.
Bevor Sie sich aufregen, liebe Leser, eines gleich mal vorneweg: Wir zitieren hier nur. Alle genitalen Umschreibungen, die wir in diesem Text in Anführungszeichen verwenden, haben am Sonntag möglicherweise auch Ihre Kinder so zu hören bekommen. Zur besten Sendezeit um 19 Uhr bei MTV. Da schickte der einstige Musiksender nämlich erstmals die deutsche Version der Highschool-Comedy-Serie "The Hard Times of RJ Berger" auf den Schirm, die manch einer schon in einem Atemzug mit Kultformaten wie "Beavis and Butthead", "South Park" oder "Family Guy" nennt. Einen wesentlichen Unterschied zu diesen gibt es jedoch: "The Hard Times of RJ Berger" ist – abgesehen von einigen Zwischen-Sequenzen im Comic-Stil – kein Zeichentrick, sondern eine Realverfilmung mit Darstellern aus Fleisch und Blut.
Die Story an sich hat natürlich einen Bart von hier bis Timbuktu. Kaum ein Genre ist schließlich derart abgegrast wie das der Highschool-Filme und –Serien, deren Strickmuster sich seit dem 80er-Jahre-Klassiker "Pretty in Pink" eigentlich nie verändert hat: Da gibt es den notorischen Loser-Typen (RJ Berger). Er wird von einer dumpfbackigen Sandkastenfreundin angehimmelt (Lily Miran), fährt selbst aber natürlich auf den heißen Feger der Schule (Jenny Swanson) ab. Die blonde Schnitte jedoch ist selbstredend mit dem Macho-Ekelpaket und Sportcrack der Penne (Max Owens) verbandelt.
Ein Plot der anderen Art
So weit so oll. Mit voller Absicht, versteht sich, denn die Macher der Serie werfen mit Genrezitaten und Reminiszenzen an frühere Teenie-Filme nur so um sich. Was "The Hard Times of RJ Berger" anders macht, ist der Plot, den es so - oder zumindest so explizit - noch nicht gab: Das "Ding" der Hauptperson RJ Berger. Nicht irgendein Ding, sondern ein "Riesending", "Godzilla-Penis", "drittes Bein", mit dem sein Besitzer eine ehemalige Lernpartnerin beim Oralverkehr "fast getötet" hätte. Die kann ihm seither praktisch nicht mehr in die Augen schauen. Oops.
Der Rest der Schule indes erfährt von dem Gemächt des Losers natürlich durch ein Missgeschick. Beim Basketball rutscht RJ Berger versehentlich erst die Hose und dann das Suspensorium von den Hüften. "Ach du heilige Banane", denkt sich nicht nur sein Trainer. Dabei hatte sein Widersacher Owens dem scheinbaren Verlierer doch gerade erst eine Portion Achselschweiß ins Gesicht geschmiert, damit er weiß, "wie ein Mann riecht".
Nachdem sein dicker Kumpel ihn darüber aufgeklärt hat, dass die anderen Jungs nur zu gerne für das zwischen seinen Beinen "töten" würden, wächst RJ Bergers Selbstvertrauen. Als ihn Owens – natürlich wegen eines Gesprächs mit Jenny - auf einer Party niederstreckt, lässt er sich das nicht länger gefallen. Schnurstracks marschiert er auf seinen Kontrahenten zu, fasst in seine Hose und fährt Owens mit den Worten "So riecht ein Mann" über das Gesicht. Oder, um es mit RJ Bergers Loser-Buddy auszudrücken: Er ballert Owens eine Ladung "Eichel-Käse" in die Visage.
Lasst uns darüber reden
Sind Sie jetzt geschockt? Zu Ihrer Beruhigung sei gesagt: Alles spielt sich ausschließlich auf verbaler Ebene ab. "The Hard Times of RJ Berger" ist schließlich eine US-Serie, und die bigotte Prüderie jenseits des großen Teichs erlaubt es zwar, über alles unterhalb der Gürtellinie zu reden, nicht aber, es auch zu zeigen. Visuell bleibt es dementsprechend bei Andeutungen, die den Rest der Phantasie der Betrachter überlassen.
Wer schon Al Bundy für moralisch abgründig, South Park für geschmacklos und die zusammengepiercten Pobacken der "Jackass"-Darsteller für Sittenverfall hielt, wird jetzt vermutlich Sodom und Gomorrha rufen. Wer indes über einen einigermaßen schmerzfreien Humor verfügt, wird sich ein Schmunzeln nicht verkneifen können, wenn RJ Berger sich als "Dreibein" beschimpfen lassen muss oder seine Schulfreundin in Ermangelung von Tampons von ihrem "Vampirbuffet im Höschen" berichtet. Genau deshalb taugt "The Hard Times of RJ Berger" allerdings auch nur bedingt zum Kultobjekt. Der Zuschauer ist an ähnliche Tabubrüche längst gewöhnt.
"Wir haben genau die Serie produziert, die wir gerne gesehen hätten, als wir 15 waren – sie ist nicht von oben herab und zeigt Teenies so, wie sie wirklich reden, und die Probleme, die sie wirklich haben", erklären die Macher des Zwölfteilers ihren Ansatz. Ob die Serie tatsächlich die Realität pubertierender Jugendlicher abbildet, möge jeder selbst beurteilen. Ebenso, ob er sie für das richtige Programm für heranwachsende Sprösslinge hält. Aber vielleicht ist "The Hard Times of RJ Berger" ja wirklich eine zeitgemäße Form der Aufklärung im Post-MTV-Zeitalter. Und das bei MTV.
Quelle: ntv.de